Lucas Braathen gewinnt Riesentorlauf in Sölden
Auch das Herrenrennen ging unter den bekannten Corona-Bedingungen in Szene, zudem fanden die Herren bei blauem Himmel und perfekter Piste beste Bedingungen vor. Während Caviezel vor dem Slowenen Zan Kranjec sowie Henrik Kristoffersen in Lauf eins eine absehbare Hundertstelschlacht anführten, brachten die ÖSV-Herren im zweiten Saisonauftakt ohne Marcel Hirscher nach dem Ausfall des Vorjahres-Besten Manuel Feller (12.) nur sieben Läufer am Start.
Von diesen kamen aber nur Brennsteiner als 18. sowie die beiden Speed-Spezialisten Matthias Mayer (19.) und Vincent Kriechmayr (29.) in die 30er-Entscheidung. Roland Leitinger schied nach guter Zwischenzeit mit einem kräftigen Fluch ("Geh schleich di Oida") ebenso aus wie Raphael Haaser. Hoffnung Marco Schwarz verpasste nach einem Fahrfehler als 39. die Entscheidung ebenso wie Feller-Ersatz Thomas Dorner (42.).
Wie schon Tags zuvor beim historischen Minus-Rekord der ÖSV-Damen (Katharina Truppe 15.) schaffte aber auch bei den Herren keiner der ÖSV-Finalisten in der Entscheidung eine Verbesserung, womit der Vorjahres-Tiefpunkt (Feller 12.) nochmals unterboten wurde. Hatte man bisher vom Riesentorlauf als "Baustelle" gesprochen, hat Neo-Coach Michael Pircher in Wirklichkeit wohl eine Mega-Baustelle zu bearbeiten. Er hatte sich zwei Leute in den Top Ten und drei weitere Fahrer in den Top 30 erhofft.
"Es war nicht das, was wir erwartet haben. Da muss man den Tatsachen ins Augen schauen", gab auch Herrenchef Andreas Puelacher im ORF zu. "Wir sind im Riesen derzeit nicht dabei. Es wartet viel Arbeit, um das Loch schließen zu können." Dass man mit Pircher und Hirschers Vater Ferdinand ohnehin schon zwei Trainer-Kapazunder dafür angeheuert hat, hat offenbar noch nicht geholfen. "Wunder kann keiner wirken, auch kein Trainer", so Puelacher. "Wir haben trotzdem mehr erwartet, denn beim internationalen Trainingsvergleich waren wir okay."
"Platz 17 als bester Österreicher ist natürlich viel zu wenig", sagte Brennsteiner. "Aber ich muss auf mich selbst schauen. Ich habe mich von dem Thema eh schon genug drausbringen lassen", meinte der Salzburger. "Derzeit muss ich halt kleinere Brötchen backen." Kriechmayr durfte als 24. in seinem ersten RTL seit fast zwei Jahren halbwegs zufrieden sein. "Ich wollte Punkte, das habe ich geschafft", sagte der Oberösterreicher. "Ich wäre aber mit der guten Nummer im zweiten gerne weiter nach vor gefahren." Mayer gab zu: "Mein zweiter Lauf war eindeutig zu verhalten, der erste war angriffiger."
Mit der Sölden-Entscheidung hatte wie im Vorjahr also erneut kein Österreicher etwas zu tun. "Wunderkind" Braathen hingegen griff von Halbzeit-Platz fünf aus bedingungslos an. Am Ende genügte Lucas Pinheiro Braathen, der eine brasilianische Mutter hat und eigentlich Fußballer werden sollte, die zweitbeste Laufzeit hinter dem 23-jährigen Odermatt zum ersten Sieg in seinem erst 23. Weltcuprennen.
"Ein wirklich guter Tag. Es ist unglaublich", jubelte der kommende Seriensieger, der sich mit dem schon im ersten Durchgang ausgeschiedenen Weltcup-Gesamtsieger Aleksander Amodt Kilde ein Appartement teilt. "Offenbar taugt es mir, in Österreich Rennen zu fahren", sagte der Vorjahres-Sechste sowie Slalom-Vierte von Kitzbühel. Den Sölden-Hang bezeichnete er als "brutal". Sein Saisonziel lautet: "Ich möchte so oft wie möglich auf das Podium und mich vorne etablieren."
Landsmann Henrik Kristoffersen halfen auch sieben Kilo Muskelzunahme nicht, um den Sieg des Landsmannes und nächsten Superfahrers aus dem kleinen Norwegen-Team zu verhindern. "Lucas ist groß, kräftig und fit. Chapeau. Eine tolle Fahrt von ihm", gratulierte der von drei auf fünf zurückgefallene RTL-Weltcupsieger. Vorjahresgewinner Alexis Pinturault wurde drei Hundertstel hinter dem Podium Vierter. "Nicht optimal, aber okay", meinte der Franzose. "Lucas ist Wahnsinn, so jung, so stark. Auf ihn müssen wir in dieser Saison schauen.
Zusammenfassung
- Beim Weltcup-Auftakt in Sölden ist bei den Herren ein neuer Stern aufgegangen.
- Dem norwegischen Geheimtipp Lucas Braathen gelang am Sonntag im Riesentorlauf vor den beiden Schweizern Marco Odermatt und Gino Caviezel trotz seiner erst 20 Jahre der Premierensieg.
- "Ich wäre aber mit der guten Nummer im zweiten gerne weiter nach vor gefahren."
- Mayer gab zu: "Mein zweiter Lauf war eindeutig zu verhalten, der erste war angriffiger."