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Forscher zeigen teils dramatischen Schmetterlingsschwund auf

Langzeitbeobachtungen zeigen vor allem in niederen Lagen dramatische Rückgänge der Tagfaltervielfalt. So stellt sich ein auf den ersten Blick paradoxer neuer Zustand ein: Der Falterbestand abseits der Berge bleibt einigermaßen stabil, wird gleichzeitig aber immer artenärmer, berichten Forscher im Fachblatt "Ecological Entomology". Angesichts der "monotonen Stabilität" brauche es mehr Schutzmaßnahmen in agrarisch geprägten Gebieten, um die Diversität wiederherzustellen.

Bei ihrer Studie stützen sich die Wissenschafter aus Österreich, Deutschland und Polen auf Aufzeichnungen aus dem Archiv des Hauses der Natur Salzburg, die von 1990 bis zum Jahr 2022 reichten. Diese Langzeitdaten lassen das Team um Jan Christian Habel von der Universität Salzburg tief in die Entwicklungen der Schmetterlingsvielfalt im Salzburger Land blicken.

Die Zunahmen der intensiven Landwirtschaft hat demnach die Zusammensetzung der Natur tiefgreifend verändert - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Tagfalter, berichten die Wissenschafter. Von der einstigen Artenvielfalt ist in den tieferen Lagen bis rund 800 Meter Seehöhe nur noch wenig übrig. Grund dafür sind neben der modernen Form der Landwirtschaft mit dem teils massiven Einsatz von Düngemitteln sowie häufigem Mähen auch die Zerstörung vieler ursprünglicher Lebensräume. Da die meisten Tagfalterarten eher nährstoffarme Umwelten bevorzugen, bereitet ihnen das häufige Düngen Probleme.

In Zeiten, in denen halbwegs naturbelassene Ökosysteme noch häufiger verfügbar waren, dienten diese immer wieder als Rückzugsgebiete für Schmetterlingsarten. "Ursprünglich waren die Schmetterlingsgemeinschaften auf Wiesen vergleichsweise dynamisch und bestanden aus einer großen Zahl unterschiedlicher Arten. Zahlreiche dieser Arten überlebten in einem großen Verbund lokaler Vorkommen. Diese starben auch immer wieder mal lokal aus - wurden jedoch sehr bald wieder von Tieren aus benachbarten Vorkommen besiedelt", so Habel.

Dem sei nun in Tieflagen nicht mehr so: Denn diese einstigen Netzwerke seien verschwunden, "und mit ihnen auch viele dieser spezialisierten Arten", so der Studien-Co-Autor Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg (Deutschland). Für Habel ist klar: "Besonders die ökologisch anspruchsvollen und standorttreuen Arten zeigen negative Bestandsentwicklungen." Das gelte bei weitem nicht nur für das Untersuchungsgebiet, denn die Salzburger Erkenntnisse stehen beispielhaft für den Großteil der landwirtschaftlich geprägten, außeralpinen Gebiete Mitteleuropas.

Gewissermaßen die Gewinner in der insgesamt höchst bedenklichen Entwicklung in Richtung ausgeprägter Arten-Verarmung und Monotonie sind sehr mobile und mehr oder weniger überall anzutreffende "Allerweltsarten", wie zum Beispiel Tagpfauenauge oder Kleiner Fuchs, bzw. unterschiedliche Weißlingsarten, wie der Rapsweißling oder der Kleine Kohlweißling. Diese Schmetterlinge seien wiederum zum Teil sogar in relativ großer Zahl anzutreffen.

Weiter oben - ab in etwa 800 bis 1.000 Meter - sieht es laut der Untersuchung "noch recht dynamisch und artenreich" aus, so Patrick Gros vom Haus der Natur Salzburg. Im gebirgigeren Gebiet verhindert die Beschaffenheit des Geländes die starke Intensivierung der Landwirtschaft - "was sich positiv in der noch vorhandenen Artenvielfalt in den Bergen widerspiegelt". Immerhin tummeln sich dort noch Arten wie zum Beispiel diverse Bläulinge, Schecken- oder Perlmuttfalter.

Sieht man sich die "Rote Liste der Tagfalter Salzburgs" an, werden über das gesamte Landesgebiet hinweg mittlerweile insgesamt rund 37 Prozent der Arten in eine Gefährdungskategorie eingereiht. 3,3 Prozent der bekannten Arten gelten - Stand 2023 - als verschollen oder ausgestorben. In der tief liegenden Region "Alpenvorland und Salzburger Becken" wurden sogar knapp mehr als 68 Prozent der Tagfalter-Arten in eine Gefährdungskategorie eingestuft. Hier sind "dramatische" 28 Prozent der historischen Bestände verschollen oder ausgestorben.

Um der "monotonen Stabilität" entgegenzuwirken, sollten der Erhaltung und Förderung der wenigen verbleibenden natürlichen oder naturnahen Lebensräume mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, plädieren die Forscher. Trotz intensiven und oftmaligem Mähens von Wiesen müssten dort auch Brachflächen stehen gelassen werden. Besonderen, regional abgestimmten Schutz sollten vor allem magere Niedermoorstreuwiesen, Magerweiden und Magerwiesen genießen.

(S E R V I C E - Studie in "Ecological Entomology": https://doi.org/10.1111/een.13404; "Rote Liste der Schmetterlinge Salzburg" online: https://go.apa.at/3rVPzY6T)

ribbon Zusammenfassung
  • Langzeitbeobachtungen von 1990 bis 2022 zeigen, dass in niederen Lagen Salzburgs 37% der Tagfalterarten gefährdet sind und 3,3% als verschollen oder ausgestorben gelten.
  • Die intensive Landwirtschaft mit häufigem Düngen und Mähen hat die Artenvielfalt drastisch reduziert, während weit verbreitete Arten wie der Kleine Fuchs überleben.
  • In höheren Lagen bleibt die Artenvielfalt stabil, aber im Alpenvorland und Salzburger Becken sind 68% der Arten gefährdet, was Schutzmaßnahmen erfordert.