ÖAMTC sieht in StVO-Novelle nur bedingte Hilfe für Radfahrer
"Rot ist ein Anhaltegebot, das ist ein starkes, gelerntes Signal im Verkehr, insbesondere für Kinder und das sollte es auch bleiben", zeigte sich ÖAMTC-Experte Martin Hoffer gegenüber einer Aufweichung der Regelung skeptisch. "Ein Eventuell, oder Ja, wenn du geschaut hast" sei vor allem für jüngere Verkehrsteilnehmer verwirrend und eine potenzielle Gefahrenquelle. An Kreuzungen mit hohem Radaufkommen sei aber durchaus das Anbringen von eigenen Spurensignalen und Abbiegeampeln denkbar. "Da kann die Behörde dann gut von Fall zu Fall entscheiden, um wie viel länger man dem Radverkehr Grün gibt", so Hoffer.
Eine Begutachtung von Fall zu Fall wünschte sich der Experte auch bezüglich des geplanten flächendeckend erlaubten Radfahrens gegen die Einbahn. "Es automatisch zu erlauben, wenn bestimmte Rahmenbedingungen am Papier passen, ist keine gute Idee, es muss die Behörde jede einzelne Einbahn auf Sicherheit prüfen können", sagte Hoffer. Besonders wichtig sei dabei auch eine gute Beschilderung, sonst drohe die Gefahr, auf gegen die Einbahn fahrende Radler zu treffen, "wo man nicht mit ihnen rechnet".
Weiterer Bedarf an Nachschärfungen sei bei der Neuregelung des Seitenabstandes beim Überholen geboten: Nun gilt 1,50 Meter im Ortsgebiet und zwei Meter im Freiland, "bisher waren die Vorschriften diesbezüglich situationsbezogen und praxistauglicher". Und auch die Gesetzesnovelle bezüglich des Nebeneinanderfahrens sollte überarbeitet werden. "Weil die neuen Regeln kompliziert sind, könnte generelles Nebeneinanderfahren die Folge sein. Die Fahrbahn soll aber der Fortbewegung, nicht der Kommunikation dienen", so ÖAMTC-Interessensvertreter Bernhard Wiesinger.
Generell sei festzuhalten, dass die neue StVO-Novelle nur knappe sieben Prozent des Unfallgeschehens adressiere, es brauche aber ein umfassendes Maßnahmepaket, das über Rechtsvorschriften hinausgehe, hieß es seitens des ÖAMTC. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf den deutlichen Anstieg bei Unfällen mit E-Bikes gelegt werden, die Gründe dafür seien "mangelnde Praxis, Überschätzung und Probleme mit der Infrastruktur", sagte Hoffer, der auch darauf hinwies, dass die Zahl an Konfliktunfällen etwa zwischen Radfahrern und Pkw stagnieren, die Zahl der selbstverursachten Unfälle aber ansteige. "Die Verbesserung des Fahrkönnens, der Fahrrad-Infrastruktur und der Helmtragemoral" sei daher dringend geboten, so Hoffer.
Kritik an der neuen StVO gab es auch seitens der Stadt Wien, demnach sei die Novelle "für eine Millionenstadt wie Wien nicht praktikabel". Ihre Umsetzung wäre darüber hinaus mit "horrenden Kosten" verbunden - mehr als 130 Millionen Euro wären dann fällig, rechnet die Stadt vor. Bei der generellen Umsetzung würde darüber hinaus die Verkehrssicherheit an einigen Stellen auf der Strecke bleiben. So seien etwa bereits alle Einbahnen, an denen ein Gegen-die-Einbahn-Fahren für Fahrradfahrer praktikabel ist, freigegeben. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Unvereinbarkeit der Novelle mit Natur- und Klimaschutzinteressen der Stadt Wien: "2.400 Bäume müssten dafür gerodet werden", hieß es aus dem Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima.
Zusammenfassung
- Die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) soll Radfahren und Zufußgehen sicherer und attraktiver machen.
- Mit den darin enthaltenen Neuerungen nur bedingt zufrieden zeigten sich nun Experten des Verkehrsclubs ÖAMTC.
- Gänzlich auf Ablehnung stößt das geplante Rechtsabbiegen bei Rot für Radfahrer.
- Eine Begutachtung von Fall zu Fall wünschte sich der Experte auch bezüglich des geplanten flächendeckend erlaubten Radfahrens gegen die Einbahn.