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"Don Giovanni"-Regisseur feilte für Salzburg an Form

Den Auftakt des szenischen Opernreigens bei den Salzburger Festspielen gestaltet am 28. Juli der italienische Regisseur Romeo Castellucci mit der Neueinstudierung seiner Interpretation von Mozarts "Don Giovanni" aus 2021, die damals mit ihrer Positionierung in einem gigantischen, leeren Kirchenraum polarisiert hat. Die diesjährige Inszenierung werde jener vor drei Jahren ähnlich sein, "erwarten sie sich keinen anderen Don Giovanni", erklärte er am Mittwoch in Salzburg.

Die Inszenierung werde komplex und vielschichtig bleiben, sagte Castellucci vor Medienvertretern. "Die Oper Don Giovanni ist wie ein Ozean, man kann ein Leben lang daran arbeiten." Castellucci bedankte sich bei den Salzburger Festspielen, ein zweites Mal diese Oper in Salzburg inszenieren zu können. Einige Dinge, die ihm in seiner damaligen Inszenierung nicht so gefallen haben, habe er in Ordnung bringen können. "Ich konnte an der Form feilen. Der Unterschied ist nicht besonders groß", ließ er sich in die Karten blicken.

Castellucci ist erneut für Bühne, Kostüme und Licht verantwortlich. Für ihn sei es ganz natürlich, die Bühne als eins, als eine Einheit zu betrachten, erläuterte er. Es gehe auch darum, Dinge zu verstecken. Da entstünde eine erotische Verbindung zum Publikum, das ergänzen könne, was fehlt. Die Fülle an Einfällen in der szenischen Gestaltung dürften auch diesmal nicht fehlen. Der Regisseur setzt auf die Aussagekraft von Symbolen. 2021 gab es ein Auto, einen lebendigen Ziegenbock, und über 100 Salzburger Statistinnen auf der Bühne, die einen stummen Frauenchor darstellten.

Symbole würden helfen, mit dem Publikum zu kommunizieren. "Symbol ist ein vielschichtiges Wort, das eint. Don Giovanni ist aber diabolisch, er ist allzerstörerisch wie ein Kind", schilderte Castellucci seine Sichtweise." Schuld, Strafe und Erlösung seien vielleicht gemeinsame Elemente des Don Giovannis mit dem "Jedermann". Bei Don Giovanni sei der kulturelle und historische Hintergrund anders, da gebe es verschiedene Interpretationen, es sei die Zeit der französischen Revolution, des Umbruchs. Die Verdammnis selbst sei die Befreiung Don Giovannis, er werde dadurch ein freier Mann.

Die drei Frauenrollen Donna Anna (erneut von Nadezhda Pavlova verkörpert, Anm.), Donna Elvira und Zerlina spielten in die Kindheit des Don Giovannis hinein. Donna Anna sei das Objekt der Begierde, aber unmöglich zu haben, weil sie jemand anderem gehöre. Elvira sei das Gegenteil. "Don Giovanni kennt sie, sie ist ihm ein zweites Mal begegnet, und das macht ihm Angst." Zerlina verkörpere das Instinktive, sie sei wie eine Frucht der Erde, er brauche sie nur zu pflücken. Don Giovanni sei aber die "Einsamkeit", er werde melancholisch und suche auf völlig übertriebene Weise was fehlt: "Es ist seine Mutter."

Am Dirigentenpult wird erneut Teodor Currentzis stehen. Es sei auch immer wieder schön, Mozarts Musik zu hören, sagte Castellucci. "Man entdeckt immer wieder etwas Neues. Das ist typisch für Mozart, dass immer etwas neu ist." Davide Luciano, der wieder die Titelpartie übernimmt und sich bei Festspielintendant Markus Hinterhäuser bedankte, dass er nun zum zweiten Mal hier sein dürfe, kommt ebenfalls ins Schwärmen, wenn über Mozart gesprochen wird. "Die Musik ist einmalig, visionär, auch wenn man den Kontext betrachtet." Es gebe verschiedene Charakteristika, das Komische, Dramatische, Übernatürliche, Abstrakte. Die Musik habe die Fähigkeit, die Gefühle der Menschen anzusprechen. "Jeder Takt ist ehrlich."

Ein Künstler müsse sich vor allem selbst finden, wenn er eine Rolle interpretiert, sagte Luciano. "Ich habe tief in mir gegraben", da würden auch Elemente einer schwierigen Vergangenheit helfen. "Die Unruhe in der Figur des Don Giovanni zu finden, ist nicht schwierig für mich gewesen." Dass er im Jahr 2013 erstmals bei dieser Oper mitwirken konnte und den Leporello gesungen hatte, habe ihm geholfen, Don Giovanni zu erkennen. Nach diesen zehn Jahren sei er reifer geworden, er habe an der Figur feilen und die Rinde abkratzen können, um an den Kern der Figur vorzustoßen.

Festspielintendant Markus Hinterhäuser erklärte heute erneut, dass er "ein Anhänger von"Wiedereinstudierungen" sei. Es sei interessant, dass Dinge ihre Zeit brauchen würden, und manchmal solle man geduldig sein.

(S E R V I C E - "Don Giovanni" von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretto von Lorenzo Da Ponte, Musikalische Leitung: Teodor Currentzis, Regie, Bühne, Kostüme und Licht: Romeo Castellucci, Choreografie: Cindy Van Acker, Utopia Orchestra und Utopia Choir. Mit: Davide Luciano - Don Giovanni, Dmitry Ulyanov - Il Commendatore, Nadezhda Pavlova - Donna Anna, Julian Pregardien - Don Ottavio, Federica Lombardi - Donna Elvira, Kyle Ketelsen - Leporello, Ruben Drole - Masetto, Anna El-Khashem - Zerlina. Großes Festspielhaus, Premiere 28. Juli. Weitere Aufführungen: 6., 9., 11., 14. und 19. August, www.salzburgerfestspiele.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Romeo Castellucci inszeniert Mozarts 'Don Giovanni' erneut bei den Salzburger Festspielen am 28. Juli.
  • Die Inszenierung von 2024 ähnelt der von 2021, jedoch mit einigen Anpassungen.
  • Castellucci betont die Komplexität und Vielschichtigkeit der Oper und gestaltet Bühne, Kostüme und Licht.
  • Teodor Currentzis dirigiert erneut die Oper, und Davide Luciano übernimmt wieder die Titelrolle.
  • Weitere Aufführungen finden am 6., 9., 11., 14. und 19. August im Großen Festspielhaus statt.