"WELTREKORD-FUNKEN" IN LUSTENAU ="WELTREKORD-FUNKEN" IN LUSTENAU =APA/Maurice Shourot

Funken & Feminismus

Warum in Vorarlberg am Frauentag Hexen brennen

08. März 2025 · Lesedauer 4 min

Der Funken ist Tradition in Vorarlberg. Jedes Jahr wird in jeder Gemeinde symbolisch eine Hexe verbrannt, um den Winter zu vertreiben. Warum das für viele Vereine eine "frauenfeindliche Praxis" ist und sie eine Transformation dieses Brauchs fordern.

In diesem Jahr fallen der Internationale Frauentag und der Funkensamstag auf denselben Tag. In Vorarlberg zählt der Funken immer noch zu einem der traditionellsten Bräuche, an dem alljährlich tausende Menschen teilnehmen.

Was haben Hexen in Vorarlberg zu suchen?

Zur Erklärung: Am Samstag und Sonntag nach Aschermittwoch findet in Vorarlberg jedes Jahr das Funken-Wochenende statt. Die meisten Gemeinden haben ihren eigenen Funken: Dabei werden meterhohe Holztürme entzündet - auf der Spitze des Turms ist eine Hexenfigur, die mit Schwarzpulver gefüllt wird. Wenn das Feuer die Hexe erreicht, gibt es einen lauten Knall. Der Winter ist damit vertrieben, der Frühling kann kommen, besagt der Brauch. 

Begleitet wird das Ganze durch Musik, Feuerwerk, Unterhaltung für Kinder und natürlich viel zu Essen - inklusive "Funkaküachle" versteht sich. 

Frauenfigur auf dem Scheiterhaufen

Dass heutzutage aber immer noch eine Frauenfigur auf dem Scheiterhaufen verbrannt wird - und in diesem Jahr sogar am Frauentag - stößt vielen Verbänden und Vereinen sauer auf. So fordert unter anderem das Frauenmuseum Hittisau, dass "diese menschenverachtende und frauenfeindliche Praxis" geändert werden solle.

Diese Forderung unterstützt auch die IG Kultur Vorarlberg, ein Dachverband für die Interessensvertretung von autonomen Kulturinitiativen. Betont wird dabei, dass nicht der Funken als Brauchtum infrage gestellt wird. Man fordere vielmehr, "dieses frauenverachtende Vorgehen zu reflektieren und zeitgemäß, wertschätzend und würdigend zu verändern", so die IG Kultur Vorarlberg. 

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Debatte nicht neu

Die Debatte darüber, ob die Funkenhexe verb(r)annt oder nicht verb(r)annt werden sollte, ist alles andere als neu. Bereits im Jahr 1928 kritisierte Historiker Benedikt Bilgeri, dass die Menschen dabei "das Andenken der Verbrennung ihrer Ahnenmutter feiern".

Auch Historiker Manfred Tschaikner, der seit über 30 Jahren auf das Thema aufmerksam macht, findet, dass man im Ländle "mit der Erinnerung an die historischen Hexen höchst unsensibel umgeht", wie er bereits 1996 in einem Vortrag in Bludenz festhielt.

Nach allem, was geschehen ist und immer noch geschieht, könne es "kein Vergnügen mehr sein, auch nur irgendetwas Menschenähnliches unter dem Applaus einer entzückten Menge verbrennen zulassen", so Tschaikner. "Ob bewusst oder unbewusst zelebriert: Auch symbolische Brutalität ist abstoßend", betonte der Historiker.

Er betont auch, dass die ursprüngliche Figur, die mit dem Funken in Verbindung stand, tatsächlich eine männliche war. Man gehe in der Forschung davon aus, dass die Hexe erst später zum Brauchtum dazu kam. 

++ THEMENBILD ++ FUNKENSONNTAG IN DORNBIRN/KEHLEGG =APA/STIPLOVSEK DIETMAR

Funkensonntag in Dornbirn - Kehlegg 2019

"Nicht mehr tragbar"

Dass das Funkenanbrennen mit Frauenfiguren, vor allem am Frauentag, unpassend sind, dem schließen sich auch weitere Stimmen aus dem Kulturbereich an. "Warum muss an der Spitze des Funkens eine weibliche Figur brennen?", fragt etwa Jessica Ölz von der Kulturwerkstatt Kammgarn Hard.

"Die zentrale Aufgabe von kulturellem Brauchtum ist es, gesellschaftliche Identität zu stiften und die Gemeinschaft zu stärken. Umso mehr befremdet es, dass in Vorarlberg hartnäckig an einer 'Tradition' festgehalten wird, die historisch nicht belegbar ist und seit Jahren die Gesellschaft spaltet, weil sich viele Menschen abgestoßen fühlen", betont auch Brigitta Soraperra von Wexelstube - Kunst- und Kulturraum für Begeisterung.

Eine symbolische Frauenverbrennung "alljährlich zu inszenieren ist in einer Zeit, in der nach vor weltweit Frauen verfolgt und getötet werden, nur weil sie Frauen sind" sei "nicht mehr tragbar".

In Reaktion auf die Kritik an der Verbrennung von Frauenfiguren gehen vereinzelt Funkenzünfte zu geschlechtslosen Stoffpuppen über. Dabei handelt es sich aber eher um Ausnahmen. In den meisten Vorarlberger Gemeinden wird auch dieses Jahr wieder die weibliche Funkenhexe brennen. 

Zusammenfassung
  • In Vorarlberg zählt der Funken immer noch zu einem der traditionellsten Bräuche, an dem jedes Jahr tausende Menschen teilnehmen.
  • Jedes Jahr wird in jeder Gemeinde symbolisch eine Hexe verbrannt, um den Winter zu vertreiben.
  • Warum das für viele Vereine eine "frauenfeindliche Praxis" ist und sie eine Transformation dieses Brauchs fordern.