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Kanzler verspricht weitere Ärztestellen: "Keine Verbesserung"

Bei der händeringenden Suche nach Ärzten, die zur Übernahme einer Kassenpraxis bereit sind, verspricht ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer die Ausschreibung von 100 weiteren Stellen.

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es weit mehr als 100 Interessenten für die geförderten Posten gibt und vom Bund eine Finanzierung der Ausweitung dieser Aktion verlangt. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat das allerdings zuletzt abgelehnt und auf ohnehin bereitgestellte zusätzliche Mittel über den Finanzausgleich verwiesen.

Nun äußerte sich ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer, der den Kassenstellenausbau auch in seinem ÖVP-"Österreichplan" propagiert, gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten", den "Oberösterreichischen Nachrichten" und der "Tiroler Tageszeitung" allerdings in einer Weise, die als Entgegenkommen bezüglich der Kassen- und Ärztewünsche interpretiert werden könnte.

Fragezeichen um Bonus und Finanzierung 

"Wir haben uns vorgenommen, 100 Stellen für Kassenärzte zu schaffen. Jetzt haben wir so viel Interesse geschaffen, dass zusätzlich noch 100 Kassenstellen ausgeschrieben werden", meinte er und erinnerte daran, dass er bis 2030 insgesamt 800 zusätzliche Kassenstellen anstrebe.

Ob das auch eine Ausweitung des Bonus bedeutet und ob der Bund dafür aufkommen wird, sagte er allerdings nicht. Auf Nachfrage der APA bei der ÖVP gab es vorerst keine Antwort.

In der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) äußerte sich Bundeskurienobmann Edgar Wutscher nicht ablehnend dazu, forderte aber vehement die Einbindung der Kammer ein. "Allein die Ansage, dass man die Stellen schafft, bringt ja in keiner Weise irgendwoher eine Verbesserung in der Versorgung", sagte er in einer Pressekonferenz.

Problem in weniger attraktiven Regionen ungelöst 

Es gebe bereits jetzt 400 offene Stellen, die großteils bereits ausgeschrieben seien. Wutscher: "Es kann nicht die Lösung sein, dass ich 100 dazu schaffe und fördere, und die anderen kriegen nichts."Man wisse in der Kammer schon von regulären Bewerbern, die nun einfach auf die neue Schiene umsatteln wollten, so Niedergelassenen-Vizeobmann Dietmar Bayer. Die Überlegung dabei: "Ich warte, bis die Karl-Nehammer-Stellen kommen, dann krieg ich 100.000 Euro, da kann ich mir aussuchen, wo ich hinkomme."

Neue Ärzte brauche man aber eher in den für Ärzte weniger attraktiven Regionen, und es sei unklar, ob das in den Kriterien für die Vergabe Niederschlag finde. Außerdem koste es weit mehr als 100.0000 Euro, um eine Kassenpraxis weiter zu finanzieren, und die ÖGK schreibe jetzt schon Defizite.

Bayer zeigte sich auch über jene verärgert, die sich einer Entmachtung der Ärztekammer rühmten. "Ohne uns geht es nicht, dann operiert euch halt selber", sagte er und wies dies als einen bei einem Ärztestreik in Deutschland gefallenen Ausspruch aus.

Weitere Forderungen der Ärztekammer: Die 70-Jahre-Altersgrenze in der Niederlassung müsse fallen, Limitierungen und Degressionen in der Honorierung der ärztlichen Leistungen ebenfalls, es brauche einen einheitlichen Leistungskatalog, und "absurde Ideen" zur Zwangsverpflichtung von Wahlärzten müssten ein Ende finden.

ribbon Zusammenfassung
  • ÖVP-Chef und Bundeskanzler Karl Nehammer plant die Ausschreibung von 100 weiteren Ärztestellen. Es ist jedoch unklar, ob diese wie im Vorjahr mit einem Startbonus von bis zu 100.000 Euro vom Bund unterstützt werden.
  • Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat bereits mehrfach eine Finanzierung der Ausweitung dieser Aktion vom Bund gefordert, Gesundheitsminister Johannes Rauch hat dies jedoch abgelehnt.
  • Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) zeigt Interesse, fordert jedoch eine stärkere Einbindung und weist darauf hin, dass es bereits 400 offene Stellen gibt, die zum Großteil bereits ausgeschrieben sind.