APA/APA/EXPA/JOHANN GRODER/EXPA/JOHANN GRODER

Gemeindetag im Zeichen der Finanzausgleichsverhandlungen

Die Haupttagung des 69. Österreichischen Gemeindetages am Donnerstag in Innsbruck ist ganz im Zeichen der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Länder und Gemeinden sowie der Teuerung gestanden. Unter Anwesenheit von bundespolitischer Prominenz hielt Gemeindebund-Präsident Alfried Riedl fest: "Es braucht mehr Geld". Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte wiederum an die Ortschefs, auf Menschen, die von der Teuerung betroffen sind, zu achten.

"Die Teuerung betrifft die Menschen unterschiedlich. Mir ist immer unwohl, wenn man sagt, 'die Menschen' sind betroffen - es ist ein Unterschied, ob es mich trifft oder jemanden anderen", sagte Van der Bellen. Menschen, die etwa Sozialmärkte besuchen, "müssen wir besonders im Auge behalten". Auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister müssen "für diese Leute so vorsorgen, dass sie keine Angst haben müssen, im täglichen Leben zurechtzukommen. Das betrifft auch die Mietenfrage", sprach er wohl die in der türkis-grünen Bundesregierung gescheiterte Mietpreisbremse an. Das Staatsoberhaupt merkte jedoch an, dass die Teuerung die Gemeinden selbst auch treffe.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprach von einer "Zeitenwende", in der die Politik nach "neuen Lösungen suchen" müsse. In der "Zeit der Unsicherheit und Krieg gibt es immer wieder auch politische Kräfte, die versuchen, Angst zu kapitalisieren". In dieser Phase brauche es "Menschen, die Ängste nehmen und Sicherheit geben". Die Bürgermeister würden "an der Spitze der Wehrhaftigkeit" stehen. Die Bundesregierung stehe an ihrer Seite, versicherte er außerdem.

Gemeindebundchef Riedl meinte, dass die Gemeinden die "vielen Aufgaben, die die Gemeinden übertragen bekommen" gerne machen würden - allerdings "leben die Gemeinden von den Regeln, die die Landtage und der Nationalrat vorgeben". "Wenn der subsidiäre Staat funktionieren soll, muss man nötige Mittel zur Verfügung stellen", hielt er mit Blick in Richtung Finanzausgleichsverhandlungen fest. Es sei "trotz Teuerung eine ganz einfache Rechnung: Es braucht mehr Geld". Zudem verwies Riedl auf eine am Dienstag im Bundesvorstand verabschiedete Resolution, wonach statt derzeit zwölf künftig 15 Prozent der Ertragsanteile an die Gemeinden fließen sollen.

Weil "Geld und Personal" fehlen würden, sprach sich Riedl - wie zuvor schon in der "Tiroler Tageszeitung" (Donnerstagsausgabe) - gegen einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung aus, der etwa im Koalitionspakt der schwarz-roten Tiroler Landesregierung festgeschrieben worden war. "Die Zeit ist nicht reif", meinte er. Der Staat gebe den Familien "viel Geld", aber gleichzeitig komme immer öfter die Debatte auf, dass die "Sachleistung gratis" sein müsse. "Das gibt es in keinem Land in Europa", so Riedl. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte zuvor in ihrer Rede die "echte Wahlfreiheit" für Frauen und Familien gefordert und an die Gemeinden appelliert, gemeinsam Kinderbetreuungsplätze auszubauen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wiederum kündigte in den Verhandlungen "ein Ja" zu mehr Geld für Kinderbetreuung, Pflege und Gesundheit an. "Wir können auch gerne über eine Neuordnung der Grundsteuer reden", bot er an. Allerdings forderte er ein, "Steuergeld wieder mehr zu schätzen zu lernen". Er habe den Eindruck, dass in den vergangenen Jahren oft "Millionen mit Milliarden verwechselt" wurden. Doch wie auch Riedl zeigte er sich überzeugt, dass "am Ende des Tages", eine "gute, partnerschaftliche Lösung im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler herauskommen wird".

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) erinnerte daran, dass die Politik die Verantwortung habe, das Steuergeld "umzuverteilen und Infrastrukturen zu schaffen, damit ein Land wie Österreich gut funktioniert und soziale Sicherheit und Wohlstand anbieten kann". Es gelte, eine "tragfähige Lösung" zu finden". Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) bezeichnete die Gemeinden als "wesentliche Seismografen für die Stimmung um Land", die auch Ärger oder Angst spüren. Diese würden beispielsweise eine "fehlende Mietpreisbremse" deutlich wahrnehmen, merkte er - wie zuvor Van der Bellen - in seiner Rede an.

Der Gemeindetag in der Innsbrucker Messe war vor den zahlreichen Redebeiträgen am frühen Vormittag von einem "Landesüblichen Empfang" mit Schützen und Blasmusik eröffnet worden. Die Vertreterinnen und Vertreter der Bundespolitik waren stark ÖVP-geprägt: Neben Nehammer, Brunner und Raab waren außerdem Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Innenminister Gerhard Karner, Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, Staatssekretär Florian Tursky und Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) anwesend.

Bei der Tagung trafen sich laut dem veranstaltenden Gemeindebund an beiden Tagen mehr als 2.000 Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter und diskutierten kommunalpolitische Themen. Die Tagung stand diesmal unter dem Motto "Lokal. Regional. Europäisch. Gemeinden im Herzen Europas."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Haupttagung des 69. Österreichischen Gemeindetages am Donnerstag in Innsbruck ist ganz im Zeichen der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Länder und Gemeinden sowie der Teuerung gestanden.
  • Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte wiederum an die Ortschefs, auf Menschen, die von der Teuerung betroffen sind, zu achten.
  • Das Staatsoberhaupt merkte jedoch an, dass die Teuerung die Gemeinden selbst auch treffe.