Gernot Blümel, wie Sie ihn noch nicht kennen
Gernot Blümel hat derzeit viel um die Ohren. Er ist Finanzminister in Zeiten einer globalen Krise, Vater eines sieben Monate alten Mädchens und Spitzenkandidat der ÖVP bei der Wien-Wahl – und das ganze ohne Laptop. Bei so viel Stress kann man schon mal das ein oder andere vergessen. Nach der Wien-Wahl am 11. Oktober fällt zumindest eine Verpflichtung weg.
Blümel wird wahrscheinlich nicht ins Rathaus einziehen. Normalerweise ziehen sich Kandidaten erst zurück, wenn sie ein schlechtes Wahlergebnis für ihre Partei einfahren. Die Türkisen rechnen bei der diesjährigen Wien-Wahl allerdings nicht mit einer Niederlage. Im Gegenteil, Umfragen trauen den Türkisen bis zu 20 Prozent zu. Das ist mehr als eine Verdoppelung nach dem historisch schlechten Wahlergebnis von 2015 (9,2 %). Blümel stellte dennoch klar, dass er nur im Falle einer Regierungsbeteiligung seinen Posten als Finanzminister aufgeben wolle.
Dafür erntet Blümel Kritik von anderen Parteien. Die FPÖ bezeichnet die Kandidatur des Finanzministers als "reinen Schmäh", die SPÖ sagte dazu, Wien sei kein "Teilzeitjob". Blümel gibt sich im Wahlkampf betont sachlich. Auf emotionale Debatten lässt sich der 38-Jährige bislang nicht ein.
Engster Berater von Sebastian Kurz
Die Landespartei hat Blümel nach der Wahlniederlage im Jahr 2015 übernommen. Er ist nicht nur Kurz' Mann in Wien, er ist auch einer seiner engsten Vertrauten.
Beide durchliefen die "Kaderschmiede" des Ex-ÖVP-Obmann Michael Spindelegger. Blümel ist, wie auch Spindelegger, Mitglied bei der katholischen Studentenverbindung Norica. 2008 hat Spindelegger den damals 27-Jährigen aus der "Jungen ÖVP" als parlamentarischer Mitarbeiter zu sich geholt. Fünf Jahre später wurde Blümel Generalsekretär. 2011 holte Spindelegger auch den damaligen JVP-Chef Sebastian Kurz als Staatssekretär in die Regierung. Blümel blieb bis zu Spindeleggers Rückzug aus der Politik im Jahr 2014 an seiner Seite.
Seither sind Kurz und Blümel auch beruflich eng verbunden. Der Finanzminister gilt als Freund und einer der engsten Beratern des Kanzlers. Damit wird Blümel seinem Verbindungsnamen Alkuin gerecht, der einst wichtigster Berater von Karl dem Großen war.
Unter der türkis-blauen Regierung war Blümel Kanzleramtsminister und Regierungskoordinator. Wegen letzterer Rolle war er als Auskunftsperson im Ibiza-U-Ausschuss geladen. Viel zur Aufklärung beigetragen hat Blümel allerdings nicht. SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zählte mit: 86 Mal konnte er sich nicht erinnern. Neu aufgetauchte Chatprotokolle könnten Blümel jetzt neuerlich in Bedrängnis bringen.
Begeisterter Philosoph
Vor seiner Karriere in der Politik hat Blümel in Wien und Dijon (Frankreich) Wirtschaft und Philosophie studiert. Seine Abschlussarbeit schrieb er zum Thema "Christliche Soziallehre".
Im Interview mit PULS 24 Reporterin Corinna Milborn erklärt er, wie christlich-soziale Werte mit der Haltung zur Flüchtlingspolitik vereinbar sind:
Für große Philosophen interessiert sich der Finanzminister auch heute noch und der als eitel geltende Minister weiß das auch zu inszenieren.
Er ließ er sich auf einem Balance-Board in seinem Büro ablichten, während er ein Buch des Philosophen Ovid las. Die Bildbeschreibung: "Zwischen den Terminen - für inneren Ausgleich und Balance". Etwas zu viel des guten. Der Post sorgte für Spott bei der Opposition und im Netz.
Zusammenfassung
- Finanzminister ohne Laptop, ÖVP-Spitzenkandidat bei der Wien-Wahl und Vertrauter von Bundeskanzler Kurz. Gernot Blümel ist in der österreichischen Politiklandschaft kein Unbekannter. Aber wie kam er dorthin, wo er heute steht?