Vorstand Ortlieb ortet zu große Komfortzone im ÖSV
"Wir müssen Komfortzone, Kadergrößen und Traineranzahl etwas verringern. Es ist fast peinlich, mit welch großen Entouragen wir reisen", sagte der Finanzreferent des ÖSV am Montagabend in der Sendung "Sport html5-dom-document-internal-entity1-amp-end Talk" auf ServusTV. Ortlieb übte diesbezüglich auch leise Kritik an der ehemaligen Spitze des Österreichischen Skiverbands.
Die Dichte fehlt
So fehle eine gewisse Dichte in den Mannschaften, nicht nur im Weltcup, sondern auch im Europacup. "Es ist schon fast beschämend, was wir übernommen haben und nun versuchen, wieder aufzubauen", erklärte der Abfahrts-Olympiasieger von 1992. Ortlieb führt seit etwas mehr als einem Jahr gemeinsam mit ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober und Generalsekretär Christian Scherer die Geschickte des Verbandes.
Athleten "zu verwöhnt"
Er wolle keinem seiner Vorgänger und den vergangenen sportlichen Leitungen einen Vorwurf machen, hielt Ortlieb fest. "Man hat immer top performt." Es wirke jedoch, dass die Athleten "zu sehr verwöhnt, zu wenig gierig und hungrig" seien. Der ÖSV sei ein großer Verband und könne sich die großer Personaldecke nach wie vor leisten, so der 55-jährige Vorarlberger. "Aber man sieht, Geld macht keinen Erfolg. Wir müssen die Athleten wieder gieriger, hungriger und bissiger machen und sie wieder bisschen mehr aufeinander loslassen."
ÖSV-Frauen mit viel Luft nach oben
Am vergangenen Wochenende weilte Ortlieb in St. Moritz, wo der Frauen-Weltcup Station machte. Bestes Ergebnis aus österreichischer Sicht war ein fünften Platz von Cornelia Hütter in der Abfahrt. Ortlieb sieht bei den ÖSV-Frauen noch viel Luft nach oben. "Man kann nicht zufrieden sein. Wir sind ein Skiverband, der Spitzensport fördert, wir haben uns dem Spitzensport verschrieben und nicht dem Schönwettersport. Und schon gar nicht dem Hobbysport." Er wolle freilich niemanden verurteilen. "Der Wille, der Einsatz ist da, das passt alles. Aber man vergisst die Lockerheit, dass es auch etwas Spielerisches braucht."
Ortlieb sieht sich als Verbindungsglied
Zur Sprache kam auf ServusTV auch die Causa um FIS-Präsident Johan Eliasch. Ende Mai war der britisch-schwedische Geschäftsmann für vier weitere Jahre zum FIS-Präsidenten gewählt worden. Einen Gegenkandidaten gab es bei der Wahl nicht. Eliasch erhielt 100 Prozent der abgegebenen Stimmen, aber nicht alle Delegierten hatten gewählt. Auf Antrag von Delegierten wurde per Abstimmung eine geheime Wahl festgelegt, die geforderte Option Nein als Antwort gab es nicht.
Der ÖSV sowie die Verbände Deutschlands, der Schweiz und Kroatiens haben danach hinterfragt, ob die Wiederwahl von Eliasch rechtmäßig war. Ein Hearing vor dem Sportgerichtshof CAS Anfang Dezember in Lausanne blieb ohne Resultat. Ortlieb erklärte, dass er sich in der Debatte als Verbindungsglied sehe. "Kritik ist immer angebracht, wenn sie produktiv ist. Es hat immer Kritik gegeben am System, das seit 30 Jahren unverändert war. Jetzt kommt jemand her, der es modernisieren, besser machen und neue Geldquellen anzapfen will", meinte der FIS-Vorstand. Er unterstütze Eliasch. Ortlieb: "Er geht den Weg nach vorne für den Skisport. Veränderungen tun immer weh bei jenen, wo es dann ein bisschen weniger wird."
Nervös wird man beim ÖSV dennoch nicht werden, versicherte Ortlieb: "Wir sind auch kein Fußballverein, wo Trainer ausgewechselt werden. Unser Saisonziel ist die Ski-WM Anfang Februar, abgerechnet wird dann im März."
Zusammenfassung
- Patrick Ortlieb ortet im österreichischen Ski-Team eine zu große Komfortzone und will mit schlankeren Strukturen mehr Wettkampfhärte schaffen.
- Ortlieb übte diesbezüglich auch leise Kritik an der ehemaligen Spitze des Österreichischen Skiverbands.