Aufenthaltsort unklar
Österreicherin aus IS-Gefangenenlager in Syrien geflohen
Das Nachrichtenmagazin berichtete in seiner am Samstag erscheinenden Ausgabe, dass die Frau aus Graz sich Ende 2015 dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen habe. Gemeinsam mit ihrem Sohn wurde sie demnach im Mai 2019 zuerst ins Lager al-Hol und später nach Roj gebracht.
Dem Außenministerium liegen zum Aufenthaltsort der Frau und ihres Sohnes "derzeit keine gesicherten Informationen vor", hieß es aus dem Außenamt auf APA-Anfrage. "Profil" berichtete, dass das Außenministerium von Beginn an mit ihr in Kontakt stand. Die Behörde ließ den Gesundheitszustand der Frau regelmäßig überprüfen, veranlasste medizinische Untersuchungen, organisierte 2022 sogar eine Operation. Ihr Verschwinden sei seit Jänner 2025 bekannt.
Soumaya T. war demnach 22 Jahre alt, als sie mit ihrem Sohn ins damalige IS-Gebiet gereist war. Nachdem sie die türkische Grenze überquert hatte, wurden ihre Papiere vernichtet. Ihren Mann und Vater ihres Kindes hatte sie 2014 in Graz kennengelernt. Er war im selben Jahr nach Syrien aufgebrochen, um sich der Terrororganisation anzuschließen. 2019, als der IS besiegt wurde, kam die Frau in Gefangenschaft. Ihr Mann soll vorher bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen sein.
Soumaya T. habe in einem Telefonat mit ihren Eltern, offenbar von ihrem eigenen Mobiltelefon aus, angekündigt, dass sie vorhabe, aus dem Camp zu fliehen. "Sie hat angerufen und gesagt, dass sie nicht länger dortbleiben kann", erzählt ihr Vater laut dem Bericht. "Kein Wasser, kein Strom, und in der Nacht war es eiskalt. Das war kein Gefängnis, das war ein Ort der Qual - besonders für meinen Enkel." Österreich "hat nichts dagegen unternommen", kritisiert er.
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Experte Schmidinger berichtet über Zustände in Lagern
Die Versorgung in den Lagern sei "nirgendwo gut", bestätigte der Politologe und Islamexperte Thomas Schmidinger gegenüber der APA. Die Insassinnen lebten mit ihren Kindern in Zelten, es gebe Essen und rudimentäre medizinische Versorgung. Das Flüchtlings- und Internierungslager al-Hol sei das "größere und wesentlich unorganisiertere Camp", berichtete Schmidinger, der Soumaya T. selbst nicht kennt.
Al-Hol stehe de facto unter der Kontrolle der IS-Frauen. Die Syrischen Demokratischen Kräfte, die das Gebiet im Nordosten des Landes kontrollieren, überwachen das Lager von außen. Häufig würden Frauen, die ausgebrochen sind, wieder eingefangen und zurückgebracht.
Roj sei im Vergleich zu al-Hol kleiner, besser organisiert und besser ausgestattet. Die Gefangenen seien häufig "weniger extremistisch", es gebe dort viele Europäerinnen, berichtete Schmidinger in einem Telefonat aus dem Irak, wo er an der University of Kurdistan Hawler tätig ist. Viele der IS-Anhängerinnen hoffen nun auf eine Befreiung durch die neuen syrischen Machthaber. Doch die nach dem Sturz von Bashar al-Assad an die Macht gekommene Islamistenorganisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS) habe keinen Einfluss auf das kurdisch dominierte Gebiet in Nordostsyrien und damit auch nicht auf die Lager.
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Rückholungen ausgesetzt
Schmidinger selbst hat Kontakt zu drei Österreicherinnen, die in den Lagern inhaftiert sind. Und was ist sein Eindruck? Er "gebe für niemanden eine Deradikalisierungsgarantie ab", antwortet Schmidinger. Unter den Frauen herrsche "große allgemeine Verwirrung". Die Situation in den Lagern und auch die Botschaft, dass Österreich die Frauen nicht zurückwolle, habe bei manchen zu einer noch stärkeren Entfremdung geführt. Rund zehn österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen werden noch in den Lagern vermutet.
Am meisten Kontakt hat Schmidinger zur Salzburgerin Maria G., die nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Oktober 2024 aus Roj nach Österreich zurückgeholt werden muss. Allerdings ist das jetzt nicht möglich: "Alle Rückführungen sind derzeit eingestellt", sagt der Experte.
Die Sicherheitslage erlaube Rückführungen aktuell nicht. Wenn sich die Lage stabilisiere, sei er diesbezüglich aber "optimistisch". Zu Maria G. sagt das Außenministerium: "Wir können bestätigen, dass österreichische Einsatzteams vor Ort sind. Um die Sicherheit der Teams und diesen Einsatz nicht zu gefährden, können wir derzeit keine weiteren Stellungnahmen geben."
Zusammenfassung
- Die Österreicherin Soumaya T. und ihr mittlerweile zehnjähriger Sohn sind laut "Profil" aus dem Internierungslager Roj in Syrien geflohen.
- Das Nachrichtenmagazin berichtete in seiner am Samstag erscheinenden Ausgabe, dass die Frau aus Graz sich Ende 2015 dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen habe.
- Gemeinsam mit ihrem Sohn wurde sie demnach im Mai 2019 zuerst ins Lager al-Hol und später nach Roj gebracht.
- Dem Außenministerium liegen zum Aufenthaltsort der Frau und ihres Sohnes "derzeit keine gesicherten Informationen vor", hieß es aus dem Außenamt auf APA-Anfrage.