Fall Miklautz: Worum es geht und was daran so gefährlich ist
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt sorgen für Aufregung. Reporter ohne Grenzen sieht einen "extremen Schlag gegen die Pressefreiheit", der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia sieht einen frontalen Angriff auf das Redaktionsgeheimnis. Aber worum genau geht es eigentlich - und was bedeutet das?
Die Person im Fokus: Franz Miklautz. Er ist freier Journalist und veröffentlicht unter anderem auf seiner Plattform Mediapartizan.at investigative Recherchen aus Kärnten, etwa über den Flughafen Klagenfurt, das Land Kärnten oder die Stadt Klagenfurt.
Mittlerweile ist er für seine Aufdeckungen so berühmt-berüchtigt, dass er Ende des vergangenen Jahres bei einer Pressekonferenz des Klagenfurter Flughafenbetreibers explizit ausgeladen wurde.
Magistratsdirektor verdiente mehr als der Landeshauptmann
In den aktuellen Ermittlungen geht es aber nicht um den Flughafen, sondern um die Stadt Klagenfurt. So deckte Miklautz mithilfe von ihm zugespielten Dokumenten aus der Lohnverrechnung auf, dass sich der Magistratsdirektor Peter Jost in einem Jahr 800 Überstunden auszahlen ließ - für gut 70.000 Euro. Damit verdiente er besser als Landeshauptmann Peter Kaiser.
So funktioniert die Arbeit eines investigativen Journalisten. Sie erhalten von Whistleblowern Informationen über Missstände und decken diese auf. Die Arbeit ist durch die Pressefreiheit in der Verfassung geschützt und auch der Oberste Gerichtshof (OGH) untermauerte in Urteilen wiederholt die Bedeutung der freien Presse.
Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt gegen Miklautz
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt hat nun aber Ermittlungen gegen den Journalisten aufgenommen. Der Vorwurf: "Beitrag zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes".
Miklautz, so der Vorwurf, soll durch die Veröffentlichung der ihm zugesteckten Informationen zur Verletzung des Amtsgeheimnisses "beigetragen" zu haben.
Um dem nachzugehen, ordnete die Staatsanwaltschaft eine Sicherstellung von "Mobiltelefonen, Computern, Tablets oder anderen internetfähigen Geräten, Datenträger etc." an. Das geht aus einer Anordnung hervor, die "Falter"-Journalist Florian Klenk veröffentlichte.
https://twitter.com/florianklenk/status/1671403079122448384
Die sichergestellten Datenträger wurden mittlerweile versiegelt. "Eine Auswertung ist daher bis zu einer gerichtlichen Überprüfung nicht möglich", bestätitge das Justizministerium gegenüber PULS 24.
"Die sind offenbar wo angerennt"
"Die sind offenbar wo angerennt", zitiert der "Falter" einen hohen Wiener Staatsanwalt in Bezug auf die Ermittlungen. Das Vorgehen der Justiz sei ein frontaler Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten, teilten der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia mit.
"Es schreit danach, dass endlich das Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt und das Amtsgeheimnis abgeschafft wird. Wenn das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft durchgeht, obsiegt das Amtsgeheimnis über das Redaktionsgeheimnis", sagte der Präsident von Reporter ohne Grenzen Österreich, Fritz Hausjell.
Hausjell verwies auf die bisherige höchstinstanzliche Rechtssprechung, die das Redaktionsgeheimnis im Zusammenhang mit der Pressefreiheit stark absichert und stellte klar: "Das Redaktionsgeheimnis gilt selbstverständlich auch für Herrn Miklautz".
Die Sorge ist groß, dass durch solche Ermittlungen Informanten eingeschüchtert werden: "Wenn das Schule macht, müssen sich alle Journalisten fragen, ob sie künftig noch Informationen bekommen", meinte Hausjell.
Prüfung des Justizministeriums
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Klagenfurt ist nun auch ein Fall für das Justizministerium. Von dort ist zu hören, man nehme die Sache ernst. Man habe "unmittelbar nach Bekanntwerden des Falles einen dringenden Berichtsauftrag erteilt, um die Sach- und Rechtslage zu prüfen. Auf dieser Basis werden weitere Schritte gesetzt", teilte das Justizministerium mit. Justizministerin Alma Zadić (Die Grünen) könnte per Weisung die Ermittlungen einstellen lassen.
Arbeit der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vor dem Verfassungsgerichtshof
Am Donnerstag wird vor dem Verfassungsgerichtshof eine weitere Handy-Beschlagnahmung der Staatsanwaltschaft Klagenfurt behandelt. Gegen einen Mann wurde wegen des Verdachts auf Untreue ermittelt und im Zuge der Ermittlungen wurde im Juli 2021 auch sein Handy sichergestellt.
Er hat dagegen Beschwerde eingelegt. So würde die Maßnahme einen umfassenden Eingriff in die Privatsphäre erlauben. Das verstoße gegen das Recht auf Privatleben und Datenschutz.
Mobiltelefone könnten nämlich mit weniger strengen Voraussetzungen sichergestellt werden, als das bei anderen Ermittlungsmaßnahmen der Fall sei. Dadurch werde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen.
Zusammenfassung
- Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt beschlagnahmte das Handy und den Computer des Kärntner Investigativjournalisten Franz Miklautz.
- Miklautz deckte mit Hilfe von ihm zugespielten Dokumenten aus der Lohnverrechnung auf, dass sich der Magistratsdirektor Peter Jost in einem Jahr 800 Überstunden auszahlen ließ - für gut 70.000 Euro.
- Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt ermittelt nun aber gegen den Journalisten. Der Vorwurf: "Beitrag zur Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes".
- Die Sorge ist groß, dass durch solche Ermittlungen Informanten eingeschüchtert werden.
- Aus dem Justizministerium ist zu hören, man nehme die Sache ernst.
- Man habe "unmittelbar nach Bekanntwerden des Falles einen dringenden Berichtsauftrag erteilt, um die Sach- und Rechtslage zu prüfen".