Kritik an britischem Minister in nordirischer Politkrise
Der britische Nordirland-Minister Chris Heaton-Harris hatte am Freitag angekündigt, er werde eine Neuwahl in der Provinz ausrufen. Entgegen den von ihm geschürten Erwartungen nannte er aber zunächst keinen Termin. Die Vizechefin der stärksten katholischen Partei Sinn Fein, Michelle O'Neill, warf Heaton-Harris deshalb eine "bizarre Kehrtwende" vor. Der irische Regierungschef Micheal Martin warnte, Wahlen würden lediglich zu einer weiteren Polarisierung führen. Zunächst müssten die demokratischen Institutionen wieder hergestellt werden, forderte Martin.
Weil sich DUP und Sinn Fein bis zum Ablauf einer Frist nicht auf die vorgeschriebene Einheitsregierung beider konfessioneller Lager einigen konnten, ist nun keine Regierung mehr im Amt. Das regionale Parlament ist nicht mehr arbeitsfähig. Die Menschen in Nordirland würden im Unklaren gelassen, kritisierte O'Neill.
Die Partei Sinn Fein, die eine Wiedervereinigung Nordirlands mit dem EU-Mitglied Irland anstrebt, war bei der Wahl im Mai erstmals stärkste Kraft geworden. Allerdings verweigert die DUP, die für die Union mit Großbritannien eintritt, bisher eine gemeinsame Regierung, wie sie das Karfreitags-Friedensabkommen von 1998 vorgibt. Sie fordert als Bedingung ultimativ die Aufhebung von Brexit-Sonderregeln für Nordirland, auf die sich London und die EU geeinigt hatten.
Die britische Regierung drohte den Abgeordneten des Regionalparlaments mit einer Kürzung ihrer Bezüge. Heaton-Harris betonte, dass keine Regierung mehr im Amt sei. "In Ermangelung einer Exekutive werde ich daher begrenzte, aber notwendige Schritte unternehmen, um die öffentlichen Finanzen und die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu schützen."
"In einer Zeit, in der so viele Menschen mit den Lebenshaltungskosten zu kämpfen haben und Angst vor dem haben, was kommen wird, verstehe ich die Frustration der Menschen darüber, dass Abgeordnete weiterhin ein volles Gehalt beziehen, obwohl sie nicht alle Aufgaben erfüllen, für die sie gewählt wurden", sagte Heaton-Harris.
Zusammenfassung
- Nach der gescheiterten Regierungsbildung in Nordirland wächst die Kritik an der britischen Zentralregierung.
- Der Chef der wichtigsten protestantischen Partei DUP, Jeffrey Donaldson, forderte London auf, sich auf eine Lösung des Problems zu konzentrieren, anstatt einen Zick-Zack-Kurs um eine Neuwahl zu fahren.
- Die Menschen in Nordirland würden im Unklaren gelassen, kritisierte O'Neill.
- Heaton-Harris betonte, dass keine Regierung mehr im Amt sei.