APA/HELMUT FOHRINGER

Chalupka sieht in Dreierkoalition Chance für Karfreitag

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka sieht in der sich abzeichnenden künftigen Regierung eine Chance für eine Karfreitagslösung. "Ich erhoffe mir, dass das ein Ergebnis der Regierungsverhandlungen ist", sagte der ehemalige Diakonie-Direktor im APA-Weihnachtsinterview. Im Gespräch mit den Parteien sei man schon seit längerer Zeit. Chalupkas konkrete Hoffnung ist, dass der Karfreitag ein gemeinsamer Feiertag für alle sein wird.

Die Abschaffung des Karfreitags als gesetzlicher Feiertag für Protestanten und andere Religionsangehörige durch die türkis-blaue Regierung sei eine "schmerzende Wunde". Chalupka hofft auf eine Rücknahme: "Ich erhoffe mir, dass das ein Ergebnis der Regierungsverhandlungen ist. Weil man doch auch bemerkt hat, dass hier nicht in erster Linie den Evangelischen etwas weggenommen worden ist, sondern dass die Republik sich um einen Teil ihrer Erinnerungskultur, ihres geschichtlichen Erbes auch gebracht hat. Der Karfreitag ist ja 1955 als Feiertag eingeführt worden als Wiedergutmachung für die Verfolgung der Evangelischen während der Gegenreformation.

Nun zeigt sich Chalupka optimistisch, dass es Bewegung in der Karfreitags-Debatte gibt. Vor allem in diesem Jahr sei man als evangelische Kirche im Gespräch mit den Parteien gewesen. "Und es ist, glaube ich, ein Bewusstsein in allen Parteien. Aber es gibt natürlich viele Gründe für und wider." So sei natürlich auch die wirtschaftliche Lage schwierig, was immer wieder ein Argument in den Gesprächen sei. Dennoch sei der Karfreitag - gemeinsam mit dem Ostersonntag - der höchste Feiertag des Christentums allgemein.

Noch bis Ende des kommenden Jahres ist Chalupka evangelisch-lutherischer Bischof, bis er mit 65 Jahren in den Ruhestand geht. Im Mai wählt die Synode einen Nachfolger oder möglicherweise erstmals eine Nachfolgerin. "Die evangelische Kirche ist sehr stolz darauf, dass bei uns Frauen und Männer die gleichen Rechte und gleichen Chancen und Möglichkeiten haben", so der derzeitige Bischof. "Und sie sollte das auch nach außen hin zeigen und repräsentieren. Deswegen wäre ich sehr froh, wenn wir das in verstärktem Maße tun können und jetzt auch eine Frau Bischöfin werden kann."

Seine Amtszeit - er ist seit 2019 Bischof - sieht Chalupka rückblickend recht positiv. Von Zeiten der Krise zu sprechen habe er sich mittlerweile abgewöhnt - seit er seinen ukrainischen Amtskollegen getroffen hat, dessen Land von Russland angegriffen wird. "Und deswegen gibt es für mich keinen Grund mehr, das, was wir erlebt haben, in irgendeiner Weise auch nur zu vergleichen mit jemandem, der in Zeiten des Krieges Verantwortung für seine Kirche übernommen hat. Das heißt, wir hatten keine Krisen in dem Vergleich."

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei auch eine große Belastung für die Ökumene. Diese als große Vielfalt und Einheit in der Vielfalt zu beschreiben sei derzeit "ein sehr schmerzhafter Prozess". Die russisch-orthodoxe Kirche habe hier den Boden des Evangeliums in diesem Punkt verlassen, wenn diese den Krieg als "Heiligen Krieg" bezeichne. Der Weltkirchenrat vollziehe hier einen Spagat mit dem Versuch, die Ursachen des Krieges klar zu benennen und gleichzeitig die Gesprächsebene aufrecht zu erhalten.

Als hervorragend bezeichnet Chalupka weiterhin das Verhältnis zur römisch-katholischen Kirche in Österreich. "Das heißt aber trotzdem nicht, dass sich auf weltkirchlicher Ebene viel bewegt", merkt er an. So seien die entscheidenden Punkte, wo man zueinander finden sollte, noch ungeklärt: "Das ist die gemeinsame Feier des Abendmahls, wo es auch um die Glaubwürdigkeit der Kirchen geht." Auch unter Papst Franziskus habe es in diesem Punkt leider keine Bewegung gegeben, bedauert der evangelisch-lutherische Bischof.

Insgesamt blickt Chalupka, der sich bereits als Diakonie-Direktor in gesellschaftspolitischen Fragen streitbar gezeigt hatte, recht optimistisch auf den Zustand der Welt. "Ich halte nichts davon, wenn man von einer Spaltung der Gesellschaft spricht. Ich glaube, in den wesentlichen Themen des sozialen Zusammenhalts sind wir sehr viel näher beieinander, als uns das die politische Debatte suggerieren mag." Die politische Auseinandersetzung lebe wohl ein bisschen davon, die Spaltung zu betonen und zu provozieren.

Dass mit dem Umsturz in Syrien auch die Asylverfahren in Österreich ausgesetzt wurden, ist für Chalupka rechtlich gedeckt, aber: "Was mich erschreckt hat, und was wirklich nur ein populistischer Reflex war, ist, dass man sofort gefordert hat, alle müssen zurückkehren. Das war ein Impuls, der einer innenpolitischen Auseinandersetzung geschuldet wird." In einem zweiten Durchatmen und Überlegen sei es dann "konstruktiver geworden".

Zum jüngsten Fall eines Mannes aus der Ukraine, dem wegen dessen Weigerung, die Bundeshymne zu singen, die Staatsbürgerschaft verweigert wurde, merkt der Bischof an: "Das hat einen anderen Hintergrund. Der Ukrainer war ja Zeuge Jehovas und die Zeugen Jehovas singen keine Hymne. Übrigens singen wir auch keine nationalen Hymnen in den Gottesdiensten." Der Fall sei besonders schwierig, da die Zeugen Jehovas auch aus diesen Gründen eine besonders verfolgte Minderheit im Nationalsozialismus gewesen seien.

Zwar betont Chalupka, dass die Kirche zu keiner Steuerexpertise berechtigt sei. Zur gerechten Aufteilung des Vermögens macht er sich dennoch Gedanken. "Das ist die große Frage, der man sich stellen muss. Und wie macht man das auch gerecht, sodass auch alle Bevölkerungsgruppen davon profitieren? Wenn ich mit Menschen spreche, die wirklich viel Geld haben, dann sagen die, wir sind oder wären schon bereit, auch mehr zu geben, wenn wir Vertrauen hätten, dass es sinnvoll verwendet wird." Etwa im Sinne einer Bindung von vermögensbezogenen Steuern an Investitionen in Kindergärten, Bildung und Pflege.

Noch genau ein Jahr ist Chalupka Bischof, aber: "Die Pension heißt ja nicht, dass man sein Amt als Pfarrer nicht mehr ausführen darf und soll. Sondern man macht es dann freiwillig als Pensionist, aber arbeitet so weiter wie zuvor. Erst einmal stehen aber die Feiertage an. "Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass es noch gelingt, dass die israelischen Geiseln der Hamas freigelassen werden und dass dadurch ein Waffenstillstand ermöglicht wird, der das Sterben in dieser Region und die humanitäre Katastrophe in Gaza beendet."

ribbon Zusammenfassung
  • Bischof Michael Chalupka sieht in der neuen Regierung eine Chance, den Karfreitag als Feiertag für alle wieder einzuführen.
  • Die Abschaffung des Karfreitags durch die türkis-blaue Regierung wird als Verlust der Erinnerungskultur betrachtet.
  • Chalupka ist optimistisch, dass es Fortschritte in der Karfreitags-Debatte gibt, trotz wirtschaftlicher Bedenken.
  • Chalupka betont die Gleichberechtigung in der evangelischen Kirche und hofft auf eine weibliche Nachfolge.
  • Der russische Angriffskrieg belastet die Ökumene, besonders in der Beziehung zur russisch-orthodoxen Kirche.