Franui spielte Geburtstagsständchen im Wiener Konzerthaus
Wenn Franui antritt, dann ist nichts wie sonst. Dann heißen die einzelnen Programmabschnitte "Vorvorletzter Teil", "Vorletzter Teil" und "Letzter Teil", dann tritt am Anfang eine Putzfrau auf, die mit ihrem Wedel Staubwolken über dem Konzertpodium aufsteigen lässt. Ein eingebildeter Dirigent gibt mit großer Geste den Einsatz, den aber niemand befolgt, und wird von Franui-Mastermind Andreas Schett mit sanfter Bestimmtheit nach Hause geschickt.
Putzfrau und Dirigent waren Maskenspieler der Berliner Gruppe Familie Flöz, und die wiederum hat gemeinsam mit Franui und Tenor Julian Prégardien den Abend "Himmelerde" ersonnen, eine Stückentwicklung zu Liedern der deutschen Romantik, die 2019 an der Staatsoper Berlin herausgebracht wurde und gestern erstmals auszugsweise in Wien zu sehen und hören war. Denn so wie bei ihrem "Hoch Kultur Festival" im August, das insgesamt 7.000 Besucher anzog, stellte die Gruppe auch diesmal ihre vielfältigen Kollaborationen in den Mittelpunkt. Waren es auf der Alm etwa Shake Stew, Anna Mabo oder der isländische Klassik-Shootingstar Vikingur Olafsson (der seine auf 1.673 Metern Seehöhe dargebotenen "Goldberg-Variationen" im Rahmen seiner Welttournee auch am 3. und 4. November im Konzerthaus spielen wird), die als Geburtstagsgäste eingeladen wurden, so standen diesmal drei Produktionen im Mittelpunkt.
Neben "Himmelerde" waren das Schnitzlers "Reigen", 2019 erstmals gemeinsam mit Regina Fritsch und Sven-Eric Bechtolf als musikalisch-literarischer Abend aufgeführt, sowie die freie Bearbeitung des 1929 gedrehten Stummfilms von Paul Czinner zu Schnitzlers Novelle "Fräulein Else" mit musikalischen Intermezzi von Franui und "drübergesprochenen" Dialogen von maschek, die 2021 erstmals gezeigt wurde. Doch Franui entschieden sich, die drei Bestandteile nicht hintereinander darzubieten, sondern als miteinander verwobenes Patchwork. Was nicht nur zur Folge hatte, dass nach dem eingangs zelebrierten Doppel zweier Messen von Franz Schubert und Werner Pirchner die Musik eher häppchenweise dargeboten wurde, sondern auch, dass Stimmungen und erzählerische Fäden immer wieder zerrissen wurden.
Dazu kommt, dass sowohl bei Bechtolf und Fritsch als auch bei maschek der kabarettistisch-parodistische Zugriff dominierte, bei "Fräulein Else" gar ins Absurde abdriftete, sodass die musikalischen Perlen, eigenwillige Interpretationen von Schubert und Schumann, Satie und Bartok, Beethoven und Brahms, gar keine rechte Leuchtkraft entfalten konnten. Das Ende jedoch, mit Liedern von Mahler und Schubert, berückend dargeboten von Prégardien, und einer berührenden Stummfilmhandlung der Familie Flöz, ging direkt ins Herz. Die Fanatiker von Franui sind eben doch mehr Romantiker als Komiker. Und das ist - trotz allen musikalischen Wagemuts - auch richtig so.
(S E R V I C E - www.franui.at )
Zusammenfassung
- Nach dem dreitägigen Geburtstagsfest im August auf der Unterstalleralm im Osttiroler Innervillgraten schenkte die Musicbanda Franui am Samstagabend sich und ihren Freunden ein dreieinhalbstündiges "Ständchen der Dinge" zum 30-jährigen Bestehen.
- Das Ende jedoch, mit Liedern von Mahler und Schubert, berückend dargeboten von Prégardien, und einer berührenden Stummfilmhandlung der Familie Flöz, ging direkt ins Herz.