Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Glückskind SPÖ-König Ludwig

Mit der Kür des Paradelinken Andreas Babler hat auch Michael Ludwig seine bröckelnde Vormacht abgesichert. Kritiker monieren: Der rote Rathausmann dürfe nicht neuerlich zum Zauberlehrling werden.

Im Büro des Wiener Bürgermeisters gab es in den vergangenen Monaten ein ständiges Kommen und Gehen von roten Ex-Granden und hochaktiven Spitzengenossen. Ihre Botschaft war immer die Gleiche: Die Loyalität von Michael Ludwig gegenüber Pamela Rendi-Wagner sei höchst ehrenwert. Aber damit werde die SPÖ bei der kommenden Nationalratswahl keinen Blumentopf gewinnen.

Wer, wenn nicht ihr mächtigster Schutzherr, habe die Autorität "Pam" zu vermitteln: So bitter es für ihr Kämpferinnenherz persönlich auch ist, politisch gäbe es nur einen Ausweg aus dem roten Dauertief. Pamela Rendi-Wagner müsse sich freiwillig zurückziehen und Platz für jemandem mit besseren Erfolgsaussichten machen.

SPÖ-Granden-Karawane im Rathaus kam, sah und versiegte

Den Emissären war klar: Hans Peter Doskozil kommt weder für Ludwig noch für viele andere in der Partei als Nachfolger in Frage.  An möglichen Alternative herrsche aber kein Mangel: Allein im Wiener Rathaus kämen mit Gesundheits-Stadtrat Peter Hacker und Finanz-Stadtrat Peter Hanke hätten zumindest zwei Politiker das nötige Format -  sofern sich Michael Ludwig nicht doch noch überzeugen lasse, den Job zu übernehmen. 

Die rote Granden-Karawane im Bürgermeister-Büro kam, sah und versiegte. Denn der rote Rathausmann wollte freundlich, aber bestimmt von Rendi-Wagner nicht lassen.

Doppelte Demütigung durch Kern

Dabei war die gelernte Medizinerin 2018 alles andere als die Wunsch-Kandidatin der Wiener SPÖ. Michael Ludwig war stocksauer, als sich Christian Kern kurz nach dessen Amtsantritt als Bürgermeister und Parteichef über Nacht vertschüsste und Rendi-Wagner handstreichartig auf den Schild hob.

Es war nach dem Wechsel von Faymann zu Kern bereits das zweite Mal, dass die jahrzehntelang tonangebende Wiener SPÖ vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.

Bauernschlaues Revanche-Manöver

Eine schwere Kerbe, die Ludwig aber bauernschlau weghobelte. Rendi-Wagner, die ohne jede Hausmacht die Kern-Nachfolge übernommen hatte, nahm Ludwigs nicht uneigennütziges Angebot an, mit Christian Deutsch ein rotes Wiener Urgestein als Bundesgeschäftsführer zu installieren.

Hans Peter Doskozil war zu diesem Zeitpunkt noch ein halbwegs wohlgelittener Parteifreund, auch wenn der Burgenländer schon damals heftige, aber vergebliche Ambitionen hatte, Parteichef zu werden.

Er arrangierte sich freilich nicht wie Ludwig mit der Niederlage, sondern ging von Stunde null an auf Oppositionskurs. Erst nur gegen Pamela Rendi-Wagner, aber bald auch gegen ihren neuen Schutzherren im Wiener Rathaus.

Isolations-Strategie für roten Störenfried

Als Doskozil am Höhepunkt der Pandemie zudem aus der von Michael Ludwig gezimmerten Anti-Corona-Front in Ostösterreich ausbrach, war der Ofen zwischen Wien und Eisenstadt endgültig aus.

Der ewige Störenfried aus dem Burgenland sollte nun Zug und Zug isoliert werden: mit immer neuen ergebnislosen Einladungen zu Sitzungen der roten Spitzengremien. Mit Dossiers, die belegen sollten, dass mit jedem kritischen Interview die SPÖ-Umfrage-Werte weiter verfielen.

Im Frühjahr fühlten sich die Wiener Genossen und Rendi-Wagner so stark, dass sie Doskozil zum finalen Showdown auf einem vorgezogenen Parteitag herausforderten. Sie hatten freilich den Kampfwillen des Burgenländers unterschätzt. Er trat den wochenlangen Schaukampf um eine Mitglieder-Abstimmung los und ging daraus als Sieger hervor. Ludwig & Co hatten bis zuletzt geglaubt, mit Rendi-Wagner zu reüssieren.

Doskos vermeintlicher Sieg geht an Wien

Nach der Niederlage der Favoritin machten sich Ludwig & Co postwendend für Babler stark. Nicht aus plötzlich erwachter Liebe für die Parteilinke, sondern um Doskozils finalen Durchmarsch doch noch zu verhindern - oder widrigenfalls seine Autorität mit einem mageren Wahlergebnis kleinzuhalten.

Mit dessen vermeintlicher Mehrheit am Parteitag schien für ein Wochenende lang auch die Vormachtstellung der Wiener SPÖ dahin. Mit dem Stichwahl-Sieger Andreas Babler bleibt auch Michael Ludwigs Sturz als mächtigster SPÖ-Strippenzieher ein Wunschtraum der Bundesländer-Roten.

Im Gegenteil: Mit dem Rückzug von Hans Peter Doskozil ins Burgenland und dem Einzug seines Last-Minute-Favoriten Andreas Babler in die SPÖ-Zentrale ist die Autorität des Wiener Rathaus- und SPÖ-Chefs neu gestärkt.

"Michael Ludwig ist das größte Glückskind in diesem SPÖ-Drama", sagt ein wohlwollender, wenn auch nicht unkritischer Wegbegleiter: "Jetzt muss er draufschauen, dass er nicht zum Zauberlehrling und die Dominanz der linken Geister nicht mehr loswird. Babler muss auf Sicht seine Extrempositionen abschleifen und mehr in die Mitte rücken." Unausgesprochener Nachsatz: Diesmal darf der frisch gestärkte rote Grande die Zügel nicht mehr so lange schleifen lassen, dass es die Partei neuerlich zu zerreissen droht.

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin “Trend” und KommunikationsberaterSeine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage"  jeden Freitag neu auf trend.at

ribbon Zusammenfassung
  • Mit der Kür des Paradelinken Andreas Babler hat auch Michael Ludwig seine bröckelnde Vormacht abgesichert.
  • Kritiker monieren: Der rote Rathausmann dürfe nicht neuerlich zum Zauberlehrling werden.