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Koalitionsverhandlungen in Südtirol erst nach Allerheiligen

Nach der Südtiroler Landtagswahl ist vor den Sondierungsgesprächen bzw. Koalitionsverhandlungen. Die schwer gebeutelte Südtiroler Volkspartei (SVP) - sie hat stark verloren und nur mehr 34,5 Prozent bzw. 13 Mandate erreicht - muss nun eine Dreier- oder Viererkoalition schmieden. Sowohl Varianten im "linken", als auch im "rechten" politischen Spektrum stehen im Raum. Koalitionsverhandlungen sollen indes erst nach Allerheiligen beginnen, erklärte LH Arno Kompatscher (SVP).

Von den Spitzenvertretern der übrigen Parteien sei der Wunsch geäußert worden, sich mit den Gesprächen etwas Zeit zu lassen, sagte Kompatscher bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung der Landesregierung am Dienstag. Begründet wurde dieser Wunsch damit, dass es bei dieser Wahl einige Veränderungen gegeben habe und sich die Parteien zunächst intern mit der neuen Lage befassen wollen. Diesem Wunsch werde er nachkommen und mit November zu einer ersten Gesprächsrunde einladen, so der Landeshauptmann. Dabei handelt es sich um eine Sondierungsrunde mit allen übrigen elf im Landtag vertretenen Parteien. Dann soll diese Runde bewertet und schließlich mit konkreten Koalitionsverhandlungen mit ausgesuchten Partnern begonnen werden, hatten Kompatscher und SVP-Obmann Philipp Achammer bereits am Montag erklärt.

Bereits am Tag nach der Wahl waren erste Spekulationen darüber angestellt worden, wie sich eine neue Regierungskoalition zusammensetzen könnte. Klar ist schon jetzt, dass die Koalitionsbildung schwieriger wird als bisher. Es genügt nicht mehr, dass die SVP mit einer italienischsprachigen Partei eine Koalition eingeht. Ein oder zwei weitere Partner sind unausweichlich, um die Mehrheit von zumindest 18 Mandaten im Landesparlament zu erlangen. Und jedenfalls muss - ein Novum - eine weitere deutschsprachige Partei darunter sein.

Prinzipiell stellt sich die Frage, ob die SVP politisch nach links oder nach rechts blinken will. Es dürfte ein Drahtseilakt werden - innerparteiliche Verwerfungen in der "Sammelpartei" nicht ausgeschlossen. APA-Informationen zufolge zirkulieren parteiintern vor allem folgende Varianten bzw. gelten als wahrscheinlich: Auf der "linken Seite" würden sich die deutschsprachigen Grünen mit drei Mandaten sowie der Partito Democratico (PD) sowie die "lista civica" mit je einem Mandat anbieten. Die Frage dabei ist, ob den Grünen, die bereits ihre prinzipielle Gesprächsbereitschaft signalisiert haben, die Bemühungen der möglichen neuen Landesregierung vor allem in den Bereichen Umweltschutz und Nachhaltigkeit weit genug gehen. Eine solche Koalition hätte zudem gerade einmal 18 Mandate, könnte sich also keinen einzigen Abweichler leisten.

Auf der "rechten Seite" kämen Partnerschaften mit den Südtiroler Freiheitlichen (zwei Mandate) oder dem zweitplatzierten Team K (vier Mandate) in Frage. Als möglicher italienischsprachiger Bündnispartner gelten in einer solchen Konstellation die rechtsgerichteten "Fratelli d'Italia" (Brüder Italiens) der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die zu den Wahlgewinnern gehören. Ob dabei auch der bisherigen Koalitionspartner Lega mit ins Boot geholt wird, weil die beiden italienischen Parteien verbrüdert sind, wäre numerisch nicht mehr relevant.

Die Entscheidung zwischen Links und Rechts ist nicht ganz einfach. SVP-intern dürfte eine Zusammenarbeit sowohl mit den Freiheitlichen als auch mit den "Fratelli d ́Italia" auf wenig Gegenliebe stoßen, auch wenn die Lega bereits in der bisherigen Landesregierung vertreten war. Eine Koalition mit Links dürfte wiederum das Verhältnis mit Rom belasten. Genau aus diesem Grund hatte sich die SVP nach der Landtagswahl vor fünf Jahren für die Lega als Koalitionspartner entschieden.

In Südtirol ist es aufgrund der drei Sprachgruppen erforderlich, dass auch italienische Kandidaten in der Exekutive vertreten sind. Außerdem wechseln sich zur Halbzeit der Legislaturperiode der Präsident und der Vizepräsident des Landtages ab, wobei einer der deutschen und der andere der italienischen Sprachgruppe angehören muss. Da die Zahl der Landesräte, die der italienischen Sprachgruppe zustehen, vom Verhältnis im Landtag selbst abhängt, verringert sich diese in der kommenden Legislaturperiode von zwei auf einen. Diesmal haben es nur noch fünf der italienischen Sprachgruppe Zugehörige in den Landtag geschafft, in der abgelaufenen Legislatur waren es noch acht gewesen.

Damit muss die Koalition mindestens zwei "Italiener" umfassen, um den Landesrat und den Präsidenten bzw. Vizepräsidenten des Landtages stellen zu können. Eine Option wäre zwar, einen Vertreter oder Vertreterin der italienischen Opposition mit den Stimmen der Mehrheit zum Landtagspräsidenten zu wählen. Dies ist aber äußerst unwahrscheinlich.

Die konstituierende Sitzung des Landtages muss bis 20. November über die Bühne gehen. Als wahrscheinlich gilt, dass sie in der Woche vom 13. bis zum 18. November anberaumt wird. Dabei wird zunächst das Präsidium gewählt. Die Wahl des Landeshauptmannes und der Landesräte wird mit Sicherheit zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Vor fünf Jahren war dies erst im darauffolgenden, neuen Jahr der Fall gewesen. Die Wahl des neuen Landeshauptmannes muss innerhalb von 90 Tagen nach der Landtagswahl erfolgen.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach der Südtiroler Landtagswahl ist vor den Sondierungsgesprächen bzw. Koalitionsverhandlungen.
  • Die schwer gebeutelte Südtiroler Volkspartei (SVP) - sie hat stark verloren und nur mehr 34,5 Prozent bzw. 13 Mandate erreicht - muss nun eine Dreier- oder Viererkoalition schmieden.
  • Sowohl Varianten im "linken", als auch im "rechten" politischen Spektrum stehen im Raum.
  • Vor fünf Jahren war dies erst im darauffolgenden, neuen Jahr der Fall.