Glasgow-Klimaeinigung könnte Anstieg unter zwei Grad halten
Unmittelbar vor und dann auf der COP26 hatten einige Staaten ihre bereits am Pariser Klimagipfel 2015 und danach gemachten Pläne zur Reduktion des CO2-Ausstoßes überarbeitet. Ein Wissenschafterteam berechnete im vergangenen Jahr, dass bei einem fristgerechten Umsetzen jener Zusagen, die noch kurz vor dem Glasgow-Treffen gemacht wurden, die Wahrscheinlichkeit für ein Überschreiten des Zwei Grad-Ziels immer noch bei um die 50 Prozent blieb. An den in "Nature" erschienenen Modellierungen waren auch Forscher vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt.
Nun haben Wissenschafter um Dirk-Jan van de Ven vom Basque Centre for Climate Change (Spanien) in einer Vielzahl neuer Simulationen abgeschätzt, wie sich das minutiöse und fristgerechte Einhalten der Länder-Pläne bis zum Ende des Jahrhunderts auswirken könnte. Den neuen Ergebnissen zufolge deutet alles darauf hin, dass sich so die Erderhitzung mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 75 Prozent auf ein Plus von unter zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung halten ließe. Dazu müssten aber die ambitionierten Reduktions-Ankündigungen schon bis 2030 erfüllt und die langfristigen weltweiten Ziele im Zeitraum zwischen 2050 bis 2070 eingehalten werden.
Zum Vergleich: Laut EU-Plänen dürften bis 2050 nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen als auf anderem Weg kompensiert werden. Zumindest bis 2030 will man mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgas ausstoßen als im Vergleichsjahr 1990. Davon sind aber die meisten Länder - inklusive Österreich - noch weit entfernt, wie viele Wissenschafter und NGOs immer wieder betonen.
Würde die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in etwa im aktuellen Tempo weiter voranschreiten, rechnet das Team, dem auch IIASA-Forscher Joeri Rogelj angehörte, zwar damit, dass die Temperaturzunahme in diesem Jahrhundert unter 2,5 Grad Celsius bleibt. Danach würde die Steigerung aber weiter gehen.
Immerhin hätte sich durch die bisherigen Maßnahmen die Emissionsprognose bis zum Jahr 2030 verbessert. Man rechne nun mit um rund drei Gigatonnen weniger CO2 in der Atmosphäre als noch 2020 angenommen. Das brächte bis zum Jahr 2100 eine Verringerung der Zunahme um 0,2 bis 0,3 Grad Celsius.
Allerdings gebe es viele Fragezeichen hinter den durchaus "optimistischen" Annahmen für die neuen Berechnungen, räumen die Forscher ein. So sei vielfach offen, ob solche Reduktionen wirtschaftlich, gesellschaftspolitisch und nicht zuletzt technisch umsetzbar sind, und wie stark die politische Motivation etwa durch CO2-Preise oder Strafzahlungen gesteigert wird. Auch wenn die Hürden hoch erscheinen, seien sie aber nicht unüberwindbar.
Klar sei: "Mit jedem einzelnen Land, das seine Ziele nicht erreicht, steigt die Wahrscheinlichkeit höherer Temperaturniveaus", schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit. Selbst wenn die Begrenzung gelingt, sei nicht absehbar, ob klimatische "Kipppunkte" nicht doch erreicht werden. Das wären der unaufhaltsame Zusammenbruch der riesigen Eisschilde Grönlands und der Antarktis oder das Absterben für die Ökosysteme wichtiger Korallenriffe. Höchstwahrscheinlich nicht erreicht würde mit der Umsetzung der COP26-Ziele jedenfalls das 1,5-Grad-Ziel.
(S E R V I C E - https://doi.org/10.1038/s41558-023-01661-0)
Zusammenfassung
- Zur Umsetzung gibt es aber sehr große Zweifel: Immerhin müssten die Zusagen penibel eingehalten und schnell etabliert werden.