Freispruch in Mordfall Kuciak aufgehoben
Das Oberste Gericht hat den Fall dem Spezialgericht zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Auch der Freispruch der Komplizin und mutmaßlichen Mitorganisatorin des Auftragsmordes Alena Zs. wurde aufgehoben.
Das Gericht der ersten Instanz habe über den Freispruch von K. und Zs. vorzeitig entschieden, indem es die Sachlage nicht genügend festgestellt und sich nicht mit allen Umständen des Falles auseinandergesetzt hatte, die bedeutend für die Entscheidung waren, erklärte Peter Paluda, Vorsitzender des zuständigen Strafsenats beim Obersten Gericht, in der Begründung der Entscheidung. Ebenso wurden von der Anklage vorgeschlagene Beweise nicht zugelassen, was die Spezialrichter auch nicht genügend oder nur vage begründet hatten. Auch wurden Beweise bei deren Bewertung aus dem Kontext gerissen, sagte Paluda.
Prozess mit allen Beweisen neu aufgerollt
Das Spezialgericht wird sich im neu aufgerollten Prozess mit all diesen Tatsachen, Beweisen und Umständen auseinandersetzen müssen, betonte der Senatsvorsitzende. Einen Antrag des zuständigen Staatsanwalts, dass der Fall einem anderen Senat des Spezialgerichts zugeteilt werden solle, lehnten die Höchstrichter allerdings ab.
Im Fall von Tomas S., dem dritten Mitangeklagten, der im Berufungsverfahren am Dienstag vor Gericht stand, hat das Oberste Gericht hingegen die vorherige Entscheidung der Spezialrichter über eine Haftstrafe von 25 Jahren bestätigt. S. hatte den Todesschützen im Kuciak-Mordfall zum Tatort gefahren und ist laut dem Gericht auch für den Mord an einem Unternehmer aus Kollarovo aus dem Jahr 2016 schuldig. In seinem Fall wurde das Urteil mit der Entscheidung der Höchstrichter rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte in der Berufung für S. eine lebenslange Haftstrafe beantragt.
Freispruch sorgte für Empörung
In der von Medien und Öffentlichkeit scharf verfolgten Hauptverhandlung des Journalistenmordes vor dem Spezialgericht in Pezinok hatte die Anklage eine Reihe von Indizien, Zeugenaussagen und indirekten Beweisen vorgelegt, die nach Meinung des zuständigen Senats die Schuld von Marian K. und Alena Zs. aber nicht ohne Zweifel beweisen konnten. Der Freispruch im September 2020 hatte in der Slowakei für Empörung gesorgt und versetzte auch die Familien der Opfer in Schock. An der Schuld des Millionärs, dem der Journalist mit seinen Recherchen wohl in die Quere kam, gab es im Land kaum Zweifel.
Aufsehenerregender Mord
Der Aufdeckreporter des Nachrichtenportals Aktuality.sk Jan Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova wurden am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im westslowakischen Velka Maca im Stil einer Hinrichtung erschossen. Beide waren nur 27 Jahre alt. In Hintergrund wurde sofort die Arbeit des Journalisten vermutet, der zu großer Korruption und Verstrickungen zwischen Geschäftemacherei und hoher Politik recherchiert hatte. Der Mord löste die größten regierungskritischen Massenproteste im Land seit der Wende 1989 aus und führte bis zum Sturz des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico und einer anschließenden Regierungsumbildung.
Wenige Monate später hatte die Polizei die ersten Verdächtigen im Fall festgenommen, darunter Zoltan Andrusko, einen Vermittler, der geständig war und auch den mutmaßlichen Auftraggeber und seine Komplizin schwer belastete. Andrusko bekam als Kronzeuge eine mildere Strafe, noch 2019 wurde er für 15 Jahren ins Gefängnis geschickt. Geständig war später auch der Todesschütze Miroslav M., der ebenso in einem separaten Verfahren zu 25 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde.
Die restlichen drei Mittäter, darunter der Hauptangeklagte Marian K., haben ihre Schuld stets bestritten. Marian K. wurde unterdessen in einem anderen Fall wegen schwerer Wirtschaftskriminalität bereits rechtskräftig zu 19 Jahren Haftstrafe verurteil. Auch Alena Zs. hat als Mitangeklagte in einem weiteren Mordfall eine langjährige Haftstrafe bekommen, das Urteil ist in ihrem Fall aber noch nicht rechtskräftig.
Strafverfolgung der Hintermänner
Die Verurteilung der "Hintermänner" im Mordfall Kuciak gilt in der Slowakei dennoch als enorm wichtig. "Ich hoffe, das Oberste Gericht wird mit seiner Entscheidung dazu beitragen, dass die Familien der Opfer glauben können, die Slowakei ist ein Rechtsstaat," erklärte kurz vor Beginn der Berufung Roman Kvasnica, Rechtsvertreter der Mutter von Martina Kusnirova.
Ein definitives Verdikt im auch international sehr beachteten Journalisten-Mordfall wird somit noch monatelang, vielleicht auch über ein Jahr lang nicht bekannt sein. Sollte das Spezialgericht auch die Vorwürfe der Höchstrichter in Betracht ziehen und die Hauptangeklagten schließlich verurteilen, dürften diese erneut in Berufung gehen. Somit wird der Fall Kuciak in einiger Zeit wohl erneut vor dem Obersten Gericht enden.
Zusammenfassung
- In seinem Fall wurde das Urteil mit der Entscheidung der Höchstrichter rechtskräftig.