Kiew berichtet von "erbitterten Kämpfen" in Awdijiwka
Die ukrainischen Streitkräfte bereiteten neue Stellungen um die umkämpfte Stadt vor, erklärte Tarnawskij weiter. Alle möglichen Szenarien würden berücksichtigt. Der General bezeichnete die Lage in Awdijiwka als "schwierig, aber kontrolliert". Die Kommandanten seien beauftragt worden, die "Situation zu stabilisieren". Russland versucht seit Monaten, Awdijiwka einzunehmen. Die Stadt, die vor Beginn des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine rund 33.000 Einwohner zählte, liegt in der Region Donezk. Diese ist eine von insgesamt vier Regionen, die der Kreml 2022 für annektiert erklärt hatte.
Die russischen Truppen haben Awdijiwka inzwischen von drei Seiten aus umstellt und sind in den vergangenen Tagen weiter vorgerückt. Der neue ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj hatte die Lage am Mittwoch bei einem Truppenbesuch als "äußerst schwierig" bezeichnet und gesagt, dass die russischen Einheiten dort zahlenmäßig überlegen seien.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, warnte am Donnerstag, es bestehe die Gefahr, dass Awdijiwka "unter russische Kontrolle gerät". "Dies geschieht zu einem großen Teil, weil den ukrainischen Streitkräften vor Ort die Artilleriemunition ausgeht", sagte Kirby. Russland schicke Wellen von Wehrpflichtigen, um ukrainische Stellungen anzugreifen. Da der US-Kongress das entsprechende Zusatzgesetz für weitere Ukraine-Hilfen noch nicht verabschiedet habe, könnten der Ukraine die dringend benötigten Artilleriegeschosse nicht geliefert werden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte der Armee am Donnerstag die notwendige Unterstützung zu. "Wir tun unser Möglichstes, um sicherzustellen, dass unsere Kämpfer ausreichend organisatorische und technologische Kapazitäten haben, um so viele ukrainische Leben zu retten wie möglich."
Kirby sagte, die russischen Streitkräfte erreichten jetzt die ukrainischen Schützengräben in Awdijiwka und begännen, die ukrainischen Verteidigungsanlagen zu überwältigen. "Der Preis für die Untätigkeit des Kongresses ist hoch." Der Streit werde auf den Schultern der ukrainischen Soldaten ausgetragen. "Der Kongress muss sofort handeln."
Nach wochenlangen Verhandlungen hatte der US-Senat vor wenigen Tagen einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet. Ob der Entwurf aber auch in der anderen Parlamentskammer, dem Repräsentantenhaus, durchkommen wird, ist noch völlig offen. Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner eine knappe Mehrheit, und Abgeordnete vom rechten Rand der Partei stemmen sich seit längerem gegen weitere US-Hilfen für die Ukraine. In dem Paket sind rund 60 Milliarden US-Dollar (knapp 56 Milliarden Euro) an Hilfen für die Ukraine vorgesehen, der Großteil davon für militärische Unterstützung.
Zusammenfassung
- In der ostukrainischen Stadt Awdijiwka toben heftige Gefechte zwischen ukrainischen und russischen Truppen, wobei die Ukraine neue Stellungen vorbereitet und die USA vor einem möglichen Fall der Stadt warnen.
- Russische Kräfte haben Awdijiwka umstellt und zeigen zahlenmäßige Überlegenheit, während die USA die Lieferung von Artilleriemunition an die Ukraine aufgrund ausstehender Entscheidungen des Kongresses noch nicht zusichern können.
- Ein Hilfspaket von rund 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine, hauptsächlich für militärische Unterstützung, steht im US-Kongress zur Debatte, wobei die Zustimmung im Repräsentantenhaus noch unsicher ist.