Schuljahr bringt Matura-Änderungen und Kinderschutzkonzepte
Weil die Verpflichtung, eine 40.000 bis 60.000 Zeichen lange schriftliche Arbeit zu einem bestimmten Thema auf vorwissenschaftlichem Niveau zu schreiben, für Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in Zeiten von KI-Sprachmodellen wie ChatGPT "nicht mehr zeitgemäß" ist, sollen die jährlich rund 17.000 Maturantinnen und Maturanten an AHS künftig auch das Ergebnis eines forschenden, gestalterischen oder künstlerischen Prozesses als "Abschließende Arbeit" vorlegen können. Zentral für die Überprüfbarkeit und Beurteilung soll dabei die Dokumentation und Reflexion des Entstehungsprozesses und der verwendeten Quellen sein. Die schriftliche Arbeit auf vorwissenschaftlichem Niveau bleibt weiter möglich. Theoretisch kann aber schon heuer eine alternative Form gewählt werden, allerdings nur, wenn der Betreuungslehrer bzw. die Betreuungslehrerin zustimmt.
Änderungen bei den Abschlussarbeiten gibt es auch an den Berufsbildenden mittleren Schulen (BMS): Diese werden komplett abgeschafft, stattdessen soll es neue Reflexionsinstrumente im Fachunterricht geben. Davon betroffen sind jedes Jahr 10.000 bis 15.000 Jugendliche.
Eine Änderung, die alle Schulen betrifft, sind die neuen Gewaltschutzkonzepte: An jedem Standort muss es ab Herbst ein Kinderschutzkonzept samt Risikoanalyse und ein eigenes Kinderschutzteam geben. Die Schulordnung 2024 bringt außerdem einen Verhaltenskodex für alle Personen, die ins Schulhaus kommen, und klare Handlungsanleitungen, wie bei Verdachtsfällen vorzugehen ist. Teil des Schwerpunkts des Bildungsministeriums auf Gewaltschutz im neuen Schuljahr ist außerdem ein Projekt mit dem Innenministerium: Schulen sollen konkrete Ansprechpartner bei der Polizei bekommen, an die sie sich nach Suspendierungen oder Straftaten wenden können. Das Budget für Präventionsworkshops in Schulen wird um 50 Prozent auf 2,1 Mio. Euro erhöht.
An den Gymnasien bringt das neue Schuljahr außerdem eine Lehrplannovelle, durch die gehörlose wie auch hörende Jugendliche die österreichische Gebärdensprache (ÖGS) als Alternative zur zweiten lebenden Fremdsprache, Latein oder Griechisch und als Wahlpflichtgegenstand belegen können. Sie können damit künftig auch in diesem Fach maturieren. Die ÖGS ist zwar seit 2005 verfassungsrechtlich anerkannt, kam in den Schulen bisher aber kaum vor.
Einen Überblick über das heimische Bildungswesen soll Mitte bis Ende Dezember der alle drei Jahre erscheinende Nationale Bildungsbericht liefern, ein eigener Teil beschäftigt sich mit den "Entwicklungsfeldern" der heimischen Schulen.
Zusammenfassung
- An allen Schulen müssen ab Herbst Gewaltschutzkonzepte eingeführt werden, die ein Kinderschutzteam und eine Risikoanalyse umfassen. Das Budget für Präventionsworkshops wird um 50 Prozent auf 2,1 Mio. Euro erhöht.
- Eine Lehrplannovelle ermöglicht es, die österreichische Gebärdensprache (ÖGS) als Alternative zur zweiten lebenden Fremdsprache an Gymnasien zu wählen. Diese Neuerung betrifft sowohl gehörlose als auch hörende Jugendliche.