Lunacek erstes politisches Corona-Opfer in Österreich
Am heutigen Freitag hat Ulrike Lunacek ihren Rücktritt als Kunst- und Kulturstaatssekretärin erklärt. In einer persönlichen Erklärung sagte sie, dass sie "keine positive Wirkung mehr erzielen" konnte. Deshalb habe sie sich für diesen Schritt entschieden. Sie bedauerte, dass die Corona-Krise die Change auf eine Realisierung des Kulturprogramms verhindert habe.
Passionierte Europapolitikerin wurde mit neuen Aufgaben nie warm
Die Bestellung Lunaceks zur Kunst- und Kulturstaatssekretärin durch Werner Kogler war überraschend. Zwar wurden ihr allerlei Kompetenzen zugeordnet, Kultur und Kunst waren jedoch nicht darunter. Dementsprechend kritisch reagierte die Kulturszene auf die Wahl. Dazu kam noch Gegenwind aus den eigenen Reihen. Die frühere Rektorin der Akademie der Bildenden Künste und heutige Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger machte ihrer Enttäuschung darüber, nicht auserkoren worden zu sein, öffentlich Luft.
Die bald 63-jährige Niederösterreicherin gab in ihrer kurzen Amtszeit auch kein allzu gutes Bild ab. Nie hatte man den Eindruck, dass sich die eigentlich auf Europa- und generell internationale Politik spezialisierte Dolmetscherin in ihrer neuen Aufgabe allzu wohl fühlte.
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Management der Corona-Krise bringt Kulturszene auf
Das wäre vermutlich nicht so tragisch gewesen, hätte nicht die Coronakrise eingeschlagen und hätte der von ihr zu betreuende Bereich nicht zu den am stärksten betroffenen Branchen gehört. Ein äußerst unglücklicher Auftritt an der Seite von Vizekanzler Werner Kogler zu möglichen Lockerungen brachte die Kulturschaffenden endgültig gegen sie auf. Dass sie bis zuletzt nicht in der Lage war, Auswege aus der Krise zu definieren, ließ einen medialen Shitstorm auf sie niederregnen .
PULS 24 Chefredakteur Kaltenbrunner zu Lunacek-Rücktritt
Grünen flogen unter Lunacek aus Nationalrat
Irgendwie war es Lunacek am Ende wohl zu blöd, auch wenn das zweite Scheitern in kurzer Zeit sicher bitter ist. Vielleicht noch schlimmer war für sie, als sie vor zwei Jahren nach dem überstürzten Abgang von Eva Glawischnig für die damals zerstrittenen Grünen in die Nationalratswahl zog und das vorher fast Undenkbare geschah, dass die Partei aus dem Nationalrat flog.
Dabei hatte Lunacek durchaus auch Erfolg beim Wähler erfahren, so durfte sie sich als Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl 2014 über 14,5 Prozent für die Grünen freuen. Dass sie es politisch auch hart kam, bewies sie, als sie einige Jahre davor Veteran Johannes Voggenhuber an der Spitze der Europadelegation ablösen konnte.
Passionierte Europapolitikerin
In Brüssel war sie über die Parteigrenzen hinweg als Sachpolitikerin anerkannt. Wichtig war ihr, die seit vielen Jahren in einer Beziehung mit einer Peruanerin lebt, stets die rechtliche Gleichstellung Homosexueller. In der Europapolitik wurde der Kosovo zu ihrer Schwerpunkt-Region. Dort war sie Berichterstatterin des Europaparlaments, dem sie als Vizepräsidentin auch mit vorstand.
Lunacek gilt als Pragmatikerin innerhalb der Grünen und passte damit auch gar nicht so schlecht in eine türkis-grüne Konstellation. Positionen der Volkspartei waren ihr von Kindheit an nicht fremd, stammt sie doch aus einem konservativen Elternhaus. Ihr Vater war unter anderem Generaldirektor bei der Raiffeisen Ware, die Familie lebte in Niederösterreich und Wien durchaus bürgerlich.
Die junge Lunacek zog es von dort in die Welt. Nach einem Austauschjahr in den USA studierte sie in Innsbruck Dolmetsch für Englisch und Spanisch. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin, die bei den Eurogames für homosexuelle Sportler zahlreiche Medaillen einsammelte: Der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum sowie das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat.
Zusammenfassung
- Sie war im Umgang mit den für die Kulturbranche verheerenden Maßnahmen gegen die Corona-Krise schwer in Kritik geraten.
- Am heutigen Freitag hat Ulrike Lunacek ihren Rücktritt als Kunst- und Kulturstaatssekretärin erklärt.
- Deshalb habe sie sich für diesen Schritt entschieden.
- Die Bestellung Lunaceks zur Kunst- und Kulturstaatssekretärin durch Werner Kogler war überraschend.
- Die junge Lunacek zog es von dort in die Welt.