SPÖ Burgenland startete Wahlkampf mit Warnung vor "Chaos"
Den Regierungsauftrag an die FPÖ erwähnte Doskozil nicht explizit. Auf APA-Anfrage hieß es im Anschluss, er sei schon unmittelbar nach der Wahl davon überzeugt gewesen, dass an einem Regierungsbildungsauftrag an den Wahlsieger kein Weg vorbeiführe. Nach dem "krachenden Umfaller" der ÖVP sei nun erwartbar gewesen, dass der Bundespräsident diesen Schritt setzt.
Angesichts des "Budgetdilemmas" - zu dem sich die ÖVP ahnungslos gegeben habe, wie er kritisierte - fürchtet der Landeshauptmann Einschnitte: "Man wird Einschnitte versuchen, mit Sicherheit, was die Pensionen betrifft." Ebenso im Gesundheitssektor. "Es wird dort Einschnitte geben, wo es die breite Masse betrifft." Diese würden aber nicht vor dem 19. Jänner auf den Tisch gelegt, denkt er und kündigte an: "Wir werden dieses selbstbewusste Denken auch gegenüber einer Bundesregierung behalten." Das Burgenland habe bereits die Möglichkeit wahrgenommen und sei vor den Verfassungsgerichtshof gezogen und dies werde man, wenn nötig, wieder machen. Sollte die Regierung den Verfassungsbogen überspannen und Maßnahmen beim Pensionsalter einfachgesetzlich ändern, werde man dies prüfen und etwa eine Verfassungsbeschwerde einlegen. "Dafür ist es wichtig, Wahlen zu gewinnen", betonte er.
Bestimmendes Thema in der nächsten Legislaturperiode werde die Pflege sein. Hier seien aktuell 71 Pflegestützpunkte in Planung. Sein Ziel sei jedoch: "Jede Gemeinde braucht seine Pflegeeinrichtung." Finanziert werden sollen diese mit Geld aus einer Auseinandersetzung mit dem Investor Michael Tojner rund um ehemals gemeinnützigen Wohnbaufirmen ("Gesfö", "Riedenhof" und "Pannonia"). "Wir sind in der finalen Phase. Das Verfahren ist ziemlich weit gediehen. Unser Rechtsvertreter rechnet in den nächsten Wochen, Monaten mit einer Anklage." Doskozil geht "höchstwahrscheinlich" von einem Sieg in dieser Causa aus und davon, dass das Land einen "markanten dreistelligen Millionenbetrag zurückbekommen" wird: "Dieses Geld werden wir in den Ausbau der Pflegeeinrichtung in jeder Gemeinde zweckwidmen", versprach er.
Zum Thema leistbares Wohnen kündigte er Ergebnisse eines in Auftrag gegebenen Gutachtens über die Wohnbaugenossenschaften an. "Ich war immer skeptisch. Läuft da alles mit rechten Dingen ab? Besonders skeptisch bin ich, wenn zwei Banken Eigentümer einer gemeinnützigen Genossenschaft sind", begründete Doskozil die Einholung eines Gutachtens. Im Wahlkampf wollte er die Ergebnisse nicht mehr diskutiert wissen, dies wäre "zu unseriös". "Wir werden noch im Jänner nach der Wahl das Ergebnis präsentieren - warum Banken in den gemeinnützigen Sektor eintauchen und wie sie aus dem gemeinnützigen Sektor Gewinne rausziehen." Noch im Jänner werde man für diese Mieter "Geld zurückholen".
Der von ihm forcierte Mindestlohn sei bei 1.700 Euro netto gestartet und belaufe sich auf mittlerweile 2.300 Euro netto. Doskozil kritisierte Politiker, die an der Umsetzbarkeit zweifeln, auch in der eigenen Partei: "Mittlerweile glaube ich, dass auch sozialdemokratische Politiker, die gegen den Mindestlohn sind und dagegen argumentieren, überhaupt keine Vorstellung haben, was es bedeutet von 1.600 Euro zu leben." Jene Politiker sollten einmal selbst erleben, wie es sei, am Rande der Gesellschaft zu stehen: "Dann wäre auch die Politik menschlicher. Mittlerweile fehlt mir das immens." Zum Mindestlohn gab er das Versprechen ab, dass es auch in der nächsten Regierung keine Abkehr von diesem gibt: "Der Mindestlohn bleibt."
Maßnahmen der Landesregierung seien keine "Bevormundung", sondern ein Angebot an die Bevölkerung. "Aber dieses Angebot funktioniert nur, wenn es auf Dauer finanziert werden kann. Das ist unsere tagtägliche Herausforderung." Rund um das Budget gebe es "viele Geschichten, Unwahrheiten", daher richtete er an die Kritiker: "Wir haben kein Budgetproblem." Und verwies einmal mehr darauf, dass etwa die neue Klinik Oberwart aus dem Budget ohne Kreditaufnahme finanziert worden sei: "Das gibt es in keinem anderen Bundesland."
Als er bei seiner letzten Operation im November im Krankenhaus in Leipzig war, sei ebendort ein Mitglied der "Sächsischen Separatisten", der mutmaßlichen Rechtsterroristen-Gruppierung, das sich seiner Festnahme durch die Exekutive mit Waffengewalt widersetzt habe, notoperiert worden. Wenn man nun höre, dass Mitstreiter dieser "Separatisten" Verbindungen nach Österreich hätten, dann "läuft es einem kalt über den Rücken", meinte Doskozil. Zudem warnte er vor einer "Destabilisierung der Gesellschaft durch Falschinformationen".
Beim Wahlkampfauftakt unter den 2.500 Gästen waren auch der frühere Verteidigungsminister Norbert Darabos und Doskozils Vorgänger als Landeshauptmann und Landesparteichef Hans Niessl. Letzterer verwies in einem kurzen Statement von den Besucherreihen aus darauf, dass Doskozil bereits nach der Nationalratswahl gesagt habe, das Ergebnis sei für die SPÖ kein Regierungsauftrag. So eine Situation wie aktuell habe er in seiner langjährigen politischen Erfahrung noch nicht erlebt und er betonte, dass es gut gewesen wäre, man hätte in Wien auf Doskozil gehört: "Ein Chaos wäre uns erspart geblieben." Der frühere Landeshauptmann hob außerdem die Bedeutung der absoluten Mehrheit - mit der die SPÖ im Land regiert - hervor. Die "klaren Verhältnisse" würden rasche Entscheidungen ermöglichen: "Wir brauchen klare Verhältnisse, um den erfolgreichen burgenländischen Weg umsetzen zu können."
Auch Landesgeschäftsführerin Jasmin Puchwein warb für den Landeshauptmann: "Er ist der Garant für Stabilität und für Umsetzung. Er macht sich für die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger im Land stark. Die Menschen haben das Bedürfnis nach Sicherheit und die gibt er ihnen." Sie verwies auf die "Errungenschaften" der roten Landesregierung wie etwa den Gratis-Kindergarten, die kostenlose Nachhilfe, das funktionierende Gesundheitssystem und die Anstellung pflegender Angehöriger. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass ihn eine breite Mehrheit wieder zum Landeshauptmann wählt." ÖVP und FPÖ würden diese Maßnahmen und Doskozil nur "schlecht reden". Auch hätten sie bereits einen Pakt geschlossen, um ihn aus der Landesregierung zu bekommen, so Puchwein. Das "Chaos auf Bundesebene" zeige außerdem: "Jetzt ist nicht die Zeit für Experimente, jetzt ist die Zeit für Stabilität und Aufschwung."
Zusammenfassung
- Die SPÖ Burgenland startete ihren Wahlkampf für die Landtagswahl am 19. Jänner mit einer Warnung vor 'Chaos' auf Bundesebene.
- Landeshauptmann Doskozil plant, in jeder Gemeinde eine Pflegeeinrichtung zu etablieren und 71 Pflegestützpunkte sind bereits in Planung.
- Der Mindestlohn wurde auf 2.300 Euro netto erhöht, und Doskozil verspricht, diesen auch in der nächsten Regierung beizubehalten.
- Gelder aus einem Rechtsstreit mit Michael Tojner sollen in den Ausbau der Pflegeeinrichtungen fließen.
- Jasmin Puchwein betont die Errungenschaften der SPÖ-Regierung und wirbt für Doskozil als Garant für Stabilität und Sicherheit.