"Tanzbein brechen": Säbelrasseln vorm Akademikerball 2024
Offiziell ist es der Ball der Wiener FPÖ, "de facto" ist es der Ball der völkischen Verbindungen, der Burschenschaften mit "deutschnationaler Grundlage", sagt Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) im PULS 24 Interview.
Diese Verbindungen würden Österreich als "deutsches Land" ansehen, würden meinen, dass die Mehrheitsbevölkerung dem "deutschen Volk" angehöre. Die Gruppierungen, die in dem "repräsentativ wichtigsten Gebäude" des Landes, der Hofburg, feiern, würden diese Ansichten "unterschiedlich fanatisch" verfechten, so Weidinger.
Akademikerball: Warum ist er umstritten?
Bernhard Weidinger im Interview
Wie jedes Jahr planen deswegen verschiedene Organisationen Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Akademikerball, vormals WKR-Ball. Um die Hofburg wird die Polizei am Freitagabend ab 17 Uhr eine Sperrzone errichten. Rund 900 Polizist:innen werden im Einsatz stehen.
Insgesamt wurden laut Polizei rund um den Burschenschafter-Ball fünf Kundgebungen, die größte von der "Offensive gegen Rechts", angemeldet. Kritiker:innen sehen in dem Ball ein Vernetzungstreffen für Rechtsextreme.
Zu gröberen Ausschreitungen von Autonomen kam es zuletzt im Jahr 2014. Seither verliefen die Proteste weitgehend ruhig.
"Burschenschaften das Tanzbein brechen"
Dieses Jahr gab es dafür vorab schon Aufregung über ein Posting der Österreichische Hochschüler:innen (ÖH). Deren Bundesvertretung postete am Mittwoch auf Instagram eine Grafik mit dem Appell "Burschenschaften das Tanzbein brechen".
Ergänzt wurde das Bild mit den Worten: "Burschis raus aus der Hofburg! Burschis raus aus den Hochschulen!" Der FPÖ-EU-Abgeordnete Harald Vilimsky sah eine "Demonstration gegen Demokratie und Aufruf zur Gewalt". Sogar Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch, bezeichnete den Satz als "absolut inakzeptabel".
Die Landespolizeidirektion Wien wiederum ließ auf X wissen: "Wir haben den Sachverhalt zur rechtlichen Beurteilung an die zuständigen Kolleg*innen weitergeleitet."
https://twitter.com/LPDWien/status/1757793014737502396
Am Donnerstag stellte die ÖH dann klar: "Wir als ÖH rufen ausschließlich zu friedlichen Demonstrationen auf. Mit dem 'Tanzbein' ist natürlich eine rhetorische Figur gemeint." In der Koalition der Bundes-ÖH sind der sozialdemokratische VSStÖ, die grüne Gras und die kommunistische KSV Lili vertreten.
Kritik an "Offensive gegen Rechts"
Kritik am Bündnis "Offensive gegen Rechts" gibt es aber auch aus anderen Gründen: So kritisiert etwa Bini Guttmann, Mitglied des Exekutivrats des World Jewish Congress, auf Twitter: "Widerstand gegen den Akademikerball ist wichtig. Aber man nicht (sic!) mit Antisemit:innen gegen Antisemit:innen demonstrieren". Es sei "eine Schande, dass antisemitische Organisationen wie Young Struggle, RSO, PdA, der Funke od KJÖ", Teil der Offensive seien.
https://twitter.com/Bini_Guttmann/status/1758436836626612465
Selbst die Plattform Radikale Linke will als Gruppe dieses Jahr nicht teilnehmen: Die Proteste seien "in den letzten Jahren zu einem ritualisierten Traditionsantifaschismus verkommen", hieß es in einer veröffentlichten Erklärung. Außerdem hieß es auch in diesem Statement: "Wir werden nicht gemeinsam mit Antisemit:innen am Ring gegen andere Antisemit:innen in der Hofburg demonstrieren".
FPÖ-Prominenz am Ball
Beim Ball selbst werden wieder zahlreiche hochrangige Gäste aus der Freiheitlichen Partei erwartet, Partei-Chef Herbert Kickl nimmt aber wie üblich nicht teil. Auch EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky bleibt trotz des "Superwahljahres" 2024 der Hofburg fern. Gerechnet wird mit dem Kommen des Dritten Nationalratspräsidenten und Ex-FPÖ-Chefs Norbert Hofer, der Stammgast am Ball ist. Die Eröffnungsrede hält wie 2023 Volksanwalt Walter Rosenkranz.
Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder die Gästeliste. Bei den zwei letzten Ball-Terminen - 2020 vor der Corona-bedingten Pause sowie im Vorjahr - war etwa auch der frühere Kopf der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften "Identitären Bewegung" zu Gast. Er hatte zuletzt mit seiner Teilnahme an einem Rechtsextremisten-Treffen am 25. November in Deutschland für Aufsehen gesorgt, bei dem auch AfD-Politiker dabei waren und bei dem über Massendeportationen von Millionen Menschen gesprochen wurde.
Hat Österreich ein Rechtsextremismus-Problem?
Willi Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitees Österreich, sagt im PULS 24 Interview, dass man in den letzten zehn Jahren "einen immensen Anstieg" an rechtsextremen Straftaten und Verurteilungen wegen Wiederbetätigung beobachte. Die Politik habe "zugeschaut, toleriert und teilweise befeuert". Die FPÖ, die den Ball seit 2012 organisiert, habe selbst "eine rechtsextreme Führung".
Innenstadt meiden: Sperren wegen Akademikerball
ÖAMTC und Wiener Linien im Interview
Den Protest gegen den Ball kann er wohl verstehen. Die Hofburg wird weitgehend abgeschirmt werden: In der Wiener Innenstadt ist mit erheblichen Verkehrsstörungen zu rechnen. Der Ring wird ab 16 Uhr zwischen Operngasse und Schottengasse für den Fahrzeugverkehr gesperrt.
Weiters wird es laut Polizei zu temporären kurzfristigen Verkehrssperren und Verkehrsableitungen im Versammlungsbereich selbst, sowie auf allen angrenzenden Straßenzügen kommen. Auch die Benützer öffentlicher Verkehrsmittel müssen mit Einschränkungen rechnen.
Innenstadt wird zur Sperrzone
Polizeisprecherin Julia Schick im Interview
Um die Hofburg herrscht eine Sperrzone. Der Zutritt wird laut Polizei "von der Bereitschaft abhängig gemacht, Kleidung und mitgeführte Behältnisse durchsuchen zu lassen".
Zusammenfassung
- Alle Jahre wieder wird gegen den von der FPÖ organisierten Wiener Akademikerball demonstriert.
- Dieses Jahr gibt es vorab schon Kritik an einem Posting der ÖH.
- Deren Bundesvertretung postete am Mittwoch auf Instagram eine Grafik mit dem Appell "Burschenschaften das Tanzbein brechen". Die Polizei prüft das.
- Nicht alle linken Gruppierungen wollen gemeinsam demonstrieren. Die Plattform Radikale Linke will als Gruppe nicht teilnehmen: Die Proteste seien "in den letzten Jahren zu einem ritualisierten Traditionsantifaschismus verkommen.
- Verkehrssperren sind dennoch vorprogrammiert.
- Beim Ball selbst werden wieder zahlreiche hochrangige Gäste aus der Freiheitlichen Partei erwartet, Partei-Chef Herbert Kickl nimmt aber wie üblich nicht teil.