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OÖ will nur 0,8 statt 4,25 Hektar Boden pro Tag verbrauchen

Nachdem OÖ wegen seines Bodenverbrauchs in der Kritik steht, hat das Land nun eine eigene Erhebung präsentiert. Während der WWF zum Ergebnis kommt, dass in OÖ 2022 pro Tag 4,25 Hektar durch Verbauung oder andere intensive Nutzung verbraucht werden, kommt das Land 2020/21 auf 0,8 Hektar Baulandzuwachs durch Umwidmung pro Tag. Die tatsächliche Versiegelung ist unbekannt. Das Regierungsziel, den bundesweiten Bodenverbrauch auf 2,5 Hektar pro Tag zu bremsen, lehnt man weiter ab.

Raumordnungslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) argumentiert, diese Vorgabe würde heruntergebrochen auf die Gemeinden 3.000 Quadratmeter pro Jahr bedeuten und das sei zu wenig, um auch Projekte wie Verkehrswege oder Kindergärten verwirklichen zu können. Wie viel Boden pro Zeiteinheit im Bundesland verbraucht wird, wurde bisher allerdings nicht erhoben. Daher ließ Achleitner nun auf Basis des Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-Systems DORIS Berechnungen anstellen. Das am Dienstag präsentierte "Oö. Raumbild" kommt zum Ergebnis, dass zwischen Februar 2020 und Jänner 2023 pro Tag 0,8 Hektar in Bauland umgewidmet wurden.

Dass der Unterschied zwischen Landes- und WWF-Berechnung so weit auseinanderklafft, führt Michael Resch von der Abteilung Raumordnung darauf zurück, dass die vom WWF herangezogene Berechnungsmethode des Umweltbundesamts alle Nutzungsänderungen als neue Flächeninanspruchnahme werte. Er nannte als Beispiel die Innviertler Gemeinde Tarsdorf, wo 54 Hektar an Streuobstwiesen als Gärten oder Betriebsflächen neu eingestuft worden seien. Er wies zudem darauf hin, dass man Flächeninanspruchnahme nicht mit Flächenversiegelung gleichsetzen könne, denn ersteres umfasse auch Erholungsflächen oder Deponien. Die Versiegelung kenne man derzeit nicht, hier gebe es nur Hochrechnungen. Allerdings erarbeite die österreichische Raumordnungskonferenz ÖROK dazu aktuell Zahlen.

Laut dem nun erstellten "Oö. Raumbild" besteht Oberösterreich zu 92,4 Prozent aus Wald, Grünland und Gewässern. 2,4 Prozent sind Verkehrsflächen, 5,2 Prozent gewidmetes Bauland. Letzteres sei laut Schätzungen der Experten zur Hälfte - also 2,6 Prozent - wirklich versiegelt, rechnete Achleitner vor. Pro Person gebe es 410 Quadratmeter Bauland - hier sind die Verkehrsflächen allerdings nicht inkludiert. Die Baulandreserven sind demnach von 11.755 Hektar im Jahr 2020 auf 11.046 Hektar im Vorjahr zurückgegangen und umfassen insgesamt 18 Prozent des gewidmeten Baulandes. Allerdings gibt es auch Gebäude außerhalb des gewidmeten Baulandes - etwa landwirtschaftliche Bauten, Sportanlagen, Kläranlagen etc.. Diese machen 28 Prozent der insgesamt im Bundesland vorhandenen Gebäudefläche aus. Einem Bevölkerungswachstum von 2,2 Prozent stehe ein Baulandzuwachs von 1,3 Prozent gegenüber.

Die 0,8 Hektar, die täglich umgewidmet wurden, setzt Achleitner dem Regierungsziel von 2,5 Hektar - das sich allerdings auf das gesamte Bundesgebiet bezieht - entgegen, das er weiter als "unrealistisch" ablehnt. 1:1 vergleichbar sind die Zahlen freilich nicht. Der Landesrat betonte, dass man u.a. mit Baulandsicherungsverträgen sicherstelle, dass gewidmetes Bauland tatsächlich genutzt und nicht gehortet werde. Den Gemeinden die Widmungshoheit wegzunehmen hält er aber nicht für zielführend. Auch eine Leerstandsabgabe lehnt er ab, denn er sei "gegen neue Steuern".

Die Grünen sehen in der Berechnung die "x-te Relativierung", das Land "strickt weiter seine eigene Realität", so Umweltlandesrat Stefan Kaineder. Ohne eine klare Obergrenze werde man eine Reduktion des Bodenverbrauchs nicht schaffen. Raumordnungssprecher Rudi Hemetsberger hält es auch für "schlichtweg falsch", dass man dann keine Kindergärten etc. mehr bauen könnte, denn "wir haben hier im Land unfassbar viel brachliegendes Potenzial".

Die stellvertretende Neos-Landessprecherin Nationalratsabgeordnete Karin Doppelbauer sieht in den Berechnungen eine "Nebelgranate". Man werde sich die präsentierten Zahlen noch genau ansehen, vertraue aber grundsätzlich dem Umweltbundesamt. "Widmungen wie sie im Fall von Ohlsdorf (Rodung für umstrittenes Betriebsbaugebiet, Anm.) passiert sind, erwecken grundsätzlich nicht den Eindruck, dass die Raumordnung in Oberösterreich gut funktioniert", so Doppelbauer.

Auch SPÖ-Raumordnungssprecherin Heidi Strauss kritisierte Achleitner, der mit seinen Rechenbeispielen die Glaubwürdigkeit von Oberösterreich verspiele, "denn Tatsache ist, dass wir mehr Boden verbrauchen, als wir sollten. Landesrat Achleitner muss endlich ins Tun kommen und den Flächenverbrauch in Oberösterreich reduzieren, anstatt mit Zahlen zu jonglieren".

Auch der WWF übte Kritik an der Berechnungsmethode: "Das Land Oberösterreich redet von Umwidmungen in Bauland, die jedoch nur einen Teil des aktuellen Bodenverbrauchs abbilden. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen, um den absurd hohen Bodenverbrauch der letzten Jahre schönzurechnen", so WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. Er kritisierte auch, dass Oberösterreich mit seiner Blockadehaltung eine wirksame bundesweite Bodenstrategie verhindere.

Die Wirtschaftskammer lobte hingegen die mit der Erhebung "eingeläutete Versachlichung der Debatte". Man bekenne sich zu einem sorgsamen Umgang mit den vorhandenen Flächen, aber es müsse auch in Zukunft möglich sein, Standorte zu erweitern und Neuansiedlungen vorzunehmen, so Präsidentin Doris Hummer.

ribbon Zusammenfassung
  • Nachdem OÖ wegen seines Bodenverbrauchs in der Kritik steht, hat das Land nun eine eigene Erhebung präsentiert.
  • Während der WWF zum Ergebnis kommt, dass in OÖ 2022 pro Tag 4,25 Hektar durch Verbauung oder andere intensive Nutzung verbraucht werden, kommt das Land 2020/21 auf 0,8 Hektar Baulandzuwachs durch Umwidmung pro Tag.
  • 2,4 Prozent sind Verkehrsflächen, 5,2 Prozent gewidmetes Bauland.
  • 1:1 vergleichbar sind die Zahlen freilich nicht.