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Israelische Geiseln befreit: Borrell spricht von "Massaker"

Nach der Befreiung von israelischen Geiseln aus einem von Zivilisten bewohnten Flüchtlingsviertel im Gazastreifen mit hunderten Toten spricht EU-Chefdiplomat Josep Borrell von einem "Massaker an Zivilisten".

EU-Chefdiplomat Josep Borrell hat die Befreiung der israelischen Geiseln bei einem Militäreinsatz im Gazastreifen begrüßt, sich aber gleichzeitig angesichts der Berichte über ein "Massaker an Zivilisten" dabei entsetzt gezeigt. "Das Blutbad muss sofort beendet werden", forderte Borrell am Samstag auf der Plattform X. Der Generalsekretär der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen beschrieb die Situation im Gazastreifen mit drastischen Worten und übte scharfe Kritik an Israel.

Geiseln im Flüchtlingsviertel festgehalten

Israelische Spezialeinheiten drangen am Samstag am helllichten Tag in das Flüchtlingsviertel Nuseirat im Zentrum des Küstenstreifens ein. Dort wurden nach Medienberichten vom Sonntag drei männliche Geiseln im Alter von 22 bis 41 Jahren in einem Haus festgehalten, in rund 200 Meter Entfernung in einem anderen Haus eine 26-Jährige.

Um die Bewacher der Geiseln zu überraschen, drangen die Truppen um 11.00 Uhr Ortszeit zeitgleich in die beiden Gebäude ein. Nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei dem Einsatz mindestens 274 Palästinenser getötet. 700 Menschen wurden verletzt. Von palästinensischer Seite war die Rede von einem "Massaker" an Zivilisten in Nuseirat, in sozialen Medien kursierten schlimme Bilder von blutüberströmten Verletzten und Toten, darunter auch Kinder. Zu dem Zeitpunkt des Einsatzes waren den Angaben zufolge viele Menschen auf einem nahe gelegenen Markt unterwegs.

Damit seien seit Kriegsbeginn vor acht Monaten insgesamt mehr als 37.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet und rund weitere 84.500 verletzt worden, hieß es. Die Angaben, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

IDF: Ständig unter Beschuss

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte, die Spezialeinheiten seien während des gesamten, lange vorbereiteten Einsatzes unter Beschuss gestanden. Bewaffnete Palästinenser hätten auch Panzerfäuste gegen die Truppen eingesetzt. Ein israelischer Offizier wurde bei dem Einsatz getötet. Ein Rettungsfahrzeug mit den Geiseln sei unter heftigen Beschuss geraten und steckengeblieben, berichteten israelische Medien am Sonntag. Laut Militärsprecher Hagari griffen Truppen vom Boden und aus der Luft "Gefahrenquellen" in Nuseirat an. Ziel sei es gewesen, dem Rettungsteam den Abzug aus der Gefechtszone zu ermöglichen. Hagari wies Vorwürfe zurück, die Truppen seien getarnt in humanitären Hilfsfahrzeugen oder über den US-Pier nach Nuseirat eingedrungen.

Video: Israels Armee befreit vier lebende Hamas-Geiseln

ribbon Zusammenfassung
  • Bei der Befreiung israelischer Geiseln im Flüchtlingsviertel Nuseirat im Gazastreifen wurden mindestens 274 Palästinenser getötet und 700 verletzt.
  • EU-Chefdiplomat Josep Borrell sprach von einem 'Massaker an Zivilisten' und forderte ein sofortiges Ende des Blutbads.
  • Seit Kriegsbeginn vor acht Monaten sind mehr als 37.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet und rund 84.500 verletzt worden.