ÖJV peilt erstes EM-Gold seit über 4.000 Tagen an
Die 29-jährige Tirolerin hat nicht weniger als fünf Medaillen (4 im Einzel, 1 im Mixed) zu Buche stehen, kämpft nun aber wie vor Rio wieder in der 70-Kilo-Kategorie. Gleich beim ersten Wettkampf in der Türkei wurde sie dennoch Zweite und überraschte sich damit selbst. Bei der Präsentation des EM-Teams am Freitag in Wien fehlte die Polizeischülerin wegen einer wichtigen Prüfung.
Eine "Wundertüte" ist derzeit auch Daniel Allerstorfer. Der Schwergewichtler (+100) hat zehn Kilo abgenommen und erlebt sich mit nunmehr 125 Kilo selbst als neuen Kämpfer. "Mein Körper hat sich noch nicht ganz darauf eingestellt. Aber ich denke, es war die richtige Entscheidung", hofft der Oberösterreicher, der am Schlusstag dran ist, auf mehr Beweglichkeit und Ausdauer.
Sind am Freitag die ÖJV-Hoffnungen inklusive dreier EM-Debütantinnen am Start, wird der Folgetag für Österreich zum "Super-Samstag". Denn da sind mit Graf, Michaela Polleres, Magdalena Krssakova und Shamil Borchaschwili die vier großen ÖJV-Medaillen-Hoffnungen im Einsatz.
Die Olympia-Silberne Polleres (24) hat zwar im EM-Vorfeld eine Gehirnerschütterung erlitten, sich aber gut erholt. "Ich bin behutsam wieder eingestiegen und zu hundert Prozent wieder fit", versicherte die wie Graf in der 70-Kilo-Klasse kämpfende und als Nummer 3 gesetzte Niederösterreicherin. Vor ihr gereiht sind nur Weltmeisterin Barbara Matic und die Niederländerin Sanne Van Dijke, beide hat Polleres bei Olympia in Tokio besiegt.
Am zweiten Wettkampftag ist die Chance also am größten, es nach über 4.000 Tagen der derzeit am Himalaya auf die Everest-Besteigung wartende Filzmoser mit EM-Gold gleich zu tun. Seit damals hat es für Österreich zehn EM-Medaillen gegeben, aber eben kein Gold. "Seit ich in Österreich bin, haben wir bei Olympia Silber und Bronze gewonnen, bei WM und EM jeweils einmal Bronze. Ein EM-Titel wäre ein idealer Start in die Saison", hofft Headcoach Yvonne Böhnisch, die ab Mai mit dem Polen Robert Krawczyk einen neuen Nationaltrainer zur Seite hat, auf eine erfolgreiche "Gold-Mission".
Aber Böhnisch machte auch klar, dass mit der Olympia-Quali und der WM die ganz großen Jahres-Highlights erst kommen. "Die EM hat traditionell einen hohen Stellenwert. Wir haben aber das Training darauf ausgerichtet, dass unsere Athletinnen und Athleten Ende Juni, mit Beginn der Olympia-Qualifikation für Paris, in Form kommen. Absoluter Saison-Höhepunkt ist die WM im Oktober in Taschkent", erklärte die Olympiasiegerin von 2004.
Krssakova (-63 kg) geht als Nummer vier ins Turnier. Nach Silber 2020 in Prag will sie erneut Edelmetall. "Meine Formkurve stimmt", ist die 28-jährige Wienerin überzeugt. Der Olympia-Bronzene Shamil Borchashvili (-81) ist die Nummer 6 seiner Klasse und wartet im Gegensatz zu Polleres und Krssakova noch auf eine EM-Einzelmedaille. "Ich bin seit Tokio sicher noch stärker geworden, habe meinen Griff und meine Angriffstaktiken weiter verbessert. Ich bin definitiv reif für den ersten Titel", gab sich der Welser zuversichtlich. Ein ganz großes Ziel ist freilich, 2024 gemeinsam mit Bruder Wachid (-90) bei Olympia anzutreten.
Athleten aus Russland oder Belarus sind bei der EM (365 Judoka aus 40 Nationen) nicht am Start. "Sie haben von sich aus mitgeteilt, dass sie aus Sicherheitsgründen vorerst nicht teilnehmen", berichtete ÖJV-Präsident Martin Poiger, der auch Generalsekretär im Europa-Verband ist. Von Sofia ist Poiger begeistert. "Eine tolle Halle. Ich bin immer ganz traurig wenn man sieht, wie schlecht eigentlich die Sport-Infrastruktur in Österreich ist."
ÖJV-Team (10) für die EM in Sofia 2022 (29. April bis 1. Mai 2022):
Frauen (6): Jacqueline Springer (-48), Katharina Tanzer (-48), Lisa Grabner (-57), Magdalena Krssakova (-63), Bernadette Graf (-70), Michaela Polleres (-70)
Männer (4): Daniel Leutgeb (-60), Shamil Borchashvili (-81), Wachid Borchashvili (-90), Daniel Allerstorfer (+100)
Zusammenfassung
- Mit den Europameisterschaften in Sofia geht es für Europas Judo-Elite in einer Woche erstmals seit Olympia wieder um Medaillen.
- Österreich reist mit hohen Erwartungen zur EM, obwohl Stephan Hegyi und Lukas Reiter verletzt fehlen.
- Am zweiten Wettkampftag ist die Chance also am größten, es nach über 4.000 Tagen der derzeit am Himalaya auf die Everest-Besteigung wartende Filzmoser mit EM-Gold gleich zu tun.
- Von Sofia ist Poiger begeistert.