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Rein digitale Zahnkorrektur via App mit teuren Folgeschäden

11. März 2025 · Lesedauer 3 min

Die Werbung klingt verlockend: Zahnkorrektur mit schnellen Ergebnissen, von zu Hause aus und viel günstiger als beim Facharzt. Seit 2022 beschwerten sich aber vermehrt junge Erwachsene beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Österreich, die mit solchen "Do-it-yourself"-Verfahren teils schwer gesundheitlich geschädigt worden waren. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte. Dr. Smile als ein im Fokus stehendes Unternehmen zog sich Ende 2024 aus Österreich zurück.

Mit Versprechen wie "gerade Zähne um nur 33 Euro pro Monat" war auf Online-Plattformen wie Instagram und TikTok geworben worden. "Tatsächlich kam es jedoch in vielen Fällen zu schweren gesundheitlichen Schäden", zogen VKI und EVZ am Dienstag Bilanz. Konsumentinnen und Konsumenten klagten über Zahnfleischrückgang, Zahnverlust, Kiefergelenksprobleme, offenen Biss, Tinnitus, Migräne. "Die Folgekosten beliefen sich auf bis zu 10.000 Euro für notwendige Korrekturbehandlungen", so die Verbraucherschützer.

Dr. Smile wurde laut VKI 2017 von Absolventen der Frankfurt School of Finance gegründet und setzte auf ein rein digitales Behandlungskonzept. Nach einem kostenlosen 3D-Scan bei einer Partnerpraxis wurden die Kunden statt von Zahnärzten von Verkäuferinnen und Verkäufern beraten, "auf Provisionsbasis, die zu einem raschen Vertragsabschluss drängten. Die Behandlung selbst erfolgte per App und Foto-Uploads".

Vor dem vollständigen Rückzug des Unternehmens aus Österreichs verbuchten die Konsumentenschützer, die im Auftrag des Sozialministeriums Musterprozesse und Verbandsverfahren führten, juristische Erfolge: Das Wiener Bezirksgericht Donaustadt verhängte eine Geldstrafe von 77.500 Euro, weil die Bewerbung mit "33 Euro pro Monat" weder die Gesamtkosten noch den effektiven Zinssatz korrekt offengelegt hat und damit gegen den vom VKI erwirkten Exekutionstitel verstieß.

Die Kunden wurden auch nicht ausreichend aufgeklärt, wer Vertragspartner wird und daher für allfällige Schäden haftet: Das Handelsgericht Wien verurteilte die Urban Technology GmbH, die nach eigenen Angaben nur Vermittlerin, aber nicht Vertragspartnerin ist, wegen irreführender Geschäftspraktiken. Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien urteilte, dass Dr. Smile in Österreich keine Berechtigung für zahnärztliche Behandlungen hatte. Die Behandlungsverträge wurden für nichtig erklärt. Das Bezirksgericht Liesing stellte fest, dass Konsumentinnen und Konsumenten ein Rücktrittsrecht zusteht, da die Verträge außerhalb von Geschäftsräumen - nämlich per Videoanruf mit Nicht-Zahnärzten - abgeschlossen wurden.

Unregulierte digitale Gesundheitsangebote gefährden Gesundheit

"Dr. Smile hat systematisch Verbraucherrechte verletzt - von irreführender Werbung bis hin zu unzulässigen Vertragsklauseln", schlussfolgerte Barbara Bauer, Juristin in der VKI-Rechtsabteilung. Solche Geschäftsmodelle hätten "in Österreich keinen Platz". Der Fall sei ein Warnsignal, "wie unregulierte digitale Gesundheitsangebote Verbraucherrechte und die Gesundheit gefährden können", betonte EVZ-Österreich-Leiter Reinhold Schranz.

Zusammenfassung
  • Seit 2022 häufen sich Beschwerden über gesundheitliche Schäden durch digitale Zahnkorrekturen, darunter Zahnfleischrückgang und Kiefergelenksprobleme, mit Folgekosten von bis zu 10.000 Euro.
  • Dr. Smile zog sich Ende 2024 aus Österreich zurück, nachdem das Unternehmen wegen irreführender Werbung und unzureichender Aufklärung der Kunden verurteilt wurde, einschließlich einer Geldstrafe von 77.500 Euro.
  • Der Fall Dr. Smile zeigt die Gefahren unregulierter digitaler Gesundheitsangebote, die Verbraucherrechte und Gesundheit gefährden können, wie das Europäische Verbraucherzentrum Österreich betont.