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Israelische Rechtsextremisten stoppten Hilfstransporte

Eine Gruppe rechtsextremer israelischer Aktivisten hat am Montag Presseberichten zufolge Hilfstransporte für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen gestoppt. Die Lkw seien am Grenzübergang zwischen dem südlichen Westjordanland und Israel blockiert worden, so israelische und palästinensische Medien. Die Zeitung "The Times of Israel" berichtete, vier der etwa hundert Aktivisten seien festgenommen worden. Darunter war laut Anwälten der Demonstranten auch ein Minderjähriger.

Bei dem Protest am Kontrollpunkt Tarkumiyeh westlich von Hebron im besetzten Westjordanland wurden demnach neun Lastautos beschädigt. Die Aktivisten hätten zudem Hilfsgüter von den Lkw gezogen. Auf im Internet verbreiteten Aufnahmen ist zu sehen, wie Aktivisten die Lkw-Ladungen auf den Boden warfen. Kartons platzten auf, der Inhalt wurde über die Straße verstreut.

Sieben Monate nach Beginn des israelischen Militäreinsatzes gegen die islamistische Hamas sind nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA im Gazastreifen mehr als eine Million Menschen von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen und von Hunger bedroht. Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte vor einer Hungersnot im Norden des in vielen Teilen zerstörten Küstenstreifens gewarnt. Dort schreite die Unterernährung bei Kindern mit großer Geschwindigkeit voran, hieß es in einem Bericht.

Die islamistische Hamas hat nach Angaben eines Sprechers in den vergangenen zehn Tagen nach israelischen Luftangriffen den Kontakt zu den Bewachern von vier israelischen Geiseln im Gazastreifen verloren. Unter diesen Geiseln sei auch der US-Israeli Hersh Goldberg-Polin, schrieb ein Sprecher der Qassam-Brigaden - des militärischen Arms der islamistischen Hamas - auf dem Nachrichtenkanal Telegram. Goldberg-Polin war vor gut zwei Wochen auf einem Hamas-Propagandavideo zu sehen.

Wann und unter welchen Umständen es angefertigt wurde, blieb dabei unbekannt. Es war das erste Lebenszeichen des 23-Jährigen, der am 7. Oktober als einer der Besucher des Nova-Musikfestivals von Terroristen der Hamas gefangen genommen und in den Gazastreifen verschleppt wurde.

Die israelische Armee verstärkte am Montag ihre Angriffe auf Rafah an der Grenze zu Ägypten Anrainer berichteten am Montag, dass die israelische Armee mit Panzern eine wichtige Verkehrsader gekappt habe, die den Osten der Stadt vom Zentrum trennt. Bei einem Luftangriff auf ein Haus soll es Tote gegeben haben. "Die Situation ist furchtbar und die Explosionsgeräusche hören nicht auf", schilderte ein 57-jähriger Bewohner die Lage gegenüber Reuters in einer Chat-App.

Immer mehr Menschen würden Rafah verlassen, teilweise weit in Richtung Westen, da ihnen kein Ort mehr sicher erscheine und sie nicht bis zur letzten Minute warten wollten, "falls Panzer plötzlich vordringen und ein Rückzug zu spät wäre".

Das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) schätzt, dass bereits etwa 360.000 Menschen aus Rafah geflohen sind, seit die israelische Armee vergangene Woche die Teil-Evakuierung der Stadt angeordnet hatte. "Im Norden des Gazastreifens haben Bombardierungen und weitere Evakuierungsbefehle mehr Vertreibung und Angst für tausende von Familien verursacht", hieß es in einer Mitteilung von UNRWA auf X. "Es gibt keinen Ausweg. Es gibt keine Sicherheit ohne eine Waffenruhe."

Israel zufolge bildet Rafah die letzte große Bastion der Hamas-Kämpfer. Gleichzeitig haben in der Stadt aber auch Hunderttausende Menschen Zuflucht vor dem Krieg im restlichen Gazastreifen gesucht. Die Vertriebenen harren dort zum Teil seit Monaten unter verheerenden Bedingungen aus.

Die israelischen Streitkräfte rückten aber auch im Norden des Gazastreifens weiter in das Flüchtlingslager Jabalia vor. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsbehörde wurden bei Luftangriffen in der Nacht auf Montag mindestens 20 Palästinenser getötet und Dutzende weitere verletzt. Anrainer berichteten, dass Panzergranaten im Zentrum von Jabalia einschlugen und Luftangriffe eine Reihe von Häusern zerstört hätten.

Die derzeit stattfindenden Kämpfe im Norden und Süden des Gazastreifens gelten als die schwersten seit Wochen. Hilfsorganisationen warnen, dass sich die humanitäre Krise drastisch verschärfen könnte.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant sprach nach Angaben vom Montag mit dem US-Außenminister Antony Blinken telefonisch über die Lage im Gazastreifen. Gallant berichtete nach Angaben seines Büros über "Einsätze der israelischen Armee gegen Terror-Hochburgen und die präzise Operation in der Region Rafah gegen die verbliebenen Bataillone der Hamas". Der Rafah-Grenzübergang nach Ägypten werde dabei gesichert. Blinken bekräftigte nach Angaben des Sprechers des US-Außenministeriums, Matthew Miller, die USA seien nach wie vor gegen eine große Bodenoffensive Israels in Rafah, "wo mehr als eine Million Menschen Schutz gesucht haben".

Seit Beginn des israelischen Militäreinsatzes sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden inzwischen über 35.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden. Auslöser des Krieges war ein von der Hamas geführter Angriff auf den Süden Israels am 7. Oktober, bei dem nach israelischen Angaben rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln genommen wurden.

ribbon Zusammenfassung
  • Rechtsextreme Aktivisten in Israel haben Hilfstransporte für den Gazastreifen blockiert, was zu einer Verschärfung der humanitären Krise führt.
  • Mehr als eine Million Menschen im Gazastreifen sind von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen, warnt das Welternährungsprogramm.
  • Die israelische Armee hat ihre Angriffe im Gazastreifen intensiviert, besonders in Rafah, wo mehr als eine Million Menschen Zuflucht suchen.
  • Seit dem Beginn des israelischen Militäreinsatzes am 7. Oktober wurden laut palästinensischen Behörden über 35.000 Menschen getötet.
  • Die USA sprechen sich gegen eine große Bodenoffensive in Rafah aus, einem Gebiet, das als letzte große Bastion der Hamas gilt.