Abschied von Grazer "Vinzi"-Pfarrer Pucher
Bereits ab 8.00 Uhr in der Früh konnte man von Pucher Abschied nehmen und sich in ein Kondolenzbuch in "seiner" Vinzenzkirche eintragen. Ganz in seinem Sinne stand auch eine Spendenbox für die VinziWerke bereit. Seit den frühen Vormittagsstunden und bis zum Requiem um 14.00 Uhr waren Hunderte Menschen zur Vinzenzkirche gekommen - zumeist zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch mit der Tram, die an der Vinzenzgasse eine Haltestelle hat. Stumm oder im stillen Gebet, aber viele die eine oder andere Träne zerdrückend, verneigten sich die Trauernden vor dem Sarg mit der sterblichen Hülle - wie sehr das Wirken des Pfarrers über die Steiermark hinausreichte, zeigten Kerzen und Kränze und das Kondolenzbuch: In letzteres wurde auf Deutsch und u.a. Slowakisch geschrieben - vor allem Roma aus dem slowakischen Dorf Hostice waren unter seinen Schutzbefohlenen gewesen, die in Graz auf öffentlichen Plätzen um Geld baten. Mit ihnen hatte Pucher dann das Job-Projekt der VinziPasta entwickelt - Nudeln, die die Roma-Frauen in Hostice herstellten und die seit Jahren in Grazer Lebensmittelmärkten und dem Vinzimarkt verkauft werden.
Bundespräsident Alexander van der Bellen und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig hatten Kränze geschickt - zur Würdigung des Einsatzes des Verstorbenen und seiner vielen Mitstreiter in Graz, der Steiermark und auch Wien, wo Pucher und die Vinzenzgemeinschaft Notschlafstellen für Obdachlose gegründet hatten. Ministranten hielten die Totenwache am Sarg. Die Besucher der Trauerveranstaltung waren bunt und vielfältig aus allen Lebenslagen und Gesellschaftsschichten wie Puchers Wirken: Menschen in Jeans und Shorts mit T-Shirt angetan waren ebenso gekommen wie ganz in trauerschwarz gekleidete Bürgerinnen und Bürger, Junge und Alte. Am Sarg waren brennende Kerzen platziert - eine davon in den Farben Kroatiens, dem geliebten Urlaubsland Puchers. Das Kondolenzbuch zierten Herzen und Worte wie "tausendfaches ewiges Vergelt's Gott" oder in ungelenker Schrift einfach "Lieber Wolfgang, danke für dein Engagement" oder "danke, dass es uns gelungen ist, die Vinzenzkirche zum Leuchten zu bringen."
Der steirische Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl leitete das Requiem, bevor Pucher von Visitator Eugen Schindler von den Lazaristen im VinziDorf-Friedhof in St. Leonhard am späten Nachmittag beigesetzt wurde - nahe der von ihm gegründeten Notschlafstelle. Krautwaschl sagte beim Requiem: "Ein großer Mensch ist uns vorausgegangen in das Reich Gottes. Wolfgang Pucher hat das Zugehen Gottes auf die Menschen gelebt. Das wurde von vielen, auch von solchen, die sich an ihm bzw. seinem Engagement gerieben haben, in den letzten Tagen oft zum Ausdruck gebracht. Er hat die 'am Rand' ganz bewusst gesehen - und damit ein Kennzeichen für unser Christseins für sich, für sein Leben und seinen Dienst zum Maß genommen". - "Wir dürfen ihn dankbar in die Hände Gottes zurückgeben, mit einem weinenden und einem freudigen Auge, denn seine Werke werden weiterbestehen", so Krautwaschl.
Die Trauerpredigt hielt auf Wunsch des Verstorbenen Hochschulseelsorger Alois Kölbl, der sich sicher war, dass Pucher sich über die große und bunte Trauergemeinde gefreut hätte. "'Ich bitte alle, die durch mich an Gott oder der Kirche irre geworden sind, aus tiefstem Herzen um Vergebung', schreibt Pfarrer Wolfgang Pucher auf sehr berührende Weise in seinem geistlichen Testament", sagte Kölbl, der einst in der Pfarrjugend von Pucher inspiriert worden war. Als große und bunte Gemeinde sei man ein Bild der Hoffnung, die um den Pfarrer, den Freund, den Weggefährten, den Verwandten, den "Voda" - wie Pucher sich freute in seinem Vinzidorf genannt zu werden -, trauere. Pucher habe für sein Lebenswerk das Wort von der 'hässlichen Armut' geprägt, sagte Kölbl. "Armut, die im herkömmlichen Bild sozialer Zuwendung und Fürsorge nicht vorkommt oder verdrängt wird, weil sie selbst verschuldet, undankbar oder in unlösbaren Verstrickungen gefangen ist. Es waren ganz konkrete, menschliche Schicksale, die Pfarrer Pucher berührten, als er vor fünfzig Jahren den Dienst in der Pfarre St. Vinzenz begann und bei seiner ersten Predigt am 3. Juni 1973 versprach, 'für alle Menschen da zu sein - aber in erster Linie für diejenigen, die mich am meisten brauchen", erinnerte Kölbl. "Lieber Wolfgang, wir wünschen dir, dass du die Barmherzigkeit Gottes schauen mögest. Der gütige, der barmherzige, der liebende Gott komme dir mit offenen Armen entgegen und schenke dir das Leben in Fülle."
LH Christopher Drexler (ÖVP) würdigte den "großen, guten, streitbaren Menschen", den "Pädagogen der Nächstenliebe", den Menschen, den die Abwesenheit von Groll auszeichnete. Wenn man ihn weiter ehren wolle, dann gelte es, seinen "Blick an die Ränder" der Gesellschaft fortzuführen. VinziWerke-Obmann Peter Pratl zitierte "Geht nicht gibt's nicht. Dieser Satz steht wohl wie kein anderer für das Wirken von Wolfgang Pucher." Insgesamt seien aufgrund seiner Initiative 40 Einrichtungen und Projekte, die VinziWerke, entstanden, in denen Menschen auch über seinen Tod hinaus ein "vinziges" Stück Hoffnung erführen, Sein Handeln nach dem Vorbild des heiligen Vinzenz von Paul habe über die steirischen Grenzen hinaus Spuren hinterlassen. Pucher habe Werke in Wien und Salzburg gegründet. "Lieber Wolfgang, dein unerwarteter Heimgang zu Gott hinterlässt eine große Lücke. Im Namen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verspreche ich dir, dass wir deine VinziWerke mit vollem Einsatz weiterführen."
Das Requiem wurde auf YouTube übertragen und war auch im Pfarrhofgarten, Puchers geschätztem Begegnungsort, zu sehen. Hier kamen die Stadtpolitik wie etwa KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr oder auch die Landespolitik mit Soziallandesrätin Doris Kampus oder LH a.D. Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sowie SPÖ-Altbürgermeister Alfred Stingl zusammen, wie auch etliche Grünen-, ÖVP- und SPÖ-Politiker. Das letzte Geleit gaben Pucher u.a. Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, der Tiroler Diözesanbischof Hermann Glettler, der evangelische Superintendent Wolfgang Rehner sowie Bürgermeister František Rácz aus dem slowakischen Hostice und die Unternehmer und Philanthropen Hans Roth (Saubermacher) und Martin Essl - sowie jene, denen Puchers Wirken gegolten hatte - die Bewohner und Nutzer der vielen Vinzi-Einrichtungen.
( S E R V I C E - Spendenkonten: IBAN AT34 2081 5022 0040 6888, VinziWerke oder IBAN AT47 2081 5022 0040 0543, Pfarre St.Vinzenz, Kennwort "Pfarrcaritas")
Zusammenfassung
- Hunderte Weggefährten, Unterstützer, Schutzbefohlene, Vertreter der Politik sowie seine Familie haben am Samstag in der St. Vinzenz-Kirche in Graz-Eggenberg sowie dann am St. Leonhard-Friedhof Abschied vom Grazer "Armenpfarrer" Wolfgang Pucher genommen.
- Pucher war im 85. Lebensjahr am 19. Juli an seinem Urlaubsort in Kroatien gestorben.
- Ministranten hielten die Totenwache am Sarg.
- Wolfgang Pucher hat das Zugehen Gottes auf die Menschen gelebt.