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Warum muss Assange auf einer entlegenen Insel vor Gericht?

Julian Assange kommt frei. Diese Nachricht verbreitete sich am Dienstag wie ein Lauffeuer um den Globus. Der Whistleblower muss nach seiner 14-jährigen juristischen Odyssee auf dem Weg von einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis in seine Heimat Australien aber noch in einen Gerichtssaal auf der Pazifikinsel Saipan. Warum genau dort?

Geheimdokumente, Botschaftsflucht und mögliche Todesstrafe: Die Geschichte von Julian Assange, seit Jahren auf der Weltbühne erzählt, enthält alle Aspekte eines Politthrillers. Nun steuert die Saga plötzlich auf ihr filmreifes Ende zu.

Nach 1.901 Tagen Haft in London, so hat es die von Assange gegründete Enthüllungsplattform WikiLeaks errechnet, ist der Australier auf dem Weg in die Freiheit. Möglich macht es ein überraschender Deal mit dem US-Justizministerium, das bisher mit demonstrativer Härte die Auslieferung des 52-Jährigen gefordert hatte.

Für seine Unterstützer ist er ein mutiger Kämpfer, der einem mächtigen Staat die Stirn geboten hat. Für seine Gegner ist er ein Spion und Verräter. 2006 gründete Assange die Plattform WikiLeaks mit der Mission, Whistleblower zu unterstützen, verborgene Informationen ans Licht zu bringen.

Von 2010 an veröffentlichte WikiLeaks geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan der Whistleblowerin Chelsea Manning. Die USA warfen Assange in der Folge vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.

WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist frei

Durch den nun erreichten Deal darf 1971 in Townsville im australischen Bundesstaat Queensland geborene Assange nun bald zurück in seine Heimat, muss aber zunächst noch einen Stopp auf der abgelegenen Pazifikinsel Saipan einlegen. Dort soll er sich am Mittwoch in einer Anklage schuldig bekennen, um freizukommen. 

Aber warum haben die USA Mitten im Pazifik ein Gericht?

Saipan gehört zu den Nördlichen Marianen, einem US-Außengebiet im westlichen Pazifik. Diese Inselgruppe liegt etwa 70 Kilometer nördlich von Guam und erstreckt sich über mehr als ein Dutzend Inseln. Wie Guam oder Puerto Rico sind die Nördlichen Marianen ein Teil der USA, ohne den vollen Status eines Bundesstaates zu haben.

Die Bewohner sind zwar US-Bürger, dürfen aber nicht an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen. Saipan beherbergt aber auch US-Bezirksgerichte. Dort soll Assange am Mittwoch um 9.00 Uhr Ortszeit - um 1 Uhr unserer Zeit - vor Gericht erscheinen.

Warum sagt Assange dort aus?

US-Staatsanwälten zufolge will Assange vor einem Gericht in der Nähe seiner australischen Heimat aussagen, aber nicht auf dem amerikanischen Festland erscheinen. Saipan hat den Vorteil, dass es relativ nahe an Australien liegt: Die Entfernung beträgt etwa 3.000 Kilometer. Hawaii ist mehr als doppelt so weit entfernt.

Assanges Flieger bei der Zwischenlandung in BangkokAFP

Assanges Flieger bei der Zwischenlandung in Bangkok

Seit wann gehört Saipan zu den USA?

Die Insel hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Zeitweise war sie eine Kolonie Spaniens, Deutschlands und dann Japans. Dann übernahmen die USA im Zweiten Weltkrieg nach der Schlacht von Saipan 1944 die Kontrolle. Nachdem die Insel jahrzehntelang unter US-amerikanischer Kontrolle stand, stimmten die Einwohner 1975 für den Beitritt zu den USA als Territorium. Die Nördlichen Marianen wählten 2008 zum ersten Mal einen Abgeordneten in das US-Repräsentantenhaus, der jedoch keine Stimme im Kongress hat.

Wie geht es mit Assange dann weiter?

Der US-Staatsanwaltschaft zufolge hat sich Assange in einem Anklagepunkt schuldig bekannt, geheime US-Verteidigungsdokumente beschafft und weitergegeben zu haben. Er wird zu einer Haftstrafe von gut fünf Jahren verurteilt, die er bereits verbüßt hat. Wenn der Richter sein Geständnis annimmt, wird Assange nach der Anhörung voraussichtlich nach Australien zurückkehren, wie US-Staatsanwälte erklärten.

Assange steigt in London ins Flugzeug.AFP

Assange steigt in London ins Flugzeug.

Was wird Assange genau vorgeworfen?

Die USA werfen dem Australier unter anderem Geheimnisverrat vor, weil seine Enthüllungsplattform vertrauliche Informationen über das Vorgehen der US-Streitkräfte im Irak und in Afghanistan veröffentlichte. Zahlreiche Unterstützer sehen Assange dagegen als Journalisten, der mutmaßliche Kriegsverbrechen aufdeckte. 

Assange wurde 2010 in Großbritannien zum ersten Mal aufgrund eines schwedischen Haftbefehls wegen des Vorwurfs eines Sexualverbrechens festgenommen. Der Haftbefehl wurde später fallengelassen. Seither stand Assange zeitweise unter Hausarrest, hielt sich sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London auf und wurde seit 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh festgehalten. Nun befindet er sich am Weg nach Saipan. 

ribbon Zusammenfassung
  • Julian Assange kommt frei. Diese Nachricht verbreitete sich am Dienstag wie ein Lauffeuer um den Globus.
  • Der Whistleblower muss nach seiner 14-jährigen juristischen Odyssee auf dem Weg von einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis in seine Heimat Australien aber noch in einen Gerichtssaal auf der Pazifikinsel Saipan.
  • Warum genau dort?
  • US-Staatsanwälten zufolge will Assange vor einem Gericht in der Nähe seiner australischen Heimat aussagen, aber nicht auf dem amerikanischen Festland erscheinen.
  • Saipan gehört zu den Nördlichen Marianen, einem US-Außengebiet im westlichen Pazifik.