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Rebellen bauen Kontrolle in ostkongolesischer Stadt Goma aus

Die Kämpfe in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma zwischen Regierungstruppen und der Rebellenmiliz M23 dauern an - wenn auch weniger heftig als in den vergangenen Tagen. Die humanitäre Lage in der Millionenstadt spitzt sich unterdessen zu, wie Hilfsorganisationen mitteilen. Die Rebellenmiliz baute laut Augenzeugen ihren Einflussbereich aus. Die Rbellen kontrollieren nun mehrere Stadtteile, einschließlich des Flughafens. Vereinzelt gibt es noch Widerstand.

Während sich ein Teil der Soldaten der Regierungsarmee der M23 ergeben hatte und im Stadion von Goma entwaffnet wurde, hielten andere Soldaten den Widerstandskampf aufrecht. Bis zum späten Nachmittag wurde in einigen Stadtteilen demnach weiter gekämpft. In den Außenbezirken der Stadt seien immer noch einzelne Explosionen und Schüsse zu hören, sagte ein Anrainer.

Vorbei ist der Kampf für eine Gruppe rumänischer Söldner, die im Auftrag eines Sicherheitsunternehmens unter anderem Regierungsgebäude geschützt und an der Seite der Regierungstruppen gegen die M23 gekämpft hatten. Nachdem sie in den vergangenen Tagen Zuflucht in der Kaserne der UN-Friedenstruppen MONUSCU gesucht hatten, durften sie das Land verlassen und sind bereits im ruandischen Grenzort Gisenyi. Ruandischen Medienberichten zufolge sollen sie von Kigali aus in ihre Heimatländer geflogen werden. "Es ist eine Erleichterung, die Stadt zu verlassen", sagte einer der Männer am Grenzübergang.

Auch andere Kämpfer verließen das Land in Richtung Ruanda. Am Grenzübergang zwischen Goma und der ruandischen Zwillingsstadt Gisenyi sahen Reuters-Reporter Dutzende Männer mit europäischem Erscheinungsbild, einige von ihnen in Tarnkleidung. Nach Angaben von UNO-Insidern und ruandischen Beamten handelt es sich um Söldner, die vom Kongo angeheuert wurden.

Überfüllte Krankenhäuser und viele verletzte Zivilisten

Hilfsorganisationen berichten über katastrophale Verhältnisse - vor allem im Gesundheitswesen. Chirurgenteams des Roten Kreuzes seien rund um die Uhr im Einsatz, sagte Myriam Favier, Leiterin der Delegation des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in Goma. Doch angesichts der Überfüllung des Krankenhauses müsse ein Teil der verletzten Patienten auf dem Boden liegend auf Behandlung warten. Zahlreiche Zivilisten seien bei den Kämpfen ins Kreuzfeuer geraten.

Allein am Dienstag seien 37 Patienten mit Schusswunden und Geschossverletzungen behandelt worden, sagte Virginie Napolitano, Nothilfekoordinatorin von "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) in Goma. Etwa die Hälfte von ihnen seien Zivilisten gewesen. Im Kyeshero-Krankenhaus, in dem MSF-Teams arbeiten, habe während einer Operation ein Geschoss die Decke des OP-Saals durchschlagen.

MSF: Plünderungen von medizinischem Material

Es sei auch zu Plünderungen von medizinischem Material gekommen. Ein Kollege habe während eines Angriffs in seinem Zuhause eine Schussverletzung erlitten, medizinische Einrichtungen seien während der Kämpfe ebenfalls beschossen worden.

Seit Freitag sei die Bevölkerung der Millionenstadt mit ständigen Wasser- und Stromausfällen konfrontiert, teilte die Hilfsorganisation weiters mit. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln sei gefährdet. In den vergangenen Tagen habe es zudem mehrere Angriffe auf humanitäre und medizinische Einrichtungen gegeben, so die Hilfsorganisation. Nachdem am Mittwochmorgen die Kämpfe offenbar nachließen, bereite sich Ärzte ohne Grenzen darauf vor, neue Teams nach Goma zu schicken.

Rebellen kündigen hartes Vorgehen gegen Plünderer an

Die M23 versucht unterdessen, ihre Autorität unter Beweis zu stellen und in Goma für mehr Sicherheit zu sorgen. Die Miliz kündigte an, Plünderer würden getötet, wenn sie auf frischer Tat gefasst werden. In den vergangenen Tagen war zu systematischen Plünderungen in Supermärkten, und Geschäften gekommen. Die Lage für die Einwohner der Stadt ist weiterhin schwierig - es gibt keinen Strom, das Internet funktioniert nur teilweise.

Wann spricht der Präsident?

Der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi hat sich bisher nicht zu den Vorgängen im rohstoffreichen Osten des Landes geäußert. Eigentlich war für Dienstagabend eine Ansprache an die Nation zu der Krise erwartet worden, die aber nicht stattfand. Nun hieß es, dass er am Mittwoch Stellung nehmen werde.

Auch zur erwarteten Ankunft von Corneille Nangaa, dem Führer der "Alliance Fleuve Congo", kam es bisher nicht in Goma. Dabei handelt es sich um ein Bündnis politischer und militärischer Gruppen, die die Regierung in Kinshasa stürzen wollen. Die M23 ist das wichtigste Mitglied dieser Gruppierung.

700.000 Binnenflüchtlinge allein in Goma und Umgebung

Die Kämpfe der vergangenen Tage und Wochen hatten im Ostkongo eine Fluchtbewegung ausgelöst. Das UNO-Nothilfeprogramm geht in seinen neuesten Zahlen von rund 700.000 Binnenflüchtlingen allein in Goma und Umgebung aus. Jean Francois Basse, der Vertreter des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF, sprach von zahlreichen Kindern, die auf der Flucht von ihren Familien getrennt worden seien. Sie seien deshalb verstärkt Risiken wie Entführungen, Zwangsrekrutierung in bewaffnete Gruppen und sexueller Gewalt ausgesetzt.

"Familien verlassen die Geflüchtetencamps, weil sie fürchten, vor Angriffen hier nicht sicher zu sein", sagte Maina Kingori, Länderdirektor der Hilfsorganisation Care im Kongo. "Das ständige Geräusch von Schüssen ist traumatisierend. Die Ungewissheit, ob sie in Sicherheit sind, führt bei Kindern zu Ängsten mit tiefen psychologischen Folgen."

Internationaler Druck auf Ruanda gefordert

Die Demokratische Republik Kongo fordert angesichts der Gewalt in dem Land mit der offensichtlichen Beteiligung von Soldaten aus Ruanda internationales Handeln. Außenministerin Therese Kayikwamba Wagner forderte, der UNO-Sicherheitsrat müsse endlich Maßnahmen gegen das Nachbarland Ruanda ergreifen.

Die Regierung in Kinshasa wirft Ruanda vor, die M23 zu unterstützen. Diese Ansicht wird auch von UN-Experten geteilt. Der unabhängige UN-Expertenrat für den Kongo ging in seinem jüngsten Bericht Ende 2024 von mindestens 3.000 bis 4.000 ruandischen Soldaten im Ostkongo aus. Ruanda bestreitet jedoch, die Rebellen zu unterstützen und begründet seine Truppenpräsenz mit dem Schutz der eigenen Sicherheit.

US-Außenminister zeigt sich besorgt

Der ruandische Präsident Paul Kagame hatte sich angesichts der Kämpfe im Kongo für eine Waffenruhe ausgesprochen. Er ließ aber nicht erkennen, dass er Forderungen nach einem Abzug der ruandischen Truppen und der von ihnen unterstützten M23-Rebellen nachgeben will. Er habe mit US-Außenminister Marco Rubio über eine nötige Waffenruhe im Osten des Kongos gesprochen, schrieb Kagame auf dem Kurznachrichtendienst X. Die Ursachen des Konflikts sollten ein für alle Mal angegangen werden.

Rubio sei wegen der Lage in dem zentralafrikanischen Land sehr besorgt und fordere eine sofortige Waffenruhe in der Region, erklärte das US-Außenministerium. Alle Parteien sollten die territoriale Integrität respektieren.

Die aus acht Staaten bestehende Ostafrikanische Gemeinschaft, der auch Kongo und Ruanda angehören, plante einen Krisengipfel am Mittwochabend. Aus ruandischen Regierungskreisen verlautete, dass Kagame daran teilnehmen werde. Der kongolesische Präsident Felix Tshisekedi werde nicht erwartet, hieß es aus dem Präsidialamt. Er sollte am Mittwoch eine Rede an die Nation halten.

Am Montag waren M23-Kämpfer in die Millionenstadt Goma einmarschiert - die größte Eskalation seit 2012 in dem Konflikt, der seine Wurzeln in den Nachwirkungen des Völkermords in Ruanda 1994 und im Kampf um Bodenschätze hat. Goma ist ein wichtiger Anlaufpunkt für Hilfsorganisationen und Menschen, die vor Kämpfen in anderen Teilen des Ostkongos fliehen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Rebellenmiliz M23 hat in Goma ihren Einfluss ausgeweitet und kontrolliert nun mehrere Stadtteile, einschließlich des Flughafens.
  • Die humanitäre Lage in der Stadt verschlechtert sich zusehends, mit überfüllten Krankenhäusern und vielen verletzten Zivilisten. Am Dienstag wurden 37 Patienten mit Schusswunden behandelt.
  • Rumänische Söldner, die die Regierungstruppen unterstützt hatten, haben das Land verlassen und sind nach Ruanda geflüchtet.
  • Hilfsorganisationen berichten über Plünderungen von medizinischem Material und Angriffe auf humanitäre Einrichtungen. Die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gefährdet.
  • Rund 700.000 Menschen sind in Goma und Umgebung zu Binnenflüchtlingen geworden, während die DR Kongo internationales Handeln gegen Ruanda fordert, das die M23 angeblich unterstützt.