Hilfswerk kritisiert Hürden für Pflege aus Drittstaaten
Benötigt werde eine bundesweite, intelligente und ethische Strategie und ein klares Bekenntnis zu Pflegekräften aus dem Ausland, sagte Hilfswerk-Präsident und ÖVP-EU-Mandatar Othmar Karas: "Dazu gehört ein einladender Umgang statt einer abwehrenden Haltung gegenüber Arbeitsmigration." Neben einer Änderung der Grundeinstellung müssten auch die bürokratischen, sprachlichen und finanziellen Hürden für Interessentinnen und Interessenten mit entsprechender Ausbildung gesenkt werden.
Weitere Punkte umfassen die Kooperation mit den Herkunftsländern und Service vor Ort, sichere und nachhaltige Niederlassungsperspektiven, ein "Welcome Service" für die Pflegekräfte in Österreich und eine Modernisierung und Kostenfreistellung der Berufsanerkennung.
Die derzeitige Problemlage schilderte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm. Pflege gehört zu den reglementierten Berufen, bei Personal aus Drittstaaten ist eine Anerkennung mit detaillierter Einzelfallprüfung notwendig. Es gebe hohe Risiken der Verzögerung und unkalkulierbare Kosten. Verbunden mit der Hürde des deutschen Spracherwerbs wirke all das abschreckend. Bis zu zwei Jahre lang dauerten die Verfahren, mehrere Tausend Euro an Kosten fielen an.
Positiv merkte Anselm an, dass im Vorhabenskatalog zur zweiten Etappe der Pflegereform der Bundesregierung Maßnahmen enthalten seien, die in die richtige Richtung gingen. Hoch relevant sei die Absicht, bei der Berufsanerkennung zu einer Gleichwertigkeitsprüfung statt des bisherigen 1:1-Vergleichs der Fächer zu gelangen. Allerdings will die Regierung das nur für die Assistenzberufe in Angriff nehmen; die diplomierten PflegerInnen bleiben ausgespart. Und auch die Länder müssten dringend mitspielen.
Handlungsbedarf besteht auch, weil Länder wie Deutschland, Dänemark, die Schweiz und Großbritannien Österreich hier längst überholt haben und übersiedlungsbereite Personen anwerben. So hat Deutschland laut Hilfswerk seit 2017 rund 20.000 Fachkräfte pro Jahr ins Land gelotst. Seit zehn Jahren gebe es dort eine gezielte Strategie zur Akquise von Pflegekräften aus Drittstaaten und ein Programm namens "Work in Health! Germany".
Von den Schwierigkeiten in der Praxis berichteten zwei Betroffene bei der Pressekonferenz. Goran Kajtaz musste vor 20 Jahren das mühsame Anerkennungsverfahren durchlaufen, inzwischen hat er eine führende Hilfswerk-Position im Burgenland inne. "Bis heute hat sich da gar nichts geändert", meinte er im Rückblick auf seine Mühen. Die Lage aus heutiger Sicht schilderte Jovana Pantovic. Sie arbeitet als Pflegeassistentin, ihr serbisches Diplom wurde nicht anerkannt. Bei ihr dauerte es eineinhalb Jahre bis zur Nostrifikation.
Zusammenfassung
- Das Hilfswerk sieht Österreich im Wettbewerb um Pflegekräfte aus Drittstaaten auf der "Kriechspur" Europas. Durchschnittlich nur 130 pro Jahr schafften laut Daten der Statistik Austria trotz des riesengroßen Bedarfs die vielfältigen Hürden zur Berufsanerkennung im Lande, hieß es am Mittwoch in einer Pressekonferenz - und das bei einem Bedarf nach 90.000 Kräften bis 2030. Ein Fünf-Punkte-Programm soll das ändern.