Wegen Corona 13 Prozent weniger Mammographien im Vorjahr
Daten zu den Auswirkungen gibt es auch laut Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres noch nicht. Einzelfälle seien aber bereits zu beobachten. "Patienten sind mit fortgeschritteneren Erkrankungen ins Spital gekommen, als das vorher der Fall war", sagte Szekeres in dem Online-Gespräch. "Wenn ich einen Tumor nicht rechtzeitig erkenne, dann kann es sein, dass ich ihn nicht mehr wirkungsvoll behandeln kann", warnte der Mediziner.
Allein im zweiten Quartal 2020 führten die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus dazu, dass die Vorsorgeuntersuchungen insgesamt um fast 40 Prozent zurückgingen, berichtete Huss. Im ganzen Jahr 2020 wurde das allgemeine Untersuchungsprogramm, die sogenannte Gesundenuntersuchung, um elf Prozent weniger in Anspruch genommen, als im Jahr davor. Das seien 95.000 Durchuntersuchungen weniger als im Jahr davor, erläuterte der ÖGK-Vizeobmann. Hier drohe "sicher Schlimmes für einen Teil dieser Menschen".
Auch die gynäkologischen Untersuchungen gingen 2020 zurück, acht Prozent betrug das Minus bei den PAP-Abstrichen. Hörgeräte wurden gar 12,5 Prozent weniger ausgegeben. Bei den Vergleichszahlen von 2020 zu 2019 handelt es sich laut Huss um Hochrechnungen, da die Daten aus dem vierten Quartal noch fehlten und geschätzt werden mussten. Auch bei Rehabilitationen und Kuraufenthalten gab es Rückgänge.
"Wir müssen die Nebenwirkungen der Pandemie genau so bekämpfen wie das Coronavirus", forderte die leitende ÖGB-Sekretärin Ingrid Reischl. Frühe Prognosen, dass der Rückgang bei den Vorsorgeuntersuchungen im zweiten Halbjahr 2020 aufgeholt werde, seien nicht eingetreten. Reischl rief vor allem jene Frauen auf, die Einladungen zu Mammographien erhalten, diese "unbedingt zu machen". "Corona ist zwar eine schwere Krankheit, aber nicht die einzige Krankheit, an der die Menschen leiden", sagte auch Szekeres. "Bitte gehen Sie zu Kontrolluntersuchungen!"
"Was uns ganz besonders beschäftigt, sind die psychischen Belastungen der Menschen in der Pandemie", erläuterte Huss. Viele Kinder und Jugendliche hätten Depressionserscheinungen, weil sie mit Freunden und Verwandten nicht mehr zusammenkommen. Aber auch die erwachsene Bevölkerung sei betroffen. Die Stigmatisierung psychischer Probleme sei allerdings durch die Pandemie und viele Berichte in den Medien aufgebrochen worden. Auf die Therapeuten und Einrichtungen gehe jetzt ein "großer Run los". Da brauche es "einen massiven Ausbau", forderte Huss.
Von weltweiten Auswirkungen der Pandemie auf die Zahngesundheit berichtete am Donnerstag auch die FDI World Dental Federation in einer Aussendung. Zahlreiche Menschen würden Routineuntersuchungen meiden und erst dann zum Zahnarzt gehen, wenn sie starke Schmerzen haben. "Die Einschränkungen haben sicherlich eine Rolle bei der Zurückhaltung in Sachen Mundgesundheit gespielt, das ist jedoch längst nicht alles", erläuterte FDI-Präsident Gerhard Konrad Seeberger. Durch die veränderten Tagesabläufe würden viele Menschen mehr zwischen den Mahlzeiten zu Hause naschen und das zweimalige Zähneputzen pro Tag vernachlässigen.
Zusammenfassung
- Die Zahl der Mammographien und Koloskopien ist im Vorjahr jeweils um rund 13 Prozent zu 2019 zurückgegangen.
- "Die Folgeerkrankungen werden erst auftauchen", sagte ÖGK-Vizeobmann Andreas Huss.
- Im ganzen Jahr 2020 wurde das allgemeine Untersuchungsprogramm, die sogenannte Gesundenuntersuchung, um elf Prozent weniger in Anspruch genommen, als im Jahr davor.
- Das seien 95.000 Durchuntersuchungen weniger als im Jahr davor, erläuterte der ÖGK-Vizeobmann.