Kritik an Regierung: Long-Covid-Betroffene erleben "Spießrutenlauf"
Eine zentrale Koordinierungsstelle fehle, kritisierte SPÖ-Bundesfrauensprecherin Eva-Maria Holzleitner bei einem Hintergrundgespräch mit Betroffenen im SPÖ-Parlamentsklub am Mittwoch. Zehn bis 15 Prozent leiden auch nach milden Verläufen noch monate- bis jahrelang an den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung ("Long Covid"). Dazu zählen rasche Erschöpfung und eine um bis zu 80 Prozent verringerte körperliche Leistungsfähigkeit, wodurch bereits die Alltagsbewältigung zur Herausforderung wird. Etwa 40 Prozent der Long Covid-Betroffenen können nicht mehr in ihren bisherigen Beruf zurückkehren. Dennoch werden Hilfesuchende von Ärzten teilweise mit Worten wie "Da ist nix, sie haben nix" weg- oder zu Psychologen weitergeschickt, wie Alexa Stephanou von der Betroffeneninitiative Long Covid Austria schilderte. "Wir brauchen medizinische Hilfe und keine Psychopharmaka", beklagte sie fehlendes Wissen bei Medizinern bezüglich des Krankheitsbilds.
Seit 2020 "nix passiert"
Notwendige Untersuchungen würden nicht von den Sozialversicherungsträgern finanziert, da sie nicht vom Leistungskatalog abgedeckt seien. Stattdessen würden dann Untersuchungen durchgeführt, "von denen man weiß, dass sie nix bringen", so Stephanou. Es brauche individuell angepasste Therapien, die auf die persönliche Leistungsgrenze Rücksicht nehmen - sogenanntes "Pacing". Dennoch würden viele Reha-Einrichtungen nicht zuletzt aufgrund fehlender Richtlinien auf die falsche Kur setzen. Bei ausbleibender Heilung wird einem von der SV die Invaliditätspension nahegelegt, so Stephanou fassungslos.
Long-Covid-Betroffene Alexa Stephanou, die die Selbsthilfegruppe "longcovidaustria.at" betreibt, spricht im Interview mit PULS 24 darüber, wie die Politik helfen könnte.
Obwohl man bereits seit März 2020 in Kontakt mit dem Gesundheitsministerium stehe und dort auch bereits mehrfach konkrete Verbesserungsvorschläge präsentiert habe, sei "nix passiert", bedauerte Maarte Preller, Gründerin von Long Covid Austria. Es gebe nach wie vor keine offizielle Anlaufstelle für Betroffene. Die S1-Leitlinien zur Diagnostik und dem Umgang mit Long Covid seien ohne Einbindung der Betroffenen erstellt worden. Dementsprechend fehle bei vielen niedergelassenen Ärzten das Verständnis für ihre Patienten. Man fühle sich von den Stellen, von denen man Hilfe erwartet hätte, im Stich gelassen, so Preller weiter.
"Es ist ein Wahnsinn, jungen Menschen zu empfehlen, Invaliditätspension zu beantragen", zeigte sich auch Rudolf Silvan, Volksanwaltschaftssprecher der SPÖ, empört. "Das ist eine Bankrotterklärung des Sozialstaats" und auch eine Folge der "fehlgeschlagenen Reform des Sozialversicherungssystems". Der Gesundheitsminister solle Long Covid als Berufskrankheit anerkennen und eine Koordinierungsstelle einrichten. Die SPÖ werde im Parlament entsprechende Anträge einbringen. "Man kann nicht alles auf Ehrenamtliche abwälzen", zeigte sich auch Holzleitner kämpferisch und kündigte kritische Fragen an Gesundheitsminister Mückstein im Wissenschaftsausschuss des Parlaments am 9. März an.
Zusammenfassung
- In Österreich leiden aktuell rund 200.000 Menschen an Long Covid-Symptomen.
- Statt Hilfe und Therapie erleben Betroffene jedoch häufig einen "Spießrutenlauf" zwischen Behörden und medizinischen Einrichtungen.
- Eine zentrale Koordinierungsstelle fehle, kritisierte SPÖ-Bundesfrauensprecherin Eva-Maria Holzleitner bei einem Hintergrundgespräch mit Betroffenen im SPÖ-Parlamentsklub am Mittwoch.
- Zehn bis 15 Prozent leiden auch nach milden Verläufen noch monate- bis jahrelang an den Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung ("Long Covid").
- Dennoch werden Hilfesuchende von Ärzten teilweise mit Worten wie "Da ist nix, sie haben nix" weg- oder zu Psychologen weitergeschickt, wie Alexa Stephanou von der Betroffeneninitiative Long Covid Austria schilderte.
- "Wir brauchen medizinische Hilfe und keine Psychopharmaka", beklagte sie fehlendes Wissen bei Medizinern bezüglich des Krankheitsbilds.