Georgischer Ombudsmann spricht von Polizeigewalt und Folter
Das Büro habe mit mehr als 200 Menschen gesprochen. Bei den Protesten gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen wurden in der Nacht auf Mittwoch erneut Menschen verletzt. Nach Angaben des georgischen Gesundheitsministeriums wurden 15 Menschen in Krankenhäuser gebracht. Elf seien Teilnehmer der Demonstrationen gewesen, drei Medienvertreter, und einer gehöre zu den Sicherheitskräften. Zahlreiche Personen seien außerdem vor Ort medizinisch behandelt worden.
Seit der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Ende Oktober tragen Menschen in der Ex-Swojetrepublik Georgien ihren Ärger auf die Straße. Nach der Ankündigung des Ministerpräsidenten Irakli Kobachidse, bis 2028 keine EU-Beitrittsverhandlungen zu führen, was eine außenpolitische 180-Grad-Wende darstellt, erreichten die Proteste eine neue Eskalationsstufe. Nach Angaben des georgischen Innenministeriums gab es in den vergangenen Tagen mehr als 290 Festnahmen.
Der georgisch-orthodoxe Patriarch Ilia II. rief anlässlich der anhaltenden Proteste gegen die Regierung zu Besonnenheit und einem Ende der Gewalt auf. Er rief die Demonstrierenden wie auch die Sicherheitskräfte auf, sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen, wie das Infoportal "OrthodoxTimes" am Mittwoch laut Kathpress berichtete. Ein politisches Statement war mit der Erklärung des Patriarchen nicht verbunden. Er hat sich allerdings in der Vergangenheit durchaus positiv zu einer EU-Perspektive des Landes geäußert.
"Der Status eines EU-Beitrittskandidaten eröffnet neue Möglichkeiten für die politische Stabilität des Landes und die Aufwertung seines Status in den internationalen Beziehungen", sagte der Patriarch etwa im Dezember 2023. Er brachte damals seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die Beziehungen zwischen Georgien und der EU eine gegenseitige Bereicherung darstellen und Georgien seine reichen christlichen Traditionen und geistigen Werte in die europäische Gemeinschaft einbringen könne.
Metropolit Epifanij, Oberhaupt der Orthodoxen Kirche der Ukraine, sandte unterdessen eine Solidaritätsbotschaft an die Protestierenden in Georgien: "Wir wünschen unseren Brüdern und Schwestern, dass sie ihre Unabhängigkeit und ihre Zukunft als freier europäischer Staat bewahren. Die Wahrheit wird sich durchsetzen! Möge Gott diejenigen segnen, die auf der Seite der Wahrheit stehen", so der Metropolit wörtlich. Die Botschaft des ukrainischen Metropoliten dürfte nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund verfasst worden sein, als dass etwa der Vizepräsident des Nationalen Sicherheitsrats in Russland, Dmitri Medwedew, die Proteste in Georgien als Versuche einer Revolution bezeichnet hatte und den Vergleich mit der Ukraine herstellte. Er sagte am Sonntag gegenüber Medien, dass "so etwas normalerweise sehr schlecht endet".
Zusammenfassung
- Der georgische Menschenrechtsbeauftragte Lewan Ioseliani kritisiert die Polizei wegen Gewalt und Folter gegen Demonstranten. Über 200 Personen wurden befragt, viele mit schweren Verletzungen im Gesicht und am Kopf.
- Bei den Protesten gegen den Aufschub der EU-Beitrittsverhandlungen wurden 15 Menschen verletzt, darunter 11 Demonstranten, 3 Medienvertreter und 1 Sicherheitskraft. Über 290 Personen wurden festgenommen.
- Der georgisch-orthodoxe Patriarch Ilia II. appelliert an Demonstranten und Sicherheitskräfte, im Rahmen der Gesetze zu handeln, während Metropolit Epifanij aus der Ukraine seine Unterstützung für die georgischen Protestierenden ausdrückt.