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Obdachlosen-Morde: Verdächtiger ist zurechnungsfähig

Der 17-Jährige, der im Sommer 2023 in Wien zwei Obdachlose erstochen haben soll, war zum Zeitpunkt der Tötungsdelikte zurechnungsfähig. Zu diesem Schluss kommt ein von der Staatsanwaltschaft Wien eingeholtes Gutachten einer Kinder- und Jugendpsychiaterin.

Dem Jugendlichen droht damit eine Anklage wegen zweifachen Mordes und Mordversuchs, teilte Behördensprecherin Nina Bussek Donnerstagmittag auf APA-Anfrage mit. Der 17-Jährige befindet sich seit rund acht Monaten in U-Haft.

Womöglich wird die Anklagebehörde zusätzlich die Unterbringung des Burschen in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß § 21 Absatz 2 StGB beantragen. Die Sachverständige geht laut Bussek nämlich sinngemäß davon aus, dass der 17-Jährige einerseits im vergangenen Sommer schuldfähig war und zugleich derart gefährlich ist, dass im Fall einer Verurteilung haftbegleitende therapeutische Maßnahmen erforderlich sind.

Anderenfalls wären aufgrund der Persönlichkeitsmerkmale des Jugendlichen nach einer etwaigen Haftentlassung weitere Straftaten mit schweren Folgen zu befürchten.

Da die Sachverständige allerdings keine Spezialistin für die Erstellung sogenannter Gefährlichkeitsprognosen ist, hat die Anklagebehörde einen dafür ausgewiesenen Experten mit der Erstellung eines Gutachtens zur Gefährlichkeit beauftragt. "Dieses Gutachten ist jetzt abzuwarten", sagte Bussek. Mit einer Anklageerhebung dürfte aber bald zu rechnen sein.

Obdachlosen-Morde: Gutachten zu Verdächtigem

Geständnis über "Stimmen"

Der 17-Jährige hatte sich Mitte Dezember in Begleitung seines Anwalts auf eine Polizeiinspektion begeben und ein Geständnis abgelegt. Der Fahdnungsdurck war ihm wohl zu viel geworden. Zuvor waren Fahndungsfotos aus Überwachungskameras veröffentlicht und 10.000 Euro Belohnung für erfolgreiche Hinweise zur Ergreifung des gesuchten Mordverdächtigen ausgelobt worden.

Der Jugendliche behauptete bei der Polizei, "Stimmen" hätten ihm die Messerangriffe auf schlafende und damit schutz- und wehrlose Menschen befohlen.

Drei Mordversuche, zwei Tote

Am 12. Juli soll der Bursch einen 56-jährigen Mann mit einem Küchenmesser auf einer Parkbank am Handelskai in Wien-Brigittenau erstochen haben. Am 22. Juli soll er mit derselben Waffe in der Venediger Au in Wien-Leopoldstadt einer 51 Jahre alten Frau schwere Stich- und Schnittverletzungen zugefügt haben, die das Opfer aber zum Glück überlebte.

In der Nacht auf den 9. August soll der 17-Jährige schließlich am Hernalser Gürtel in Wien-Josefstadt einen 55 Jahre alten Mann mit dem Messer getötet haben.

Motiv des Wiener Obdachlosen-Mörders

Wegen weiterer Gewalttat vor Gericht

Bereits vor Gericht verhandelt wird eine weitere dem Jugendlichen zugeschriebene Gewalttat, die sich zeitlich nach den Tötungsdelikten zugetragen hatte. Der 17-Jährige soll am 18. September seine eigene Mutter mit Fäusten attackiert, zu Boden geschlagen und durch Tritte verletzt haben. Sie erlitt mehrere Rippenbrüche, eine Schädelprellung, Hämatome und Abschürfungen am ganzen Körper.

Dazu hat am Landesgericht bereits ein erster Hauptverhandlungstermin wegen absichtlich schwerer Körperverletzung stattgefunden, wobei der Schöffensenat auf Antrag des Verteidigers im Gerichtsauftrag ein Gutachten zur Klärung der Zurechnungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Attacke auf die Mutter einholen ließ.

Jugendlicher zurechnungsfähig

In diesem Gutachten wurde nun festgestellt, dass der 17-Jährige Mitte September zurechnungsfähig war. Sollte er wegen des Angriffs auf seine Mutter schuldig gesprochen werden, wären die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum gemäß Paragraf 21 Abs. 1 StGB erfüllt.

Wann der Körperverletzungsprozess fortgesetzt wird, ist offen. Der dieswöchige zweite Termin wurde kurzfristig wegen Verhinderung des Wahlverteidigers verschoben.

ribbon Zusammenfassung
  • Der unter Doppelmordverdacht stehende 17-Jährige war laut einem psychiatrischen Gutachten zum Zeitpunkt der Taten im Sommer 2023 zurechnungsfähig.
  • Der Jugendliche gestand die Taten, bei denen er zwei Wohnungslose tötete und eine Frau schwer verletzte. Er gab an, von 'Stimmen' dazu befohlen worden zu sein.
  • Eine weitere Gewalttat gegen seine Mutter im September, bei der der Jugendliche als zurechnungsunfähig eingestuft wurde, wird bereits gerichtlich verhandelt.