APA/APA/Th. Werk/Sandra Fockenberger

"Unwalling the wall" als Theateressay für die Wenigen

11. März 2025 · Lesedauer 3 min

Yosi Wanunu macht gleich zu Beginn klar, dass ihm dieser Abend sehr am Herzen liegt. Dass er mit "Unwalling the wall" auch fordern wird, gibt er ebenso unumwunden zu. Und recht sollte er behalten, spendet das Premierenpublikum im Theater am Werk in Wien-Meidling am Ende doch nur erschöpften Applaus. Serviert bekam es vom Regisseur einen zweistündigen, weitgehend in Monologform gehaltenen subjektiven Vortrag über den israelisch-palästinensischen Konflikt.

Dieser ist hochkomplex und wird auf unterschiedlichste Weise wahrgenommen. Wanunu, selbst in Israel geboren und mittlerweile auch österreichischer Staatsbürger, beschränkt sich darauf, seine Sicht der Dinge zu erzählen. Bei Einwänden, Anregungen oder dergleichen stehe ein Mikrofon zur Verfügung, erklärt der Regisseur und schickt nach, man solle sich im Falle des Falles kurz halten, denn man habe auf der Bühne viel vor.

Letztlich macht niemand von der Möglichkeit, selbst das Wort zu ergreifen, Gebrauch. Also kann der Abend abseits von Tonproblemen und der einen oder anderen Textunsicherheit fließen. Und dieser Fluss entspringt weit in der Vergangenheit, als schon die Briten Interesse an dem heutigen israelisch-palästinensischen Gebiet hegten und keine Rücksicht auf die dortige Bevölkerung nahmen. Später bewegt sich Wanunu zur Gründung des Staates Israel und gegen Ende auch zum Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023 vor. Auch ein kurzer Ausflug ins Jahr 2028 wird vorgenommen, aber rasch wieder beendet, um im Jetzt über das Theater in Zeiten des Krieges nachzudenken.

Einen stringenten Faden hat sein Essay, der mit einer Vielzahl von Zitaten diverser Philosophen, Militärstrategen, Staatenlenkern und Co. gespickt ist, nicht. Vielmehr beleuchtet er verschiedene Aspekte und verbindet sie lose, wobei sich der Theatermacher speziell am israelischen Militär und deren Strategien kritisch abarbeitet. So wird etwa die Kriegsführungstaktik des "Durch-Wände-Gehens" breit thematisiert. Dabei bewegen sich Soldaten horizontal und vertikal durch private Wohnräume und verharren mitunter tagelang in der Wohnung von Zivilisten - praktisch, wenn dort ein Fernseher vorhanden ist.

"Billiges Theater" zur Veranschaulichung

Schauspielerinnen und Schauspieler aus dem Kollektiv toxic dreams stehen Wanunu, der wie ein bei einer Vorlesung auf- und abwandernder Professor wirkt, zur Seite. Sie sollen mit "billigem Theater" das Gesagte veranschaulichen, streifen mit Kartonwaffen um Häuserecken, zerstören mit Hammer und Säge dünne Wände oder bewegen sich durch die Publikumsreihen. Mehrwert hat das allerdings nur selten, sondern lenkt weit öfter von den komplexen, durchgehend auf Englisch vorgetragenen Ausführungen ab. Am eindrücklichsten fällt noch aus, wenn ein gänzlich aus Karton aufgebauter Raum schrittweise in sich zusammenbricht und die Schauspieler unter sich begräbt.

Wanunu liefert mit "Unwalling the wall" letztlich einen weiteren Blickwinkel auf einen nicht enden wollenden Konflikt. Verwoben mit persönlichen Erfahrungen zeigt der Regisseur durchaus interessante Aspekte auf. Am Ende schwirrt jedoch der Kopf. Zu sprunghaft, komplex, ausufernd und letztlich ermüdend ist der Gedankenstrom, um zwei (lange) Stunden bei der Sache zu bleiben. Es war ein Versuch mit ungewissem Ausgang, räumt Wanunu am Ende ein. Für manche mag er zünden, für die breite Masse wohl kaum.

(Von Lukas Wodicka/APA)

(S E R V I C E - "Unwalling the wall (A theatrical essay)" von toxic dreams, Koproduktion mit dem Theater am Werk, Text und Inszenierung: Yosi Wanunu, mit Tom Crawley, Marietta Dang, Susanne Gschwendtner, Paul Horn, Tobias Resch, Anat Stainberg, Michael Strohmann, Florian Tröbinger, Yosi Wanunu, Markus Zett. Musik/Sound: Michael Strohmann, Video: Nira Pereg, Michael Strohmann. Raum/Bühne: Paul Horn. Produktion Kornelia Kilga. Weitere Termine im Kabelwerk am 11., 12., 13., 14. und 15. März, jeweils 19.30 Uhr. https://www.theater-am-werk.at/)

Zusammenfassung
  • Yosi Wanunu präsentierte im Theater am Werk in Wien-Meidling mit 'Unwalling the wall' einen zweistündigen Monolog über den israelisch-palästinensischen Konflikt, der vom Publikum erschöpften Applaus erhielt.
  • Der Vortrag kritisierte insbesondere die israelische Militärstrategie des 'Durch-Wände-Gehens', wobei Soldaten durch private Wohnräume operieren.
  • Die Inszenierung, unterstützt durch Schauspieler von toxic dreams, wurde als komplex und ermüdend beschrieben, was für die breite Masse wohl kaum zündete.