Wärme sorgte einst für mehr Korallen am Great Barrier Reef
Das Große Barriereriff erstreckt sich über eine Länge von etwa 2.000 Kilometern und bedeckt dabei eine Fläche fast so groß wie Deutschland und ist ein komplexes Ökosystem. Bisher war jedoch unklar, wie es sich überhaupt entwickeln konnte, denn dazu braucht es einen Überblick über geologische Zeiträume von mehreren 100.000 Jahren. Im Meeresboden gelagerte molekulare Fossilien können aber Erkenntnisse über die Umweltbedingungen der Vergangenheit bergen. Gerald Auer vom Institut für Erdwissenschaften der Universität Graz hat unter der Leitung der Universität Kiel entsprechende Sedimentproben des International Ocean Drilling Program (ODP) untersuchen können, wie die Uni Graz in einer Aussendung berichtete.
Dazu wurden die Sedimentkerne auf den sogenannten Biomarker TEX86 hin analysiert, der auch als "Paläo-Thermometer" bezeichnet wird. Der Biomarker basiert auf den Überresten bestimmter, im Oberflächenwasser lebender Mikroorganismen und lässt auf die Sommer-Temperaturen des Oberflächenwassers im Meer schließen: Die Zusammensetzung ihrer Membran-Lipide verändert sich je nach Temperatur. Sterben die marinen Einzeller ab, sinken sie auf den Meeresboden, wo ihre Lipide und damit auch die Information über die damalige Temperatur im Oberflächenwasser archiviert werden.
Das Team hat aus diesen Werten die klimatischen Begebenheiten des Barriereriffs rekonstruiert: Demnach stiegen vor rund 700.000 Jahren die sommerlichen Wassertemperaturen vor der Küste Australiens von durchschnittlich 26 auf rund 29 Grad Celsius an. Auch in den darauffolgenden Kaltzeiten dürften sie kaum noch unter diese Grenze gefallen sein. "Dieses ideale Wärmefenster begünstigte ein schnelleres Korallenwachstum und zeigt eindrucksvoll, wie sensibel ein Riff auf Temperatur reagiert", fasste Auer die Ergebnisse der Auswertungen zusammen. "Wir konnten weiters zeigen, dass extrem stabile Temperaturen über mehrere Jahrtausende nötig waren, um das Great Barrier Reef überhaupt erst entstehen zu lassen", so der Grazer Forscher, der die Altersdatierung der Bohrkerndaten durchführte.
Warmes Wasser dürfte zwar zu Beginn der Riffbildung günstig gewesen sein, doch zu viel Wärme ist für die Korallen nicht gut: Die Meeresorganismen benötigen eine Wassertemperatur von 25 bis maximal 30 Grad. Steigende Wassertemperaturen stören das enge Gefüge von Korallen und ihren symbiotischen Algen. Wird es den Korallen zu warm, produzieren die auf den Korallen lebenden Algen Giftstoffe und werden abgestoßen. Da die Algen den Korallen die Nahrungsaufnahme ermöglichen, kann das im Lauf der Zeit dazu führen, dass sie verhungern. Bekannt ist dieser Prozess unter dem Begriff "Korallenbleiche". In den vergangenen Jahren häuften sich Berichte darüber weltweit. Vor allem in Australien mit seinen bekannten großflächigen Korallenriffen wird dieser vom Klimawandel beförderte Vorgang zunehmend als Problem erkannt.
Korallenriffe sind für viele Küstenregionen von zentraler Bedeutung. So schützen sie gegen Stürme, sind wegen ihres Fischreichtums für die Ernährung wichtig und ziehen nicht zuletzt Touristen an.
(S E R V I C E - "High sea surface temperatures were a prerequisite for the development and expansion of the Great Barrier Reef" , Science Asdvances, Article DOI: 10.1126/sciadv.ado2058)
Zusammenfassung
- Vor 700.000 Jahren stiegen die sommerlichen Wassertemperaturen vor Australien von 26 auf 29 Grad Celsius, was das Wachstum des Great Barrier Reefs förderte.
- Forschende der Universitäten Kiel und Graz nutzten den Biomarker TEX86, um diese Temperaturveränderungen durch Sedimentproben zu rekonstruieren.
- Stabile Temperaturen über Jahrtausende waren entscheidend für die Entstehung des Riffs, doch zu hohe Temperaturen führen heute zur Korallenbleiche.