St. Pölten versucht gegen Klagenfurt das Relegations-Wunder
"Ich habe schon das Gefühl, dass die Jungs noch einmal zeigen wollen, dass sie zuletzt immer unter Wert geschlagen wurden", sagte Trainer Gerald Baumgartner am Freitag. Trotz der anhaltenden Negativserie hat die Heftigkeit der Watsch'n am Wörthersee den erfahrenen Coach doch überrascht. "Dass das Selbstvertrauen nach so einer Serie nicht das größte ist, ist klar. Einige Spieler stehen zum ersten Mal vor so einer Drucksituation. Aber dass wir so eine Klatsche kriegen, war nicht zu erwarten und ist zu einem Teil auch unerklärlich."
Man habe die Partie, so Baumgartner, "unter Männern" nachbesprochen. "Wir wissen, dass wir die Leistung nicht erbracht haben und jetzt bleibt uns nur volles Risiko zu nehmen." Die Zeichen für ein fußballerisches Wunder stehen schlecht. St. Pölten geht nicht nur mit der Hypothek ins Rückspiel, sondern auch als ein Team, das in dieser Saison in 33 Spielen nur fünf Erfolgserlebnisse verzeichnet hat. Und unverändert Verletzungssorgen hat.
Vor allem durch diesen Umstand nahm die Misere im Hinspiel laut Baumgartner ihren Lauf. Da den verlässlichen Linksverteidiger Kofi Schulz der Meniskus zwickte - er spielte später mit Schmerzmitteln - musste Ahmet Muhamedbegovic auf ungewohnter Position aushelfen. Der ist nun laut Baumgartner für Samstag fraglich, nachdem er mit Atemproblemen vom Feld musste, ein Einsatz von Abwehrkollege Michael Steinwender (Rücken) wackelt ebenfalls. Der Brasilianer Luan fehlt schon seit Längerem.
Dem gegenüber stehen mit breiter Brust durch neun Siege in den jüngsten zehn Spielen die Männer in Violett. Peter Pacult hat Erfahrung mit großen Vorsprüngen zur Halbzeit. "Es ist bisher nichts erreicht", mahnte der Trainer und kündigte gleichsam an, sich nicht auf dem Polster auszuruhen. "Wir werden in St. Pölten sicher nicht passiv auftreten."
Schon ein Auswärtstor würde wohl endgültig einen Strich unter die Rechnung machen. Die Austria wäre elf Jahre nach dem Klagenfurter Vorgängerverein SK Austria Kärnten wieder erstklassig. Und Kärnten würde mit der Austria und dem WAC erstmals seit 1984/85 (Austria Klagenfurt, SV Spittal/Drau) wieder zwei Clubs in der höchsten Spielklasse stellen.
Pacult, der nach zumeist sehr kurzen Auslands-Engagements erst Anfang des Jahres in Klagenfurt angeheuert hat, könnte seine Rückkehr in Österreichs höchste Liga ziemlich genau ein Jahrzehnt nach seinem Abgang von Rapid perfekt machen. Wie zwischen 2004 und 2005 mit dem FC Kärnten würde der inzwischen 61-Jährige Wiener einen Kärntner Club in der Bundesliga betreuen.
Ein spielerisches Feuerwerk, wie es die Austria-Kicker zuhause abgebrannt haben, ist dafür nicht mehr notwendig. Nicht nur Beobachter rieben sich am Mittwochabend etwas ungläubig die Augen. "Aber wir sind wieder in der Realität angekommen und wissen, dass es noch nicht vorbei ist", sagte Mittelfeldspieler Christopher Cvetko. Am großen Selbstvertrauen besteht kein Zweifel. "Wir brauchen eine weitere Top-Leistung - und die werden wir auch bringen", sagte Cvetko.
Zusammenfassung
- Mit einem überdeutlichen 0:4 im Relegations-Hinspiel ist der SKN St. Pölten dem Abstieg in der Fußball-Bundesliga schon ganz nahe gekommen.
- Am Samstag ab 17.00 Uhr fällt im Retourspiel die Entscheidung darüber, ob die Niederösterreicher nach fünf Jahren der Erstklassigkeit wieder runter in die zweite Liga müssen.
- Beim designierten Oberhaus-Rückkehrer SK Austria Klagenfurt versucht man den Ball flach zu halten, in St. Pölten regiert Zweckoptimismus.