Zwei regimekritische TV-Reporter in Türkei festgenommen
Die beiden Journalisten, Timur Soykan und Murat Agirel, arbeiten für den Nachrichtensender Halk TV, der Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kritisch gegenübersteht. Sie sind in der Türkei für ihre investigativen Recherchen bekannt. Soykan und Agirel haben mehrere Bücher über mutmaßliche Beziehungen zwischen der Mafia und staatlichen Institutionen geschrieben. Sie waren bereits in der Vergangenheit wegen ihrer Berichterstattung ins Visier der Justiz geraten.
Die oppositionellen Zeitungen "Birgün" und "Cumhuriyet", für welche die beiden Journalisten arbeiten, verurteilten die Festnahmen. In Wahrheit seien die Journalisten wegen ihrer Recherchen zur Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu festgesetzt worden. Die Organisation Reporter ohne Grenzen erklärte, Soykan und Agirel hätten kürzlich in einem Youtube-Format Vorwürfe erhoben, dass es bei den Ermittlungen gegen Imamoglu und andere Bürgermeister der größten Oppositionspartei CHP Unregelmäßigkeiten gegeben habe.
Zwei Gerichte in Istanbul ordneten am Donnerstag auch die Freilassung von mindestens 107 Studierenden an, die nach nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Inhaftierung Imamoglus festgenommen worden waren. Wie der Anwalt eines Studierenden, Ferhat Güzel, mitteilte, wurde zudem der Hausarrest für mindestens 25 weitere Studenten aufgehoben. Imamoglu war am 19. März festgenommen worden. Später ordnete ein Gericht Untersuchungshaft wegen Korruptionsvorwürfen an. Am Freitag soll gleich in mehreren Verfahren gegen Imamoglu verhandelt werden.
Das Vorgehen gegen den populären Oppositionspolitiker löste die größte Protestwelle in der Türkei seit 2013 aus. Nach Angaben der Behörden vom 27. März wurden landesweit 1.879 Menschen festgenommen. Der größten Oppositionspartei und mehreren Anwälten zufolge wurden mehr als 300 Studierende in Untersuchungshaft genommen. Die Behörden der drei Großstädte Istanbul, Ankara und Izmir hatten nach der Festnahme Imamoglus zunächst Demonstrationen verboten.
Zusammenfassung
- In der Türkei wurden zwei regierungskritische TV-Journalisten, Timur Soykan und Murat Agirel, bei einer Razzia in Istanbul festgenommen. Ihnen werden Bedrohung und Erpressung vorgeworfen, und ihre Wohnungen wurden durchsucht.
- Die Festnahmen stehen im Kontext der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu, die zu landesweiten Protesten führte. 1.879 Menschen wurden festgenommen, darunter über 300 Studierende.
- Zwei Gerichte ordneten die Freilassung von 107 Studierenden an, die wegen Demonstrationen gegen Imamoglus Inhaftierung festgenommen worden waren. Der Hausarrest von 25 weiteren wurde aufgehoben.