Marco Kasper: "Die harte Arbeit darf jetzt nicht aufhören"
"From the SHL. Rögle. Center. Marco Kasper." Mit diesen Worten wurde Marco Kasper vor knapp zwei Monaten beim NHL Entry Draft in Montreal auf die Bühne gebeten. Die Detroit Red Wings hatten ihn gerade mit ihrem ersten Pick und dem achten "Overall-Pick" ausgewählt. Nur einmal in der Geschichte der NHL ist ein Österreicher früher gedraftet worden (Thomas Vanek 2003, 5. Stelle, Buffalo Sabres). Detroit gehört zu den traditionsreichsten Franchises in der Liga. Und ist zufälligerweise das Team, bei dem Thomas Vanek seine großartige NHL-Karriere beendet hat.
Das ganze Interview mit Marco Kasper
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"Es ist richtig speziell von so einer Organisation gedraftet zu werden", gerät Kasper zwei Monate nach dem Draft noch immer ins Schwärmen. Der gebürtige Innsbrucker weiß aber auch, dass er sich nicht auf den Vorschusslorbeeren ausruhen darf: "Die harte Arbeit darf jetzt nicht aufhören." Im Zuge des "Development Camps" konnte sich Kasper - gemeinsam mit weiteren "Rookies" - im Sommer einen ersten Eindruck von der Organisation der Red Wings verschaffen. Das Resümee fällt durchwegs positiv aus: "Detroit hat richtig gute junge Spieler. Stadion und Umfeld sind beeindruckend. Ich glaube das ist ein super Ort, um sich zu entwickeln."
Zukunft NHL, Gegenwart SHL
Die große weite Eishockey-Welt in Nordamerika ist für den Center jedoch erst einmal Zukunftsmusik. Nach einem turbulenten Sommer mit vielen Reisestrapazen fiel schließlich die Entscheidung, dass Kasper noch eine Saison an den schwedischen Spitzenclub Rögle BK verliehen wird. Mit Rögle gewann der Nationalspieler letztes Jahr die Champions Hockey League und scheiterte in den Playoffs der Swedish Hockey League hauchdünn im Halbfinale.
Obwohl Kasper im blutjungen Alter von 18 Jahren bereits große Erfolge in seiner Vita stehen hat, sieht er das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht: "Weiterentwickeln kann man sich immer – sowohl als Spieler als auch als Team." Das Ziel mit Rögle für die heurige Saison? "Die schwedische Meisterschaft." Kasper strebt nach dem Höchsten. Das wird sofort klar.
Obwohl er sowohl auf Clubebene als auch im Nationalteam-Dress für Furore sorgt, fallen Kasper noch viele Details ein, die er individuell verbessern möchte: "Gerade versuche ich bei Face-offs besser zu werden. An meinem Schuss muss ich auch noch feilen." Spiele auf Top-Niveau kommen dem 18-Jährigen dahingehend natürlich gelegen.
Shootingstar in Tampere
Apropos Top-Niveau: Ein weiterer Grund für Kaspers steilen Aufstieg in den vergangenen Monaten, sind seine Auftritte bei der A-WM in Finnland im Mai. In sieben Spielen gelangen ihm zwei Assists. Mit seinem frechen und mutigen Stil belebte er das österreichische Offensivspiel und war ein Mitgrund dafür, dass das ÖEHV-Team das beste WM-Resultat seit 2004 einfuhr. Für seinen Leistungen erntete der Ex-KACler viel Lob – unter anderem von NHL-Scouting-Legende Göran Stubb.
"Ich glaube, dass wir eine sehr gute Weltmeisterschaft gespielt haben. Das letzte Spiel (Anm.: 5:3-Sieg gegen Großbritannien) war extrem emotional und es ist natürlich wichtig, dass wir oben geblieben sind. Wir haben eine super Truppe und haben sehr gut gespielt." Die Nationalmannschaft ist für Marco Kasper eine Herzensangelegenheit. Trotz seiner sich anbahnenden Karriere in der NHL möchte der Tiroler jede Möglichkeit wahrnehmen, um für das Team von Roger Bader zu spielen. Das nächste Etappenziel? "Sich in der A-Gruppe etablieren." Und die Olympischen Spiele 2026? "Das ist jetzt schon noch ein paar Jahre weg, aber so ein Ereignis reizt einen als Spieler natürlich."
Näher in der Zukunft liegt die U20-Weltmeisterschaft in Kanada, für die Kasper spielberechtigt ist. Die letzte U20-WM im August ließ der 18-Jährige wegen der zu hohen Belastung aus. Ob man ihn Ende Dezember noch einmal in Halfiax auf dem Eis sieht? "Das glaube ich schon", meint Kasper. "Das ist natürlich ein großes Ereignis und das wäre es schon cool als Spieler dabei zu sein."
Kaspers Wunsch an die ICE Hockey League
Obwohl Kasper in Österreich lediglich drei Spiele für das Farmteam des KAC absolviert hat, ist er dem heimischen Eishockey verbunden geblieben: "Ich verfolge natürlich den KAC und das Farmteam in der Alps Hockey League." Ob er seinen Klagenfurtern in der Saison 2022/23 wieder den Meistertitel zutraut? "Ich glaube, dass der KAC jedes Jahr Chancen hat", erklärt Kasper schmunzelnd.
Vom Niveau der heimischen Liga konnte sich der 18-Jährige vor kurzem selbst ein Bild machen. In der Champions Hockey League traf er mit Rögle zweimal auf ICE-Vizemeister Hydro Fehervar. Beim Hinspiel in Ungarn avancierte Kasper mit seinem Treffer zum 2:1-Sieg, drei Minuten vor Abpfiff, zum Matchwinner der Schweden. Beim deutlichen 7:1-Heimsieg steuerte der Center ebenfalls ein Tor und einen Assist bei. Das Niveau der ICE Hockey League lobt Kasper, wenngleich er einen Wunsch parat hat.
"Ich glaube, dass es gut wäre, wenn mehr junge Spieler in Österreich die Chance auf Einsätze bekommen würden - so wie hier in Schweden. Das wäre förderlich für das heimische Eishockey."
NHL-Saison 2022/23 ohne ÖEHV-Beteiligung?
Kasper ist nicht die einzige ÖEHV-Nachwuchshoffnung, die die ICE Hockey League nur aus Erzählungen kennt. Auch der zweite Österreicher, der 2022 im NHL Entry Draft ausgewählt wurde, hat in Österreich nie ein Spiel bestritten: Der 18-jährige Vinzenz Rohrer bahnte sich seinen Weg über die Nachwuchsabteilung der Zürich Lions in die Ontario Hockey League (Ottawa 67´s) und wurde schließlich an 75. Stelle von den Montreal Canadiens gepickt.
Exakt denselben Weg ging Marco Rossi, der 2021 gedraftet wurde (9. Stelle, Minnesota Wild) und bereits ein Jahr in der American Hockey League sowie zwei NHL-Einsätze für die Wild in den Beinen hat. Nach einer starken Debüt-Saison (63 Spiele, 53 Punkte) bei Farmteam Iowa Wild, will Rossi heuer in der besten Eishockey-Liga der Welt durchstarten. Mitte September starten die Trainingscamps und dann entscheidet sich, ob der 20-Jährige einen Kaderplatz erhält. "Ich persönlich schätze meine Chancen sehr gut ein", so ein selbstbewusster Rossi gegenüber PULS 24.
Marco Rossi: "Ich fühle mich besser als je zuvor"
Gelingt dem Vorarlberger der Durchbruch nicht, droht die erste NHL-Saison seit zwei Jahrzehnten ohne österreichische Beteiligung. Denn Michael Raffl, der die rot-weiß-rote Flagge in den vergangenen Jahren stets hochhielt, kehrte der Liga im Sommer den Rücken. Der 33-Jährige wechselte zu HC Lausanne in die Schweiz und ist dort einer von neun österreichischen Legionären.
Zusammenfassung
- CHL-Sieger, WM-Shootingstar, Erstrundenpick im NHL-Draft: Marco Kasper ist ohne jeglichen Zweifel aktuell der größte "Rising Star" im österreichischen Eishockey.
- Das Eishockey-Fachmagazin POWERPLAY und PULS 24 haben den 18-jährigen Center zum Interview getroffen, lassen mit ihm den Draft und die A-WM Revue passieren und wagen einen Blick in die Zukunft.