APA/ROLAND MÜHLANGER

Erste Mutations-Verdachtsfälle großteils bestätigt

Nach Auffälligkeiten bei Abstrichproben von 17 positiven Corona-Fällen im Tiroler Jochberg (Bezirk Kitzbühel) hat die AGES am Montag bestätigt, dass es sich dabei um die britische Virusmutation handelt. Bei Massentests in der Gemeinde Jochberg und auch im gesamten Bezirk Kitzbühel wurden bis dato jedoch keinen weiteren Verdachtsfälle entdeckt. Auch im Bundesland Salzburg wurden erstmals zwei Fälle der Coronavirus-Variante B 1.1.7. nachgewiesen.

Lediglich bei einer engen Kontaktperson der 17 großteils britischen Staatsbürger gab es den Verdacht auf die Virusmutation. Über 70 Prozent der Jochberger hatten das kostenlose PCR-Test-Angebot genutzt. Dabei gab es drei positive Ergebnisse, die jedoch keine Auffälligkeiten aufwiesen.

"Die aktuell bestätigten Fälle von B.1.1.7. in Österreich zeigen, dass - wie in ganz Europa - die hoch ansteckende Virus-Variante auch bei uns angekommen ist", kommentierte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die endgültigen Nachweise am Montagabend in einer Aussendung. Umso wichtiger sei die Suche nach der Virus-Mutation weiter massiv auszubauen, und "dass wir uns alle gemeinsam an die neuen Abstandsregeln halten, konsequent und - wann immer möglich - FFP2-Maske tragen und die Hygiene-Maßnahmen einhalten".

Die neue Variante wurde insgesamt in 46 von bisher 53 genomsequenzierten Proben nachgewiesen, sagte Andreas Bergthaler vom Forschungsinstitut für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA. Die Resultate basieren auf einer etablierten Ganzgenomsequenzierung, die vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften etabliert und im Dezember publiziert wurde (Popa A et al. Science Translational Medicine 2020).

Bei den 46 gesicherten Fällen, bei denen die neue Mutation nachgewiesen wurde, handelt es sich großteils um die in der vergangenen Woche publik gewordenen Verdachtsfälle aus Tirol, zwei weiteren aus Salzburg sowie aus einem Wiener Pflegeheim, sagte Bergthaler. Unter den bestätigten Fällen fand sich die aus Südafrika stammende Virusvariante nicht.

In Proben aus dem Bezirk Hermagor (Kärnten), in denen der neue Stamm ebenfalls vermutet wurde, fand sich der charakteristrische B.1.1.7.-Mutationscluster nicht. Insgesamt weisen die Ergebnisse aber darauf hin, dass die mutationsspezifische Suche mittels PCR-Verfahren relativ gut funktioniere, betonte der Wissenschafter.

Seitens des Gesundheitsministerium hieß es, dass diese Vortestungen (N501y-PCR) nach der britischen wie auch der südafrikanischen Version nun bundesweit ausgerollt werden sollen. In den vergangenen Tagen wurden 776 positive PCR-Proben von der AGES voruntersucht. Seit Anfang Jänner wird flächendeckend auf die spezifische PCR getestet. Durch diese Methode konnten vergangene Woche bereits fast 150 Verdachtsfälle identifiziert werden, hieß es aus dem Ministerium.

"Einen extrem hohen Anstieg dieser Mutation schon Anfang Jänner" zeigen Daten "aus zumindest einer Kläranlage in Salzburg", erklärte Bergthaler. Der Anteil unter den dort gefundenen SARS-CoV-2-Viren stieg hier über rund zehn Tage von null Prozent auf 16 Prozent und schließlich auf 54 Prozent in einer Probe vom 3. Jänner. Dieser Befund zeigte sich in den Analysen der Wissenschafter "erstaunlich deutlich". Dies sei der überraschendste Befund der ersten umfangreicheren Untersuchungen auf die neuen Varianten, "der natürlich auch wieder Fragen aufwirft", sagte Bergthaler.

Bei einer weiteren Kläranlage in Salzburg gebe es auch erste Nachweise, sonst allerdings fanden sich derartige Belege in keiner bisher genauer untersuchten weiteren Anlage in Österreich. Proben aus der Hauptkläranlage Wien, bei denen Ende der vergangenen Woche ebenfalls Vortests anschlugen, konnten aus technischen Gründen nicht eindeutig bestimmt werden.

Um aus diesen Analysen ein halbwegs belastbares Bild der Verbreitung über Österreich hinweg oder in einzelnen Regionen zu zeichnen, sei die Datenlage noch zu dünn, betonte Bergthaler, da es sich hier um "vorausgewählte Verdachtsfälle" handelt. Es brauche nun etwa einigermaßen repräsentative Stichproben. So plane man etwa alle an einem Tag in einer Teststraße positiv getesteten Proben auch auf die Mutationen zu screenen. Mit solchen Zugängen lasse sich voraussichtlich ein tragfähigeres Verteilungsmuster erstellen.

Laut Gesundheitsministerium werden in Österreich Sequenzierungen seit April durchgeführt, um derartige Veränderungen durch Mutationen festzustellen. Nach dem Wissenschaftsbericht zu B.1.1.7 am 21. Dezember hat Österreich die aufwendigen Sequenzierungen massiv verstärkt. Ende Dezember konnten definitiv bei fünf Fällen erstmals festgestellt werden, dass viermal die britische Variante und einmal die südafrikanische Variante in Österreich vorliegt. Insgesamt wurden bisher über 1.900 Vollsequenzierungen durchgeführt.

Auch bei den Massentestungen im Bezirk Kitzbühel ergaben sich keine weiteren Verdachtsfälle. Mit Stand Montag 16.30 Uhr hatten sich rund 5.500 Personen für einen PCR-Test angemeldet. Über 5.250 Testungen wurden bereits durchgeführt. Für 4.297 lag bereits ein Ergebnis vor - 58 waren positiv und 4.239 negativ. Dass sich keine weiteren Auffälligkeiten ergeben hatten, sei natürlich erfreulich, "trotzdem ist es unbedingt erforderlich, weiter wachsam zu sein", betonte Elmar Rizzoli, Leiter des Corona-Einsatzstabes.

Die Ermittlungen, ob alle Vorgaben bei den Skiausbildungskurs, den die großteils britischen Staatsbürger absolviert hatten, eingehalten wurden, waren vorerst noch im Laufen, teilte das Land auf APA-Anfrage mit. Zu laufenden Verfahren können jedoch keine Auskünfte erteilt werden, hieß es weiter. Zuletzt hatten die Befragungen der Behörden in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt ergeben, dass die Briten offenbar keine Dauerpartys feierten, wie englische Medien berichtet hatten.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach Auffälligkeiten bei Abstrichproben von 17 positiven Corona-Fällen im Tiroler Jochberg hat die AGES am Montag bestätigt, dass es sich dabei um die britische Virusmutation handelt.
  • Bei Massentests in der Gemeinde Jochberg und auch im gesamten Bezirk Kitzbühel wurden bis dato jedoch keinen weiteren Verdachtsfälle entdeckt.
  • Auch im Bundesland Salzburg wurden erstmals zwei Fälle der Coronavirus-Variante B 1.1.7. nachgewiesen.