Lachgas-Automaten: Wie gefährlich ist die TikTok-"Droge"?
In bunter Aufmachung sowie in Kokos- oder Erdbeergeschmack präsentieren sich die Lachgas-Kartuschen zwischen Heineken-Bier und Cola-Flaschen in sieben Automatenshops in Linz. Ein Umstand, der vor allem in der Linzer Stadtpolitik zuletzt hohe Wellen schlug.
Worum geht es?
Bei einer Kontrolle der Linzer Lebensmittelaufsicht wurden in sieben Automatenshops Lachgas-Kartuschen festgestellt. Die Kartuschen gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen und sind bunt. Der Linzer Gesundheitsstadtrat Michael Raml (FPÖ) schlug Alarm. Er habe die Automaten nach der Kontrolle "gewerberechtlich sowie feuerpolizeilich" überprüfen lassen. In beiden Fällen gab es keine Gefährdung, weshalb die Automaten mangels Regulativ aufgestellt werden konnten, sagt er zu PULS 24.
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Besonders "perfide" finde Raml die bunte Aufmachung und die verschiedenen Geschmacksrichtungen der Dosen. "Das wurde aus meiner Sicht gemacht, um junge Menschen zu verführen", so der FPÖ-Politiker.
Warum Lachgas?
Die missbräuchliche Verwendung von Distickstoffmonoxid, so der eigentliche Name, ist in mehreren europäischen Ländern Thema. Angestachelt wird das Inhalieren von Lachgas auch durch Social Media Plattformen wie TikTok animieren zum "Probierkonsum". Das erklärte Kurt Fellöcker, Leiter des Masterlehrgangs Suchtberatung und Prävention an der Fachhochschule St. Pölten und Leiter der Universitätsambulanz der Bertha von Suttner Privatuniversität, gegenüber PULS 24.
Ist Lachgas überhaupt gefährlich?
Das größere Problem an dem "Trend" sei eher die Unfallgefahr und weniger die Suchtgefahr, sagte Fellöcker. Letztere würde aus jetziger Sicht eher selten auftreten. Für Menschen mit Lungenproblemen oder Asthma sei die Einnahme von Lachgas besonders gefährlich.
Lachgas ist, wenn es nicht für medizinische Zwecke wie etwa beim Zahnarzt verwendet wird, meist ohne Sauerstoff erhältlich. Das führe zu einer Besinnungslosigkeit und einer Erstickungsgefahr. Letztere verdichtet sich, wenn Jugendliche noch zusätzlich ein Plastiksackerl über den Kopf ziehen.
Beim Inhalieren kühlen sich Kapseln außerdem auf bis zu -50 Grad ab. Dadurch kann es zu Kälteverbrennungen und Lungenverletzungen kommen. Lachgas macht kurz benommen und hat leicht euphorische Effekte, sagte Fellöcker. Man werde unvorsichtig.
Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) warnt zusätzlich vor langfristigen Nerven- und Hirnschäden, Störungen der Blutbildung, Blutgerinnseln sowie Herzinfarkten.
Genaue Zahlen gibt es in Österreich aber nicht. Es ist aber nicht nur ein österreichisches Phänomen. In den vergangenen Jahren wurde das Inhalieren dieser meist frei verkäuflichen psychoaktiven Substanz in Europa immer beliebter. In Frankreich, Dänemark und in den Niederlanden berichteten Notrufzentralen vermehrt von Vergiftungsfällen.
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Wer ist zuständig?
Im Fall der Lachgas-Automaten in Linz habe sich Stadtrat Raml diesbezüglich bereits an den Jugendschutzlandesrat Oberösterreichs gewandt. Dort habe man ihm zugesichert, dass man sich die Thematik anschauen werden. Raml fordere aber auch eine entsprechende Reglementierung seitens des Bundes.
Im Gespräch mit PULS 24 sagte ein Sprecher des Jugendschutzlandesrats Michael Lindner (SPÖ), dass das Problem bekannt sei, man es seitens des Landes aber abgedeckt habe.
"Im oberösterreichischen Jugendschutzgesetz ist der Missbrauch von Lachgas unter 18 Jahren verboten", so der Sprecher. Sofern der Altershinweis "unter 18 Jahren verboten" auf den Kartuschen angebracht ist, sei man machtlos.
Der Verkauf von Lachgas müsste auf Bundesebene geregelt werden, fordern die Stadt Linz und das Land Oberösterreich.
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Auf PULS 24 Nachfrage heißt es aus dem Gesundheitsministerium, dass die Situation genau beobachtet werde. Laut Ministerium treten Fälle von Lachgas-Missbrauch bisher nur in manchen Regionen auf.
Damit der Erwerb bzw. der Besitz von Lachgas strafbar wird, müsste es ins Suchtmittelgesetz aufgenommen werden. Derzeit gebe es vom Ministerium keine Bestrebungen, "Lachgas dem Suchtmittelregime zu unterstellen".
Einem missbräuchlichen Konsum von Lachgas müsse man auf der Präventionsebene entgegenwirken, so die Sprecherin.
Sollte man Lachgas überhaupt als Suchtmittel aufnehmen?
Laut Kurt Fellöcker sollte man das nicht. Er erklärte im PULS 24 Interview, dass das Verbieten von Lachgas die "Sache nur schlimmer macht".
Käme Lachgas ins Suchtmittelgesetz, würde Jugendlichen ein Freiheitsentzug drohen. "Wollen wir Jugendliche wirklich für eine Substanz kriminalisieren, also vorbestrafen, die gar kein hohes Suchtpotenzial hat? Wollen wir ihnen das wirklich antun?", fragte sich Fellöcker. Er würde sich dagegen wehren, meint er.
Er spricht sich eher für ein Verkaufsverbot von Lachgas aus, wie es auch in Deutschland gemacht wird. In den Niederlanden wird es als Betäubungsmittel eingestuft. In Großbrittanien wurde das Gas als Droge der Klasse C eingestuft. Tottenham-Spieler Yves Bissouma wurde wegen eines Social-Media-Videos das ihn beim Konsum zeigt, erst am Donnerstag für ein Spiel gesperrt.
In Frankreich und Belgien ist - wie in Oberösterreich und anderen Bundesländern - lediglich die Abgabe an Minderjährige verboten.
Zusammenfassung
- In mehreren Automatenshops in Linz ist Lachgas in Form von Dosen erhältlich.
- Ein Angebot, dass vor allem deshalb für Aufsehen sorgt, weil das Gas auf TikTok gerade zum Trend wird.
- Viele Jugendliche versprechen sich durch die Einnahme ein kurzes Hochgefühl.
- Wird in Österreich zu wenig reglementiert und ist es überhaupt gefährlich?
- PULS 24 hat nachgefragt.