Ein Tag ohne die EU als Unternehmerin
Mit der EU sind in Europa die Grenzzäune gefallen - in vielen Bereichen. Als Unternehmer:in hat man anstelle von neun Millionen Österreicher:innen nun rund 450 Millionen EU-Bürger:innen als potenzielle Kund:innen. Es macht keinen Unterschied, ob man seine Ware in einem Online-Shop nach Graz oder Thessaloniki verkauft.
Doch was würde sich für eine:n Unternehmer:in ändern, wenn Österreich nicht Mitglied in der EU wäre?
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Stundenlange Wartezeiten an den Grenzen
Eine Österreicherin, nennen wir sie der Einfachheit halber Sonja, ist Geschäftsführerin eines Logistikunternehmens. Großteils per Lkw transportiert ihre Firma Waren in mehrere europäische Länder.
In der Früh macht sich ein Fahrer aus der Firmenzentrale in Niederösterreich auf den Weg zu ihrem Kunden nach Dänemark. Nur einige Stunden später bekommt sie den Anruf: Chaos an der tschechischen Grenze. Bei der Einreise in die EU gibt es heute stundenlange Wartezeiten.
Das bringt auch den ganzen Zeitplan durcheinander. Der Fahrer muss seine Ruhezeiten einhalten und der Grenz-Stau wirft den ganzen Zeitplan über den Haufen. Sonja muss in Dänemark bei ihrem Kunden anrufen - der ist über die Verspätung sehr unzufrieden.
Zölle schwächen die Wettbewerbsfähigkeit
Nächstes Problem an der Grenze: Es gibt Probleme mit den Zoll-Papieren. Bis die fehlenden Dokumente nachgereicht sind, vergeht wieder wichtige Zeit.
Die Zölle kann Sonja zudem nur zum Teil ihren Kund:innen weiterverrechnen. Hart ist der Preiskampf in der Branche, die Handelsbarrieren schwächen auch Sonjas Wettbewerbsfähigkeit mit ihren Mitbewerbern aus den Nachbarstaaten.
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Sonja fehlen die Mitarbeiter:innen
Weiter geht es in ein Bewerbungsgespräch. Händeringend ist Sonja auf der Suche nach neuen Lkw-Fahrern. Der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar, sie bekommt kaum Bewerbungen auf offene Stellen. Für Fachkräfte aus dem Ausland sind die bürokratischen Hürden, um eine Arbeitsgenehmigung zu bekommen, oft zu mühsam.
Der vorherige Bewerber aus Polen entschied sich schlussendlich für einen Job in Deutschland, weil es für ihn deutlich einfacher ist. Ohne Papierkram kann er von Polen nach Deutschland umziehen, auch seine Familie kann ohne weiteres mitkommen. Sonja hofft, dass sie den jetzigen Bewerber überzeugen kann.
Schilling statt Euro
Da Sonjas Unternehmen viele Geschäftspartner aus dem Ausland hat, wird ein beträchtlicher Teil der Rechnungen nicht in Schilling, sondern in Euro oder anderen Währungen bezahlt.
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Die Umrechnungskurse sind gelegentlich ein bisschen mühsam, doch der Schilling hält sich im Wert stabil, daher hat man die Wechselkurse ohnehin im Gefühl.
Jammern über strenge EU-Regeln
Am Nachmittag telefoniert Sonja mit einem ehemaligen Arbeitskollegen, der jetzt bei einem großen Logistikunternehmen in Deutschland arbeitet. Er beschwert sich lauthals über das neue EU-Lieferkettengesetz, das mittlerweile vom EU-Parlament abgesegnet wurde und schon bald als Richtlinie erlassen werden könnte.
Ein Haufen an Reporting-Pflichten würden damit auf ihn zukommen. Er müsse nun Risiken im eigenen Geschäft und auch bei Geschäftspartnern und Tochterunternehmer ermitteln. Da geht es um Themen wie Nachhaltigkeit oder Menschenrechte. Das würde über das Ziel hinausschießen, beschwert er sich.
Auch die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) ist ihm ein Dorn im Auge. Im Jahresbericht muss das deutsche Unternehmen nun umfassend über ökologische und soziale Aspekte des Geschäfts berichten. Die EU sei hier zu detailverliebt, man solle sich lieber wieder um die wichtigen Themen kümmern, kritisiert er weiter.
Bürokratie auch ohne EU
Dieses Problem hat Sonja nicht und lehnt sich zufrieden zurück. Aber nur kurz: Denn bisher hat sie nicht bedacht, dass das Lieferkettengesetz auch sie treffen könnte, obwohl Österreich doch gar nicht in der EU ist. Da sie viele Transporte für große Unternehmen in der EU durchführt, muss auch ihr Unternehmen Daten liefern.
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Nur weil Österreich nicht in der EU ist, muss Sonja trotzdem an viele EU-Regeln denken, weil sie dort eben viele Geschäftspartner hat.
Ganz kann Sonja den Unmut ihres Ex-Kollegen aber nicht nachvollziehen. Sie wünschte, sie könnte sich so manch bürokratische Hürde sparen, die ihren Arbeitstag heute schon erschwert haben und an die ihr deutscher Unternehmerfreund gar nicht mehr denkt.
Und es ist ja nicht so, als würde in Wien nicht auch ohne Brüssel viel Papierkram anfallen.
Zusammenfassung
- Zölle, Grenzen, Arbeitsmarkt, Gesetze - die EU hat für die Wirtschaft eine Vielzahl an Veränderungen gebracht.
- Als Unternehmer:in hat man anstelle von neun Millionen Österreicher:innen nun rund 450 Millionen EU-Bürger:innen als potenzielle Kund:innen.
- Es macht keinen Unterschied, ob man seine Ware in einem Online-Shop nach Graz oder Thessaloniki verkauft.
- Doch was würde sich für eine:n Unternehmer:in ändern, wenn Österreich nicht Mitglied in der EU wäre?