"Aktionstag Bildung" für mehr Ressourcen an den Schulen
Bei immer weniger Ressourcen müssten derzeit immer mehr Herausforderungen bewältigt werden. Die Strukturen seien außerdem alles andere als zeitgemäß, so die Organisatoren - von Lehrergewerkschaften über Bildungsinitiativen und Behindertenverbände bis zur Kindergarten-Plattform NEBÖ und der Österreichischen HochschülerInnenschaft. Politische Unterstützung für den Aktionstag kam schon im Vorfeld von SPÖ, NEOS und den Wiener Grünen.
"Wir haben ein Schulsystem, das ausschließt und aussondert - da kann sich die einzelne Lehrerin noch so bemühen, jedes Kind individuell zu stärken", kritisierte Angelika Weikmann von der Initiative Gemeinsame Bildung 2.0 gegenüber der APA. Kinder und Jugendliche mit Behinderung würden von gemeinsamer Bildung ausgeschlossen, Kinder aus bildungsfernen Schichten hätten immer noch weniger Bildungschancen. "Es braucht einen gesamtgesellschaftlichen Diskussionsprozess darüber, welches Bildungssystem wir heute brauchen." Wenn der Lehrberuf wieder öfter als sinnstiftend erlebt werde, dann würden auch wieder mehr Junge den Lehrberuf ergreifen und dort bleiben.
Aktuell seien allerdings immer mehr Lehrerinnen und Lehrer frustriert über die Rahmenbedingungen an den Schulen, berichtete der Wiener Pflichtschullehrervertreter Bernd Kniefacz (ÖLI-UG). In den Volksschulklassen etwa säßen bis zu 25 Kinder, gleichzeitig hätten die Lehrer zu wenig Unterstützung und Ressourcen - "da ist nicht mehr viel möglich". Maßnahmen des Bildungsministeriums - Mittel für zusätzliche Sekretariatskräfte, Schulpsychologen und Sozialarbeiter oder zuletzt weitere Entlastungen bei Bürokratie und Administration - seien "kleine Schritte in die richtige Richtung". Man könne aber einen Flächenbrand nicht mit einem Kübel Wasser löschen.
Notwendig wären etwa kleinere Klassen, in der Volksschule mit Doppelbesetzung, forderte Bildungsaktivist Michael Wagner von "Bessere Schule Jetzt". Großes Ziel sei ein "besseres Schulsystem", in dem Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung acht oder neun Jahre lang gemeinsam lernen. Auch die Inhalte müssten in Zeiten von rasantem Wissenszuwachs und KI hinterfragt werden, "das heutige Schulsystem adressiert nicht mehr, was wir brauchen".
Aktionen wurden für Donnerstag in St. Pölten, Graz, Steyr, Innsbruck und Bregenz angekündigt. In Wien startet um 16 Uhr ein Demozug vom Sigmund-Freud-Park durch die Innere Stadt mit - nach Veranstalterangaben - rund 2.000 Teilnehmern. Beim ersten Aktionstag vor einem Jahr waren mehrere tausend Teilnehmende dem Aufruf der Organisationen gefolgt.
Die Freizeitpädagogen von "Bildung im Mittelpunkt" (BiM), die an mehr als 140 öffentlichen Volksschulen den Freizeitteil gestalten, haben im Rahmen des Aktionstags auch mit Dienststellenversammlungen gegen die geplante Umgestaltung der Freizeitpädagogik protestiert. In den übrigen Bundesländern waren keine Aktionen angekündigt.
Ziel der Reform ist, dass sich die Freizeitpädagogen nicht mehr nur im reinen Freizeitteil (in der Regel nachmittags) um die Schülerinnen und Schüler kümmern, sondern sie auch am Vormittag etwa beim Üben unterstützen oder bei Lehrausgängen begleiten können. Außerdem soll das gesamte pädagogische Personal an den Pflichtschulen (v.a. Volks- und Mittelschule) über den Stellenplan beim Land und nicht mehr über externe Organisationen angestellt werden, durch das neue Modell soll es auch erstmals langfristige Finanzierungssicherheit geben. Der BiM-Betriebsrat befürchtet durch die Reform indes Verschlechterungen und eine Abwertung der Freizeitpädagogen und hält ab 14 Uhr Betriebsversammlungen ab, die Nachmittagsbetreuung fällt deshalb mancherorts aus.
Aktuell laufen Abstimmungen des Bildungsministeriums mit den Ländern und Gemeinden zur Freizeitpädagogik-Reform, Ressortchef Martin Polaschek (ÖVP) hat sich - wie im Rahmen der Finanzausgleich-Verhandlungen vereinbart - einen Beschluss noch vor dem Sommer zum Ziel gesetzt. In der Gewerkschaft ist man zuletzt allerdings nicht von einer baldigen Einigung ausgegangen. Sozialwirtschaft Österreich, der größte Verband österreichischer Sozial- und Gesundheitsunternehmen, hat am Donnerstag per Aussendung vor einer "Verstaatlichung" der Freizeitpädagogik gewarnt. Durch diese könne man Probleme wie die fehlende Finanzierungssicherheit etwa für die Gemeinden oder den Personalmangel nicht lösen, der Entwurf des Ministeriums würde vielmehr ein funktionierendes System gefährden.
(S E R V I C E - https://aktion-bildung.at)
Zusammenfassung
- Rund 50 Organisationen und Initiativen forderten beim 'Aktionstag Bildung' bessere Rahmenbedingungen und inklusive Bildung. In Wien nahmen rund 2.000 Menschen teil.
- Lehrer sind frustriert über die unzureichenden Ressourcen und Unterstützung. In Volksschulklassen sitzen bis zu 25 Kinder, was effektiven Unterricht erschwert.
- Freizeitpädagogen protestieren gegen die geplante Reform, die sie auch vormittags einbinden soll. Sozialwirtschaft Österreich warnt vor einer Verstaatlichung der Freizeitpädagogik.