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Arbeitspflicht für Asylwerber: Wien stellt sich gegen "Zwangsarbeit"

Der Beschluss für die Arbeitspflicht war zwar einstimmig, es waren aber nur fünf Vertreter der Länder anwesend. Ein Plan wird nun vom Innenministerium ausgearbeitet, laut NGOs wird es aber definitiv keine Pflicht geben.

Am Mittwoch kamen die Bundesländer zur Flüchtlingskonferenz zusammen. Einstimmig angenommen wurde ein Antrag zur Arbeitsverpflichtung von Flüchtlingen. Aber nur fünf der Landes-Asylreferenten waren anwesend, berichtet der ORF. Wiens Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) war nicht anwesend und ließ wissen, dass "wir Asylwerber sicher nicht zur gemeinnützigen Tätigkeit verpflichten werden", Wien sehe sich der Menschenrechtskonvention verpflichtet. Die Umsetzung des Beschlusses wird nun vom Innenministerium geprüft.

Kompromiss zwischen ÖVP und SPÖ

Oberösterreichs Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) forderte Anfang September, dass Asylwerber zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichtet werden können und die Auszahlung der Grundversorgung daran zu knüpfen.

Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will die Asylwerber zu einem "Sozialjahr" verpflichten, einen Vorschlag, den er seit 2015 immer wieder vorbringt. In der Vergangenheit argumentierte Kaiser so für verstärkte Integration und eine Ausnahme der Kosten für die Versorgung der Asylwerber aus den Maastricht-Kriterien. Diese beschreiben, wie viele Schulden ein EU-Staat haben darf, geahndet werden könnte das durch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU.

Laut "Kurier" wurden die beiden Anträge bei der Konferenz fusioniert. Eine Bedingung der SPÖ für die Fusion der Anträge soll gewesen sein, dass es bei Nicht-Teilnahme von Asylwerbern keine Sanktionen gibt.

"Zwangsarbeit" sowieso verboten

Hacker zeigt sich gelassen, er geht davon aus, dass auch die Jurist:innen im Innenministerium erkennen werden, dass "Zwangsarbeit" nicht durchsetzbar ist. Auch der Experte für internationales Recht, Ralph Janik, denkt, dass dieser Vorstoß auch der europäischen Menschenrechtskonvention widersprechen würde.

Menschen, die bereits mit sehr wenig Geld auskommen müssen, denen könne man nicht noch mehr nehmen ("An Nockat'n konst ned ausziag'n", zitiert der Experte ein Wiener Sprichwort). Die Sinnhaftigkeit der Maßnahme sei offen, viel wichtiger sei es, überhaupt Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber:innen zu finden.

Laut ORF wurde der Passus über die Sanktionen bei Nicht-Teilnahme dann aus dem Beschluss gestrichen, wird Asyl-Experte Lukas Garleitner-Gertz von der Asylkoordination zitiert. 

Asylwerber dürfen nicht arbeiten

Menschen, die auf Asyl warten, können aktuell für einen "Anerkennungsbeitrag" freiwillig arbeiten, für maximal 110 Euro im Monat. Hattmannsdorfer findet, dass diese Option "zu wenig genutzt wird" und will Asylwerber:innen nun zur Arbeit zwingen, damit sie ihre Grundversorgung erhalten.

Asylwerber:innen dürfen in Österreich nicht arbeiten, außer das Arbeitsmarktservice erteilt nach individueller Prüfung eine Beschäftigungsbewilligung. Derzeit besteht die Möglichkeit, sie für kommunale Arbeiten einzusetzen, "diese werde aber zu wenig genutzt", so Hattmannsdorfer zu den "Oberösterreichische Nachrichten".

Ein Beispiel dafür ist das Rasenmähen in Gemeinden. Das erfolgt auf freiwilliger Basis und ist mit 22 Stunden pro Monat begrenzt. Die Asylwerber erhalten dafür drei bis fünf Euro pro Stunde. In Oberösterreich arbeiten derzeit rund 200 Personen auf dieser Basis.

Zwang als "Integration"

"Wir wollen nicht, dass Asylwerber den ganzen Tag ohne Beschäftigung herumsitzen", so Hattmannsdorfer, verpflichtende kommunale Tätigkeiten würden die "Integration von Tag eins an ermöglichen". Er hat dabei vor allem jene Asylwerber im Fokus, die eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit haben. Prinzipiell will er aber alle verpflichten, mit einigen Ausnahmen wie Kinder, Alte oder Schwangere. Zudem solle es eine Sanktionsmöglichkeit geben.

Bessere Versorgung für Asylwerber mit Behinderungen

Für die Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen werden derzeit Tagsätze von 95 Euro bezahlt. Dies soll auf 112 bzw. 130 Euro in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (unter anderem mit einem besseren Betreuungsschlüssel) angehoben werden, teilte die burgenländische Flüchtlingsreferentin Daniela Winkler (SPÖ). Für "Menschen mit Sonderbetreuungsbedarf", also Asylwerber mit Behinderungen, Kranke oder Pflegebedürftige soll der monatliche Kostenersatz von 2.480 Euro auf 3.360 Euro angehoben werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Bei der Flüchtlingskonferenz der Bundesländer fusionierten SPÖ und ÖVP ihre Anträge.
  • Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will seit 2015 ein "Sozialjahr" für Asylwerbende.
  • Oberösterreichs Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will Asylwerbende nun zu sozialen Tätigkeiten verpflichten, sonst sollen sie keine Grundversorgung mehr bekommen.
  • Die Vorschläge wurden fusioniert, mit der Bedingung der SPÖ-Landesräte, dass Nicht-Teilnahme nicht Sanktioniert wird.
  • Rechtlich wird der Vorstoß nun vom Innenministerium geprüft.