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"Klaustrophobische" Zustände: Arbeiter erzählen von Tunnel-Drama

17 Tage waren 41 Arbeiter in Indien in einem teilweise eingestürzten Tunnel eingeschlossen, bevor sie am Dienstag gerettet werden konnten. Nun erzählen sie erstmals, wie Handyspiele, Yoga und ihre Kameraden die Zeit im "klaustrophobischen" Tunnel prägten.

Mehr als zwei Wochen mussten 41 Arbeiter ohne frisches Wasser und Sonnenlicht in einem 4,5 Kilometer langen Autobahntunnel ausharren. Er war am 12. November teilweise eingestürzt, die Rettungsaktion gestaltete sich als schwierig. Erst am Dienstag konnten alle Arbeiter durch ein Rohr von rund 90 Zentimeter Durchmesser befreit werden

Nach ihrer Rettung teilten die Überlebenden nun die ersten Details des Tunnel-Dramas. Gegenüber dem "Indian Express" schilderte der 32-jährige Chamra Oraon den Einsturz des Tunnels: "Ich rannte um mein Leben, blieb aber auf der falschen Seite stecken. Als klar wurde, dass wir dort für eine lange Zeit festsitzen würden, wurden wir unruhig und hungrig."

"Klaustrophobische" Zustände

Bis sie die ersten Lebensmittel - Reis und Kardamom Samen - durch ein bereits bestehendes Rohr von draußen erhielten, hätten er und die anderen Arbeiter rund 24 Stunden abwarten müssen. "Als wir die ersten Bissen aßen, hatten wir das Gefühl, dass jemand von oben nach uns griff. Wir waren überglücklich", so Oraon. 

Ein anderer Arbeiter erzählte von "klaustrophobischen" Zuständen im Tunnel. Er und seine Kollegen harrten in einem fast neun Meter hohem und zwei Kilometer langen Hohlraum aus. Um sich abzulenken und aktiv zu bleiben, spazierten die Männer auf und ab und machten Yoga.

"Die ganze Zeit hatten wir das Gefühl, der Tod steht neben uns", erzählt Deepak Kumar. 

"Wir lernten einander kennen"

Zum Zeitvertreib spielten sie zudem Ludo am Handy, unterhielten sich miteinander und aßen auch ihre Mahlzeiten gemeinsam. "Wir lernten einander kennen", schildert Oraon. 

Zwar ermöglichten die Rettungsteams telefonischen Kontakt zwischen den Arbeitern und ihren Angehörigen. Deren wachsende Verzweiflung half ihnen aber nicht unbedingt.

"Ich sagte meiner Familie: 'Mir geht es gut und ich bin gesund, macht euch keine Sorgen, alles wird gut, wir kommen bald wieder raus'", berichtet Deepak Kumar. "Aber während ich das sagte, überkam mich manchmal das starke Gefühl, dass ich meine Eltern nicht wiedersehen würde."

Zur körperlichen Hygiene hätten sie das Bergwasser verwendet, so Oraon weiter. Im Tunnel habe es außerdem einen bestimmten Platz gegeben, um sich zu erleichtern.

Vater verlor bereits einen Sohn bei Baustellen-Unfall

Die Freude über die Rettung war nicht nur bei den Arbeitern selbst groß, sondern auch bei ihren Familienmitgliedern. Viele von ihnen hatten tagelang vor dem Tunnel ausgeharrt, um für ihre eingeschlossenen Verwandten zu beten. 

Unter ihnen befand sich auch Chaudhary Lal, er begrüßte seinen 22-jähriger Sohn Manjit überglücklich. Gegenüber Medien hatte er zuvor bereits erklärt, dass er seinem Sohn nie wieder erlauben würde, in einem Tunnel zu arbeiten. Stattdessen wolle die Familie ein kleines Unternehmen gründen oder sich der Landwirtschaft widmen.

"Ich habe bereits einen Sohn bei einem Unfall auf einer Baustelle verloren. Ich könnte es nicht ertragen, einen weiteren zu verlieren", sagte er laut BBC.

ribbon Zusammenfassung
  • 17 Tage waren 41 Arbeiter in Indien in einem teilweise eingestürzten Tunnel eingeschlossen, bevor sie am Dienstag gerettet werden konnten.
  • Nun erzählen sie erstmals, wie Handyspiele, Yoga und ihre Kameraden die Zeit im "klaustrophobischen" Tunnel prägten.
  • "Als klar wurde, dass wir dort für eine lange Zeit festsitzen würden, wurden wir unruhig und hungrig", sagte ein Arbeiter.
  • Um sich abzulenken und aktiv zu bleiben, spazierten die Männer auf und ab und machten Yoga.
  • Zur körperlichen Hygiene verwendeten sie das Bergwasser.
  • "Ich habe bereits einen Sohn bei einem Unfall auf einer Baustelle verloren", erzählte der Vater eines geretteten Mannes.