Klingbeil und Esken sollen SPD künftig gemeinsam führen
Der Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans (69) hatte Ende Oktober seinen Rückzug angekündigt und erklärt, dass nun Jüngere ans Ruder sollten. Esken und er waren im Dezember 2019 nach einem langwierigen Auswahlprozess an die SPD-Spitze getreten. Dem Duo wird gemeinsam mit Klingbeil der Verdienst zugeschrieben, die teils zerstrittene Partei versöhnt zu haben. Klingbeil hatte als Wahlkampfmanager zudem maßgeblichen Anteil am Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl.
Esken sagte, sie habe sich zur erneuten Kandidatur entschieden, weil sie "die SPD weiter modernisieren und öffnen" wolle. Klingbeil tritt nach eigenen Worten an, um die Erneuerung der Partei weiter voranzubringen. Auf diesem Weg wolle die SPD "nicht nur eine Bundestagswahl, sondern viele Wahlen gewinnen".
Geschlossenheit und gegenseitiger Respekt habe die SPD wieder stark gemacht, schrieb das designierte Spitzenduo in einem gemeinsamen Brief an die Parteimitglieder. "Diesen Politikstil wollen wir auch in neuer Zusammensetzung weiter pflegen." Walter-Borjans sprach von einem Schulterschluss zur Basis, der zur Kontinuität werden solle. Die 60-jährige Parteichefin wird dem linken, Klingbeil dem rechten Parteiflügel zugerechnet.
Ein Ministeramt schließt Esken für die Zukunft nicht grundsätzlich aus. Sie und Klingbeil wollten zwar ihre "ganze Schaffenskraft" der Aufgabe an der SPD-Spitze widmen. Aber in alle Ewigkeit wolle sie ein Ministeramt nicht ausschließen. Die Statuten der SPD sollten nicht geändert werden. Dort ist keine solche Trennung der Ämter vorgeschrieben. Klingbeil sieht nun vorrangig Parteivorsitz und Bundestagsmandat als seine Aufgaben, wie er dem TV-Sender Phoenix sagte.
Unterdessen wies Walter-Borjans Warnungen aus den Reihen der Grünen vor einem Scheitern der Koalitionsverhandlungen zurück. "Wir haben so viele gemeinsame Grundlagen entdeckt in diesen Gesprächen, dass ich sicher bin, dass wir dieses Ruckeln überwinden werden und dass das zu einem guten Ergebnis führt auch für die Grünen und auch ihren eigenen Wählerinnen und Wählern gegenüber", sagte Walter-Borjans.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte in einem Interview gesagt, es drohten Neuwahlen, wenn SPD, Grüne und FDP in den nächsten Tagen beim Klimaschutz nicht zusammenkämen. Auch die Führung der Grünen im Bund hatte wegen ungelöster Konflikte in den Verhandlungen Alarm geschlagen.
Walter-Borjans sagte: "Die Grünen haben ein sehr kritisches eigenes Publikum in der Mitgliedschaft und auch ein sehr kritisches Publikum in der Wählerschaft." Das sei in der SPD durchaus ähnlich. Deshalb habe er von Anfang an gesagt, "dass das nicht einfach ein Zusammenkuscheln ist in Koalition hinein". Er sagte: "Es kuschelt und ruckelt." Die Grüne Bundespartei beschwichtigte nach der Aussage Hermanns bereits. Auch die FDP gab sich gelassen. Es handle sich um eine "Einzelmeinung" sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, am Montag in Berlin.
Zudem hätten die drei Parteien laut Walter-Borjans schon deshalb einen gemeinsamen Auftrag, "weil andere überhaupt nicht in Frage kommen als Verantwortungsträger für dieses Land in den nächsten Jahren". Es gebe nach wie vor "gute Chancen", den bisherigen Zeitplan der Regierungsbildung einzuhalten.
Esken schloss indirekt nicht aus, dass es bei den Etappen bis zur geplanten Wahl von SPD-Kandidat Olaf Scholz zum Kanzler im Parlament in der Nikolauswoche Verschiebungen gibt. Sie sagte, dieser gemeinsame Fahrplan soll "vom Ende her" erreicht werden. Walter-Borjans ist indes zuversichtlich, dass die Koalitionsverhandlungen der Ampel-Arbeitsgruppen wie geplant bis Mittwochabend abgeschlossen werden können.
Zusammenfassung
- Die SPD will mit Saskia Esken und Lars Klingbeil an der Spitze in die kommenden Regierungsjahre ziehen.
- Gewählt werden sollen beide sowie die restliche SPD-Führung auf einem Parteitag am zweiten Dezemberwochenende - kurz nach der geplanten Wahl von SPD-Kandidat Olaf Scholz zum Kanzler einer Ampelkoalition im Bundestag.
- Klingbeil hatte als Wahlkampfmanager zudem maßgeblichen Anteil am Erfolg der SPD bei der Bundestagswahl.