APA/HANS PUNZ

Aufregung um Foto von gestürztem Patienten in Wiener Spital

Die angespannte Lage in den heimischen Krankenhäusern soll in Wien dazu geführt haben, dass ein offenbar aus dem Bett gestürzter Patient auf dem Boden lag. Der Wiener Gesundheitsverband erklärte, dass die Darstellung des Vorfalls "falsch" sei. Die Wiener Ärztekammer forderte hingegen einen Krisengipfel.

In vielen heimischen Krankenhäusern herrscht Personalmangel. In Wien hat das nun dazu geführt, dass ein Patient, der offenbar aus dem Bett gestürzt war, auf dem Boden lag. Ein Foto davon, das der "Kronen Zeitung" zugespielt wurde, sorgt für Aufregung.

Der Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) beschwichtigte gegenüber der APA: der Patient sei selbstständig aufgestanden, gestürzt und nur zwei bis drei Minuten am Boden gelegen.

Krisengipfel gefordert

Die Wiener Ärztekammer forderte in einer Reaktion einen Krisengipfel und "echte Aufarbeitung". Ziel ist ein konkretes und abgestimmtes Maßnahmenpaket, um die untragbaren Zustände in Wiens Spitälern zu bekämpfen, hieß es in einer Aussendung. Dabei müsse man endlich zusammenkommen, meinte Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellter Ärzte der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci.

Seit Monaten fordere man die Stadt Wien regelmäßig zu Gesprächen auf. "Wir tun das auch jetzt mit gewissem Nachdruck und hoffen, dass wir rasch zusammenkommen. Eine gemeinsame Lösungsfindung ist jetzt dringender denn je", so Ferenci.

Bericht sei "falsch"

Der Bericht in der "Kronen Zeitung" sei "schlichtweg falsch", sagte Nina Brenner-Küng, Leiterin der Wigev-Unternehmenskommunikation, der APA. Via Aussendung verurteilte die Klinik Donaustadt den "Missbrauch der persönlichen Sphäre von Patientinnen und Patienten für Boulevardberichterstattung aufs Schärfste".

Der Bericht sei nicht nur "irreführend und rufschädigend für die in der Klinik Donaustadt tätigen Pflegepersonen, sondern auch nachweislich falsch". 

Der Fall sei genau protokolliert worden. "Der Patient ist lediglich zwei bis maximal drei Minuten am Boden gelegen", sagte Brenner-Küng. Der Mann war am Sonntag ins Krankenhaus eingeliefert worden.

"Er hat am Montag um 6.00 Uhr versucht, selbstständig aufzustehen und ist dann aus dem Bett gestürzt", erläuterte die Sprecherin. Das sei sofort aufgefallen, da der Patient an einem Monitor angeschlossen war und sich außerdem eine Sitzwache in unmittelbarer Nähe befunden habe. Auch Pflegekräfte waren rasch an Ort und Stelle, um dem älteren Mann auf und ins Bett zu helfen. Er sei laut Protokoll um 6.03 Uhr wieder im Bett gelegen, sagte Brenner-Küng.

Auch eine Ärztin sei innerhalb von zwei Minuten da gewesen und habe den Mann untersucht, ebenso sei eine bildgebende Untersuchung durchgeführt worden. Es wurde nach dem üblichen Prozedere ein Sturzprotokoll angefertigt. "Ihm ist beim Sturz nichts passiert", bekräftigte die Sprecherin. "Es geht ihm gut, er kann sich nicht an den Vorfall erinnern", sagte Brenner-Küng.

Kritik an "Fotoshooting"

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatte zuvor via Aussendung eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls in der Klinik Donaustadt gefordert. Er kritisierte außerdem, dass ein Foto gemacht wurde, bevor dem Patienten geholfen wurde.

"Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich immer zuerst um die Patientinnen und Patienten zu kümmern. Es könnte auch um Sekunden gehen. Da hat kein Ersthelfer Zeit für ein Fotoshooting zu haben. Das ist für mich inakzeptabel", konstatierte Hacker. Er verlangte vom Führungspersonal des Krankenhauses, dem ärztlichen Direktor wie auch von der Pflegedirektorin rasch eine lückenlose Aufklärung.

Entstanden ist das Foto laut "Kronen Zeitung" in der Abteilung für Orthopädie und Traumatologie. Am Sonntag sollen auf einer Station zehn Patienten in Gangbetten gelegen sein, heißt es in dem Bericht.

Das Foto habe vermutlich "einer unserer Mitarbeiter gemacht, es kommt nur ein kleiner Personenkreis infrage", sagte die Wigev-Sprecherin. "Dass man ein Foto macht, bevor man hilft, ist ethisch nicht in Ordnung", kritisierte sie.

"Wir verhehlen nicht, dass wir angesichts von Pflegekräftemangel und der demografischen Entwicklung vor großen Herausforderungen stehen. Aber hilft es uns, unsere Spitäler permanent in Grund und Boden zu reden? All denjenigen, die derartige Darstellungen befördern, sage ich: das motiviert niemanden, den wunderbaren Pflegeberuf zu ergreifen. Das muss jedem bewusst sein", sagte auch Sabina Schreiner, Pflegedirektorin der Klinik Donaustadt.

Der Nachtdienst sei zum Zeitpunkt des Sturzes regulär besetzt worden. Zusätzlich zu den diensthabenden Pflegepersonen waren laut der Klinik noch zwei Sitzwachen an der betreffenden Station im Dienst.

FPÖ fordert Rücktritt von Hacker

Zuvor hatte Hacker in einer Aussendung betont, dass die Situation in den Spitälern angespannt ist und das "nichts Neues ist". "Wir kämpfen alle dafür, dass es besser wird. Alle Führungskräfte stellen sich dieser Diskussion. Hilfe zu unterlassen, kann aber niemals dazu dienen, eine Position zu verdeutlichen", betonte Hacker.

Die FPÖ forderte, dass Hacker gehen müsse. Der Gesundheitsstadtrat verhöhne das medizinische Personal, meinte der Wiener FPÖ-Chef Stadtrat Dominik Nepp in einer Aussendung. "Die Hilferufe der Belegschaft dürfen nicht ignoriert werden. Gesundheitsstadtrat Hacker muss die Verantwortung wahrnehmen", forderte auch die Gesundheitssprecherin der Wiener ÖVP, Gemeinderätin Ingrid Korosec.

Ärztekammer gegen "Maulwurfjagd"

Man könne die in der "Kronen Zeitung" geäußerten Hilferufe bestätigen, hieß es von der Ärztekammer, die sich dagegen aussprach, eine "Maulwurfjagd" in der Belegschaft zu veranstalten. "Es gibt kaum Pflegerinnen und Pfleger, die Ärztinnen und Ärzte, die es noch gibt, brennen regelmäßig aus. Die Leidtragenden sind am Ende vor allem Patientinnen und Patienten. Ein solidarisch finanziertes Gesundheitssystem darf sich solche Horrorszenen, zumal in gewisser Regelmäßigkeit, niemals leisten", meinte Ferenci.

Am Dienstag hatte es aus dem Wigev geheißen, dass 949 gesperrte Betten insgesamt 5.492 verfügbaren Betten in den Krankenhäusern gegenüberstehen. Somit waren knapp 15 Prozent der 6.441 systemierten, also behördlich genehmigten Betten nicht verfügbar. 936 Betten waren tagesaktuell (ohne AKH, Anm.) frei. Aktuellere Zahlen gab es am Donnerstag auf Anfrage keine. Bei den Medizinern seien 96 Prozent der Stellen besetzt, bei den Pflegekräften 94 Prozent, sagte Brenner-Küng. Wie viel Personal genau fehlt, blieb unbeantwortet.

ribbon Zusammenfassung
  • In Wien hat das nun dazu geführt, dass ein offenbar aus dem Bett gestürzter Patient auf dem Boden lag.
  • Ein Foto, das der "Kronen Zeitung" zugespielt wurde, sorgt für Aufregung.
  • Via Aussendung verurteilte die Klinik Donaustadt den "Missbrauch der persönlichen Sphäre von Patientinnen und Patienten für Boulevardberichterstattung aufs Schärfste".
  • Pflegekräfte waren laut der Klinik rasch an Ort und Stelle, um dem älteren Mann auf und ins Bett zu helfen.