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Waffenverbotszone in Wien-Favoriten wirkt und geht weiter

Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl hat im Interview mit der APA angekündigt, die Waffenverbotszone in Wien-Favoriten wie auch jene am Praterstern in der Leopoldstadt weiter zu verlängern. Gleichzeitig äußerte er Unverständnis, warum es nicht österreichweit ein Waffenverbot gibt. "Sowohl in Inner-Favoriten wie auch am Praterstern hat sich gezeigt, dass sich die Szene beruhigt hat und die Gewaltkriminalität leicht im Sinken begriffen ist", sagte Pürstl.

Seit dem Inkrafttreten der Waffenverbotszone in Favoriten wurden bis Jahresende 118 verbotene Waffen und waffenähnliche Gegenstände sichergestellt, davon waren 80 Messer, so Pürstl. "Das Waffenverbot war sicher die richtige Maßnahme, und wir werden es auch verlängern." Interessant werde der Vergleich April, Mai, Juni 2025 mit dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres sein, wenn sich das Leben wieder verstärkt im öffentlichen Raum abspielt. "Es ist immer schwierig, den Mai mit dem Oktober zu vergleichen." Als Nebeneffekt zeigte sich, dass es mehr Anzeigen im Bereich der Suchtmittelkriminalität gab. "Das ist aber auch ganz klar", erläuterte der Landespolizeipräsident. "Suchtgiftkriminalität ist ein Kontrolldelikt. Wo es mehr Kontrollen gibt, wird auch die Zahl der Anzeigen steigen."

In der Waffenverbotszone Praterstern, die schon deutlich länger als jene in Favoriten existiert, gab es im gesamten Vorjahr 95 sichergestellte Waffen, davon 73 Messer. 2023 waren es 108 sichergestellte Waffen am Praterstern, davon 92 Messer. Dort gehe es mittlerweile auch relativ ruhig zu.

Pürstl sprach sich für ein Waffen- oder jedenfalls ein Messertrageverbot in ganz Österreich aus, "jedenfalls im Ortsgebiet". "Dort, wo die Menschen auf engem Raum zusammenleben, dort ist ja überhaupt nicht einzusehen, dass irgendjemand mit einem Messer bewaffnet durch die Gegend geht." Man könne das auch so ausgestalten, dass es hier nicht zu Härtefällen komme: etwa für jene, die ohnehin Waffenbesitzkarten oder Jagdkarten haben, oder wer im öffentlichen Raum grillen will. "Da gibt es ja fertige Entwürfe, die man eigentlich nur beschließen müsste, und ich würde das für sinnvoller halten als so einen Fleckerlteppich mit da einer Zone und dort einer Zone, wo das verboten ist."

Weitere Waffenverbotszonen sind derzeit nicht geplant, aber die Wiener Polizei wird auch 2025 starkes Augenmerk auf den öffentlichen Raum legen, kündigte Pürstl an."Das werden wir in diesem Jahr beibehalten: Wir haben seit vielen Jahren in unserer Schwerpunktsetzung immer den öffentlichen Raum an erster Stelle, weil ich der Meinung bin, dass das, was sich in der Öffentlichkeit abspielt, der Faktor ist, der das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung am meisten beeinträchtigt." Zwischen 2005 und 2010 sei das ein bisschen anders gewesen, der Polizeipräsident verwies auf die sehr hohen Zahlen bei Wohnungs- und Wohnhauseinbrüchen mit 10.000 bis 12.000 Fällen pro Jahr. "Wir haben heute ein Drittel bis ein Viertel im Wohnungseinbruch im Vergleich zu diesen Jahren."

Das Geschehen im öffentlichen Raum habe sich anders entwickelt: "Es sind mehr Menschen auf der Straße, wir haben mehr Migranten auf der Straße, gerade wenn man von Bezirken wie Favoriten redet", konstatierte Pürstl. Da würde sich dann schon die eine oder andere Szene abspielen. "Was wir im Sommer in Inner-Favoriten, in Meidling, zum Teil im 20. Bezirk hatten, sind so Auswüchse, die die Menschen auch nicht so gern sehen", spielte Wiens Polizeichef auf die ethnischen Auseinandersetzungen von teils größeren Gruppen in der Öffentlichkeit an. "Wenn es zu Messerstechereien kommt oder zu Videoaufnahmen, die sich dann über die sozialen Medien verbreiten, wo sich ganze Jugendgruppierungen prügeln, schlagen oder Ähnliches, da muss man als Polizei Flagge zeigen. Das haben wir auch gemacht. Sämtliche Straftaten in diesem Zusammenhang, die im Juli passiert sind, sind aufgeklärt worden. Alle Raubüberfälle, die ganzen Körperverletzungen sind restlos aufgeklärt worden."

Im Fokus der Wiener Polizei werden Plätze und auch die Verkehrsknotenpunkte wie zum Beispiel Bahnhöfe - Hauptbahnhof, Westbahnhof, Floridsdorf, Praterstern, Meidling - stehen. "Dort gehen die Leute vorbei, was man dort sieht, nehmen die Menschen wahr", betonte Pürstl. "Wenn sich die Leute wo nicht wohl und sich unsicher fühlen, da kann man hundertmal sagen, da passiert nichts, die Statistik ist so gut. Wenn es einem keiner glaubt, hat man nichts davon."

Der Landespolizeipräsident widersprach medialen Darstellungen des vergangenen Sommers, dass die ethnischen Auseinandersetzungen im vergangenen Sommer von älteren Vertretern der Communities untereinander beendet wurden und sich die Polizei das Heft des Handelns aus der Hand habe nehmen lassen. "Nur weil irgendwer was medial verbreitet, stimmt es ja noch lange wird. Ich bin schon dafür, dass die Menschen untereinander reden und dass es vielleicht Vernünftige in einer Gruppierung gibt, die auf die Jungen einwirken. Aber das was da transportiert worden ist, die hätten das geregelt und die polizeilichen Aufgaben übernommen, das hat ja so überhaupt nicht gestimmt."

Clanprobleme, wie es sie in Deutschland gibt und wo die Beteiligten dazu tendieren, zur Regelung von Konflikten nicht die Polizei hinzuzuziehen, "haben wir eher noch nicht zu bemerken", sagte Pürstl. "Wir lassen auch überhaupt keinen Zweifel daran, dass wir derartige Dinge nicht aufkommen lassen wollen."

Nicht zuletzt in der Wahlkampfzeit kam nach spektakulären Fällen im vergangenen Jahr eine Diskussion um die Altersgrenze bei der Strafunmündigkeit auf. So wurde Ende des vergangenen Winters der Fall einer Zwölfjährigen bekannt, die von mehreren Kindern und Jugendlichen missbraucht worden sein soll. Im Frühjahr wurden außerdem die Aktivitäten zahlreicher großteils Strafunmündiger bekannt, auf deren Konto zahlreiche Einbrüche, vor allem in Autos, gehen sollen. Nach einer erst vor kurzem veröffentlichten weiteren Bilanz werden der Gruppe mittlerweile rund 1.200 Fakten zugerechnet. Im Fall der Zwölfjährigen gab es übrigens bei den bisher vor Gericht verhandelten Fakten keine Verurteilungen.

"Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass die Straftaten durch Unmündige im Steigen begriffen sind", konstatierte der Landespolizeipräsident. Die nackten Zahlen hätten sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, es sei aber die Frage, "ob es nicht noch mehr ist". Pürstl führte in dem Zusammenhang die gestiegene Aufklärungsquote und eine Veränderung der Zählweise an. "Tatsache ist, dass Unmündige vermehrt kriminell werden. Wir haben da einige Fälle, die echte Intensivstraftäter sind. Wir sprechen da von Burschen, die 150, 160 Straftaten im Monat begehen. Spitzenreiter ist ein Bursch mit serbischer Nationalität mit 170 Straftaten im November. Wir haben einen Österreicher mit 140 und einen Syrer mit 100. Alle unmündig."

"Da ist die Handhabe zur Zeit nicht die beste. Wenn das Elternhaus nicht greift, und das tut es da offensichtlich ja nicht, dann ist meistens bei solchen Unmündigen, die auf alles pfeifen, sich an überhaupt keine Regeln halten und zum Teil der Polizei ins Gesicht sagen, 'du kannst mir eh nichts machen" und die Polizisten noch beschimpfen, dann ist es schwierig, den Betreffenden in die Kinder- und Jugendhilfe zu bringen - und dort geht er vorne hinein und hinten wieder hinaus. Da muss natürlich was geschehen", sagte Pürstl.

"Es ist Ansichtssache. Man kann es so oder so sehen, ob man jetzt das Strafmündigkeitsalter senkt oder ob es was nützt, wenn jemand mit zwölf oder 13 Jahren vor einen Richter oder ein Tribunal gestellt wird und eine bedingte Strafe oder eine Jugendstrafe bekommt", betonte der Landespolizeipräsident. "Ich meine, viel wichtiger wäre, man muss sich überlegen, wie man diese Kinder erzieht. Durch erziehende Maßnahmen wäre das ganze Problem viel besser in den Griff zu bekommen. Damit meine ich, dass sie tatsächlich eine Ausbildung, eine Wertehaltung bekommen, Sport. Und natürlich auch, wenn sie solche Intensivtäter sind, dass sie nicht bestimmen, wann sie fortgehen oder wo sie hingehen. Der Staat, der von den Eltern die Erziehung übernehmen muss, weil es nicht anders geht, bestimmt natürlich schon, in welche Richtung das gelenkt wird. Ich glaube, dass man mit guten Erziehungsmaßnahmen viel den jungen Menschen bilden und ihm weiterhelfen kann, als wenn man ihn strafrechtlich verurteilt und in ein Gefängnis steckt."

Die Kernaussage für Pürstl: "Irgendeine Konsequenz müssen die Jungen für ihr Handeln spüren. Und müssen wissen: Wenn ich was anstelle, hat das Folgen." Nur so könne man ihnen auch wieder Perspektiven geben. Der Spitzenbeamte wies aber auch darauf hin, dass es sich da um eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung handle. "Wir sind da ein kleines Rädchen. Wir sind als Polizei in der Prävention nicht untätig. Aber die Polizei kann da nur am Rande etwas tun mit unseren Ressourcen."

Die Gewaltkriminalität sei, wenn man die Analysetools bemühe, im zweiten Halbjahr 2024 im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum 2023 leicht im Sinken begriffen. "Genau vergleichen kann man das aber erst, wenn die Kriminalstatistik 2024 vorliegt", räumte Pürstl ein. Er betonte, dass Gewalt in der Privatsphäre ein Schwerpunkt bleibt, und verwies darauf, dass es unter anderem einen eigenen, rund um die Uhr erreichbaren Journaldienst für Fälle von Gewalt in der Privatsphäre gibt, bei dem Polizistinnen und Polizisten anrufen können, wenn sie zu solchen Auseinandersetzungen gerufen werden. Unter anderem erfolgt dort mit einem Analysetool eine Risikoeinschätzung und gibt den Beamten Handlungsempfehlungen. "Das hat sich sehr bewährt. Das ist noch im Probebetrieb, daran führt aber kein Weg vorbei", sagte der Landespolizeipräsident.

Pro Monat werden in Wien etwa 320 bis 360 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen, ein laut Pürstl seit einigen Jahren relativ konstanter und für eine Großstadt erwartbarer Wert. "Im Augenblick sind die Werte ein bisschen nachlassend, was wir darauf zurückführen dass unsere Maßnahmen in dem Bereich zu greifen beginnen." Der Polizeichef kündigte an, dass die Exekutive weiter großes Augenmerk auf diesen Bereich legen wird.

Die Bilanz der als Mord angezeigten Fälle in Wien im abgelaufenen Jahr bezeichnete Pürstl als "nicht außergewöhnlich": "Ich denke, eine Großstadt, die so zwischen 15 und 25 Morde pro Jahr aufweist, ist ganz gut bedient." Er erinnerte in diesem Zusammenhang einmal mehr an die 1970er- und 1980er-Jahre, als es über 70 vorsätzliche Tötungen in Wien pro Jahr gab. "Das vergangene Jahr war im Rahmen der niedrigen Zahlen aber sicher eines mit einem bisschen höheren Wert mit 23. Eigentlich waren es aber nur 22: Die in einem Keller in Margareten gefundene Person, die offenbar seit Jahrzehnten dort lag, ist jedenfalls nicht im vergangenen Jahr umgebracht worden." Drei Fälle wurden noch nicht geklärt, "ich bin aber guter Hoffnung, dass die einer Klärung zugeführt werden".

Bei den 23 Morden wurden 14 Männer und zwölf Frauen umgebracht - es gab Fälle mit mehreren Opfern. Pürstl führte unter anderem die Bluttat in der Brigittenau an, bei der ein Mann in einem Rotlichtbetrieb drei Frauen umbrachte. Der Tag - es war der 23. Februar - war der blutigste des vergangenen Jahres in Wien: Bereits am Vormittag waren eine Frau und ihr Kind erwürgt in einer Wohnung in Landstraße gefunden worden. Der verdächtige Mann und Kindesvater wurde wenige Tage später tot in einem Waldstück in Slowenien aufgefunden. "Da darf man sich nicht entnerven lassen. Es gibt polizeiliche Alltage, wo in kurzer Zeit sehr viel passiert, und dann ist wieder monatelang nichts. Man muss sich das immer über längere Zeit anschauen", betonte Pürstl. "Irgendwelche hektischen Maßnahmen - das bringt niemandem etwas."

(Das Gespräch führte Gunther Lichtenhofer/APA.)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Waffenverbotszonen in Wien-Favoriten und am Praterstern werden verlängert, nachdem 118 verbotene Waffen in Favoriten sichergestellt wurden, darunter 80 Messer.
  • Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl fordert ein österreichweites Waffenverbot in Ortsgebieten, um die öffentliche Sicherheit zu erhöhen.
  • Im Jahr 2024 wurden in Wien 23 Morde verzeichnet, was als normal für eine Großstadt dieser Größe gilt.
  • Die Polizei widerspricht Berichten, dass ethnische Konflikte im Sommer ohne ihr Eingreifen gelöst wurden.
  • Pürstl betont die Wichtigkeit von erzieherischen Maßnahmen zur Prävention von Jugendkriminalität, da die Straftaten durch Unmündige zunehmen.